Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ich bin von Ihren Angelegen-
heiten vollkommen unterrichtet. Ma-
dame haben durchaus Unrecht. Ich
bin mit dem Laufe der Welt zu sehr
bekannt. Ihre rührenden Vorstellun-
gen belehren mich wohl: dass Sie die
gewöhnlichen Künste des Frauenzim-
mers in Ihrer Gewalt; nicht aber, dass
Sie Recht haben. Ertragen Sie Ihr
Schicksal, so gut Sie können. Ihr Ge-
mahl geht noch sehr billig mit Ihnen
um. Dieß ist aller Rath und alle Hül-
fe die ich Ihnen geben kann."

Der Hofrath P*

Bisher hatte sie immer noch gehofft;
dieser entscheidende Brief aber schlug ihre
Lebensgeister danieder. Sie sahe sich nun
von der ganzen Welt verlaßen, mit Verlust
ihrer Ehre, mit Aufopferung ihres liebsten
Umgangs und aller ihrer unschuldigen

„Ich bin von Ihren Angelegen-
heiten vollkommen unterrichtet. Ma-
dame haben durchaus Unrecht. Ich
bin mit dem Laufe der Welt zu ſehr
bekannt. Ihre rührenden Vorſtellun-
gen belehren mich wohl: daſs Sie die
gewöhnlichen Künſte des Frauenzim-
mers in Ihrer Gewalt; nicht aber, daſs
Sie Recht haben. Ertragen Sie Ihr
Schickſal, ſo gut Sie können. Ihr Ge-
mahl geht noch ſehr billig mit Ihnen
um. Dieß iſt aller Rath und alle Hül-
fe die ich Ihnen geben kann.”

Der Hofrath P*

Bisher hatte ſie immer noch gehofft;
dieſer entſcheidende Brief aber ſchlug ihre
Lebensgeiſter danieder. Sie ſahe ſich nun
von der ganzen Welt verlaßen, mit Verluſt
ihrer Ehre, mit Aufopferung ihres liebſten
Umgangs und aller ihrer unſchuldigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0070" n="64"/>
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <p> <hi rendition="#et">&#x201E;Ich bin von Ihren Angelegen-<lb/>
heiten vollkommen unterrichtet. Ma-<lb/>
dame haben durchaus Unrecht. Ich<lb/>
bin mit dem Laufe der Welt zu &#x017F;ehr<lb/>
bekannt. Ihre rührenden Vor&#x017F;tellun-<lb/>
gen belehren mich wohl: da&#x017F;s Sie die<lb/>
gewöhnlichen Kün&#x017F;te des Frauenzim-<lb/>
mers in Ihrer Gewalt; nicht aber, da&#x017F;s<lb/>
Sie Recht haben. Ertragen Sie Ihr<lb/>
Schick&#x017F;al, &#x017F;o gut Sie können. Ihr Ge-<lb/>
mahl geht noch &#x017F;ehr billig mit Ihnen<lb/>
um. Dieß i&#x017F;t aller Rath und alle Hül-<lb/>
fe die ich Ihnen geben kann.&#x201D;</hi> </p><lb/>
                <closer>
                  <salute> <hi rendition="#et">Der Hofrath P<hi rendition="#sup">*</hi></hi> </salute>
                </closer>
              </div>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <p>Bisher hatte &#x017F;ie immer noch gehofft;<lb/>
die&#x017F;er ent&#x017F;cheidende Brief aber &#x017F;chlug ihre<lb/>
Lebensgei&#x017F;ter danieder. Sie &#x017F;ahe &#x017F;ich nun<lb/>
von der ganzen Welt verlaßen, mit Verlu&#x017F;t<lb/>
ihrer Ehre, mit Aufopferung ihres lieb&#x017F;ten<lb/>
Umgangs und aller ihrer un&#x017F;chuldigen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0070] „Ich bin von Ihren Angelegen- heiten vollkommen unterrichtet. Ma- dame haben durchaus Unrecht. Ich bin mit dem Laufe der Welt zu ſehr bekannt. Ihre rührenden Vorſtellun- gen belehren mich wohl: daſs Sie die gewöhnlichen Künſte des Frauenzim- mers in Ihrer Gewalt; nicht aber, daſs Sie Recht haben. Ertragen Sie Ihr Schickſal, ſo gut Sie können. Ihr Ge- mahl geht noch ſehr billig mit Ihnen um. Dieß iſt aller Rath und alle Hül- fe die ich Ihnen geben kann.” Der Hofrath P* Bisher hatte ſie immer noch gehofft; dieſer entſcheidende Brief aber ſchlug ihre Lebensgeiſter danieder. Sie ſahe ſich nun von der ganzen Welt verlaßen, mit Verluſt ihrer Ehre, mit Aufopferung ihres liebſten Umgangs und aller ihrer unſchuldigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/70
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/70>, abgerufen am 14.05.2024.