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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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keine Einwirkung dieser Theile statt finden könnte,
sich wohl überhaupt organisirte selbst wirkende Wesen
nicht wohl denken liessen, 3) die Lebenskräfte, jene
qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun-
gen kennen, ohne irgend im Stande zu seyn, zu
bestimmen, was sie eigentlich sind, wie sie entstehen
oder wirken. Es giebt deren fünferley Arten, die
ich jetzo nicht einzeln aufzuzählen brauche, weil ich
die Leser auf die Anmerkung zu §. 17., wo sie ein-
zeln aufgeführt sind, zurückweisen kann.

Diese drey Stücke sind in dem solido vivo in
einer fortdauernden wechselseitigen Wirkung und Ge-
genwirkung. Die flüssigen Theile wirken als eben
so viel Reize auf die festen, und diese wirken hinwie-
derum auf die flüssigen Theile, wozu der Körper
durch die ihm beywohnenden Lebenskräfte geschickt
gemacht wird. Vergleiche Blumenbachs Physiolo-
gie Absch. 4. 5. Desselben Beyträge zur Natur-
geschichte Absch. 8. Ausartung des vollkommen-
sten aller Hausthiere, - des Menschen. 9. Eine
hierher gehörige physiologische Eigenheit des
menschlichen Körpers.

Da also, wie hieraus erhellt, kein lebender
Körper selbstthätig wirken kann, außer in wiefern er
durch äußern Reiz dazu angeregt wird, so muß man
die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen,
leicht begreifen. Verschiedene äußere Reize werden
nämlich auch verschieden auf den Körper wirken, und
nach Modifikation derselben wird sich dann, was
sich hier so zeigte, anderswo anders zeigen. Die

keine Einwirkung dieser Theile statt finden könnte,
sich wohl überhaupt organisirte selbst wirkende Wesen
nicht wohl denken liessen, 3) die Lebenskräfte, jene
qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun-
gen kennen, ohne irgend im Stande zu seyn, zu
bestimmen, was sie eigentlich sind, wie sie entstehen
oder wirken. Es giebt deren fünferley Arten, die
ich jetzo nicht einzeln aufzuzählen brauche, weil ich
die Leser auf die Anmerkung zu §. 17., wo sie ein-
zeln aufgeführt sind, zurückweisen kann.

Diese drey Stücke sind in dem solido vivo in
einer fortdauernden wechselseitigen Wirkung und Ge-
genwirkung. Die flüssigen Theile wirken als eben
so viel Reize auf die festen, und diese wirken hinwie-
derum auf die flüssigen Theile, wozu der Körper
durch die ihm beywohnenden Lebenskräfte geschickt
gemacht wird. Vergleiche Blumenbachs Physiolo-
gie Absch. 4. 5. Desselben Beyträge zur Natur-
geschichte Absch. 8. Ausartung des vollkommen-
sten aller Hausthiere, – des Menschen. 9. Eine
hierher gehörige physiologische Eigenheit des
menschlichen Körpers.

Da also, wie hieraus erhellt, kein lebender
Körper selbstthätig wirken kann, außer in wiefern er
durch äußern Reiz dazu angeregt wird, so muß man
die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen,
leicht begreifen. Verschiedene äußere Reize werden
nämlich auch verschieden auf den Körper wirken, und
nach Modifikation derselben wird sich dann, was
sich hier so zeigte, anderswo anders zeigen. Die

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[262/0296] keine Einwirkung dieser Theile statt finden könnte, sich wohl überhaupt organisirte selbst wirkende Wesen nicht wohl denken liessen, 3) die Lebenskräfte, jene qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun- gen kennen, ohne irgend im Stande zu seyn, zu bestimmen, was sie eigentlich sind, wie sie entstehen oder wirken. Es giebt deren fünferley Arten, die ich jetzo nicht einzeln aufzuzählen brauche, weil ich die Leser auf die Anmerkung zu §. 17., wo sie ein- zeln aufgeführt sind, zurückweisen kann. Diese drey Stücke sind in dem solido vivo in einer fortdauernden wechselseitigen Wirkung und Ge- genwirkung. Die flüssigen Theile wirken als eben so viel Reize auf die festen, und diese wirken hinwie- derum auf die flüssigen Theile, wozu der Körper durch die ihm beywohnenden Lebenskräfte geschickt gemacht wird. Vergleiche Blumenbachs Physiolo- gie Absch. 4. 5. Desselben Beyträge zur Natur- geschichte Absch. 8. Ausartung des vollkommen- sten aller Hausthiere, – des Menschen. 9. Eine hierher gehörige physiologische Eigenheit des menschlichen Körpers. Da also, wie hieraus erhellt, kein lebender Körper selbstthätig wirken kann, außer in wiefern er durch äußern Reiz dazu angeregt wird, so muß man die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen, leicht begreifen. Verschiedene äußere Reize werden nämlich auch verschieden auf den Körper wirken, und nach Modifikation derselben wird sich dann, was sich hier so zeigte, anderswo anders zeigen. Die

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/296>, abgerufen am 27.04.2024.