Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

schied, diese gestammelten Worte, diese
beredten Blicke, diese rollenden Zähren --
sind sie nicht Zeichen einer beschwerlichen
Empfindung, die dem höchsten körper-
lichen Schmerze gleich kömmt? -- Muß-
ten wir uns darum wiedersehen?

Kann man sich etwas glücklicheres un-
ter dem Monde gedenken, als diese genaue-
ste Verbindung gleichgestimmter Seelen, die
den vollkommneren Ehestand ausmacht?
Was kann da fehlen, wo jeder Tag eine
neue Freude herbeyführt, wo jede Freu-
de durch die gefällige Theilnehmung ver-
doppelt wird? Berührt Diese Saite, so zit-
tert die andre mit! -- Gleichwohl ist dieß
zärtliche Gefühl selbst die traurige Ursach
mancher Schmerzen, von welchen freylich
der grössere Theil der Menschen keinen
Begriff hat; die aber den, der sie leiden
muß, nur allzuoft in dem Laufe seiner

ſchied, dieſe geſtammelten Worte, dieſe
beredten Blicke, dieſe rollenden Zähren —
ſind ſie nicht Zeichen einer beſchwerlichen
Empfindung, die dem höchſten körper-
lichen Schmerze gleich kömmt? — Muß-
ten wir uns darum wiederſehen?

Kann man ſich etwas glücklicheres un-
ter dem Monde gedenken, als dieſe genaue-
ſte Verbindung gleichgeſtimmter Seelen, die
den vollkommneren Eheſtand ausmacht?
Was kann da fehlen, wo jeder Tag eine
neue Freude herbeyführt, wo jede Freu-
de durch die gefällige Theilnehmung ver-
doppelt wird? Berührt Dieſe Saite, ſo zit-
tert die andre mit! — Gleichwohl iſt dieß
zärtliche Gefühl ſelbſt die traurige Urſach
mancher Schmerzen, von welchen freylich
der gröſſere Theil der Menſchen keinen
Begriff hat; die aber den, der ſie leiden
muß, nur allzuoft in dem Laufe ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0081" n="75"/>
&#x017F;chied, die&#x017F;e ge&#x017F;tammelten Worte, die&#x017F;e<lb/>
beredten Blicke, die&#x017F;e rollenden Zähren &#x2014;<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ie nicht Zeichen einer be&#x017F;chwerlichen<lb/>
Empfindung, die dem höch&#x017F;ten körper-<lb/>
lichen Schmerze gleich kömmt? &#x2014; Muß-<lb/>
ten wir uns darum wieder&#x017F;ehen?</p><lb/>
          <p>Kann man &#x017F;ich etwas glücklicheres un-<lb/>
ter dem Monde gedenken, als die&#x017F;e genaue-<lb/>
&#x017F;te Verbindung gleichge&#x017F;timmter Seelen, die<lb/>
den vollkommneren Ehe&#x017F;tand ausmacht?<lb/>
Was kann da fehlen, wo jeder Tag eine<lb/>
neue Freude herbeyführt, wo jede Freu-<lb/>
de durch die gefällige Theilnehmung ver-<lb/>
doppelt wird? Berührt Die&#x017F;e Saite, &#x017F;o zit-<lb/>
tert die andre mit! &#x2014; Gleichwohl i&#x017F;t dieß<lb/>
zärtliche Gefühl &#x017F;elb&#x017F;t die traurige Ur&#x017F;ach<lb/>
mancher Schmerzen, von welchen freylich<lb/>
der grö&#x017F;&#x017F;ere Theil der Men&#x017F;chen keinen<lb/>
Begriff hat; die aber den, der &#x017F;ie leiden<lb/>
muß, nur allzuoft in dem Laufe &#x017F;einer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0081] ſchied, dieſe geſtammelten Worte, dieſe beredten Blicke, dieſe rollenden Zähren — ſind ſie nicht Zeichen einer beſchwerlichen Empfindung, die dem höchſten körper- lichen Schmerze gleich kömmt? — Muß- ten wir uns darum wiederſehen? Kann man ſich etwas glücklicheres un- ter dem Monde gedenken, als dieſe genaue- ſte Verbindung gleichgeſtimmter Seelen, die den vollkommneren Eheſtand ausmacht? Was kann da fehlen, wo jeder Tag eine neue Freude herbeyführt, wo jede Freu- de durch die gefällige Theilnehmung ver- doppelt wird? Berührt Dieſe Saite, ſo zit- tert die andre mit! — Gleichwohl iſt dieß zärtliche Gefühl ſelbſt die traurige Urſach mancher Schmerzen, von welchen freylich der gröſſere Theil der Menſchen keinen Begriff hat; die aber den, der ſie leiden muß, nur allzuoft in dem Laufe ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/81
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/81>, abgerufen am 14.05.2024.