ehrlichen armen Bürger zum Hutabneh- men zwingen; ihn, wenn er nicht sogleich aus dem Wege geht, mit Ungestüm auf die Seite stoßen, oder auch nur vor den Ohren der Umstehenden, mit einer schim- pfenden Benennung bezeichnen sollten. Wir laßen es uns nicht träumen, dass viele unsrer akademischen Lehrer selbst die muth- willige Iugend durch ihr Beyspiel zu diesen ähnlichen Ausschweifungen veranlaßen könnten. Was ist es aber anders, wann ein Doktor der Rechte, auf die traurige Nothwendigkeit seiner Wißenschaft stolz, auftritt -- und eine jede andre Fakultät, als unnütz in Absicht auf Vortheil und Eh- re verachtet? Was ist es anders, wenn der vorgebliche Philosoph die Verachtung er- wiedert -- dem Vortrage des Rechtsge- lehrten alle Ordnung, der Kenntniß des Mediciners alle Gewißheit und dem Theo-
ehrlichen armen Bürger zum Hutabneh- men zwingen; ihn, wenn er nicht ſogleich aus dem Wege geht, mit Ungeſtüm auf die Seite ſtoßen, oder auch nur vor den Ohren der Umſtehenden, mit einer ſchim- pfenden Benennung bezeichnen ſollten. Wir laßen es uns nicht träumen, daſs viele unſrer akademiſchen Lehrer ſelbſt die muth- willige Iugend durch ihr Beyſpiel zu dieſen ähnlichen Ausſchweifungen veranlaßen könnten. Was iſt es aber anders, wann ein Doktor der Rechte, auf die traurige Nothwendigkeit ſeiner Wißenſchaft ſtolz, auftritt — und eine jede andre Fakultät, als unnütz in Abſicht auf Vortheil und Eh- re verachtet? Was iſt es anders, wenn der vorgebliche Philoſoph die Verachtung er- wiedert — dem Vortrage des Rechtsge- lehrten alle Ordnung, der Kenntniß des Mediciners alle Gewißheit und dem Theo-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0091"n="85"/>
ehrlichen armen Bürger zum Hutabneh-<lb/>
men zwingen; ihn, wenn er nicht ſogleich<lb/>
aus dem Wege geht, mit Ungeſtüm auf<lb/>
die Seite ſtoßen, oder auch nur vor den<lb/>
Ohren der Umſtehenden, mit einer ſchim-<lb/>
pfenden Benennung bezeichnen ſollten.<lb/>
Wir laßen es uns nicht träumen, daſs viele<lb/>
unſrer akademiſchen Lehrer ſelbſt die muth-<lb/>
willige Iugend durch ihr Beyſpiel zu dieſen<lb/>
ähnlichen Ausſchweifungen veranlaßen<lb/>
könnten. Was iſt es aber anders, wann<lb/>
ein Doktor der Rechte, auf die traurige<lb/>
Nothwendigkeit ſeiner Wißenſchaft ſtolz,<lb/>
auftritt — und eine jede andre Fakultät,<lb/>
als unnütz in Abſicht auf Vortheil und Eh-<lb/>
re verachtet? Was iſt es anders, wenn der<lb/>
vorgebliche Philoſoph die Verachtung er-<lb/>
wiedert — dem Vortrage des Rechtsge-<lb/>
lehrten alle Ordnung, der Kenntniß des<lb/>
Mediciners alle Gewißheit und dem Theo-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[85/0091]
ehrlichen armen Bürger zum Hutabneh-
men zwingen; ihn, wenn er nicht ſogleich
aus dem Wege geht, mit Ungeſtüm auf
die Seite ſtoßen, oder auch nur vor den
Ohren der Umſtehenden, mit einer ſchim-
pfenden Benennung bezeichnen ſollten.
Wir laßen es uns nicht träumen, daſs viele
unſrer akademiſchen Lehrer ſelbſt die muth-
willige Iugend durch ihr Beyſpiel zu dieſen
ähnlichen Ausſchweifungen veranlaßen
könnten. Was iſt es aber anders, wann
ein Doktor der Rechte, auf die traurige
Nothwendigkeit ſeiner Wißenſchaft ſtolz,
auftritt — und eine jede andre Fakultät,
als unnütz in Abſicht auf Vortheil und Eh-
re verachtet? Was iſt es anders, wenn der
vorgebliche Philoſoph die Verachtung er-
wiedert — dem Vortrage des Rechtsge-
lehrten alle Ordnung, der Kenntniß des
Mediciners alle Gewißheit und dem Theo-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/91>, abgerufen am 14.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.