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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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dienen30). Nur einmal hat er ähnliche Steinchen
in der Zirbeldrüse des Dammhirsches gefunden. Und
haben sie ja einmal in dem Gehirne eines erwachsenen
Menschen gefehlt, so gehört dies in der That zu den
seltensten Anomalien, und das Beyspiel einer solchen
Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy-
siologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in
einem Briefe mir berichtete, daß unter vier mensch-
lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgesamt
zu diesem Behuf untersucht habe, eins gewesen sey,
und zwar von einem dem Greisesalter nahen Manne,
worin sich keine Spur derselben gefunden habe.

In der Brust müssen wir die Lage des Herzens
dem Menschen eigenthümlich nennen, denn dieses
Eingeweide liegt nicht wie bey vierfüßigen Thieren,
auf dem Brustknochen auf, sondern wie es die auf-
rechte Gestalt mit sich bringt, auf dem Zwergfelle.
Auch ist die Grundfläche desselben nicht wie bey jenen,
dem Kopfe, sondern den Brustwirbeln entgegen, so
wie die Spitze der linken Brust, weshalb bey jenen
rechtes und linkes Herz, was bey diesem im Gegen-
theile vorderes und hinteres ist. Auch stößt bey sehr
wenigen andern Säugthieren, außer dem Menschen,
der Herzbeutel mit dem Zwergfelle zusammen.

Die Speiseröhre ist vollkommen so, wie sie ein
alles fressendes Thier haben mußte.

Man dürfte nämlich sagen, daß sie gewisserma-
ßen ähnlich sey der der fleischfressenden Thiere, in

30) Sömmering de lapillis vel prope vel intra glandu-
lam pinealem sitis
. Mainz 1785. Eine Abbildung hat er geliefert in der Dissert. de
decussatione nervorum opticorum
. das. 1786.

dienen30). Nur einmal hat er ähnliche Steinchen
in der Zirbeldrüse des Dammhirsches gefunden. Und
haben sie ja einmal in dem Gehirne eines erwachsenen
Menschen gefehlt, so gehört dies in der That zu den
seltensten Anomalien, und das Beyspiel einer solchen
Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy-
siologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in
einem Briefe mir berichtete, daß unter vier mensch-
lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgesamt
zu diesem Behuf untersucht habe, eins gewesen sey,
und zwar von einem dem Greisesalter nahen Manne,
worin sich keine Spur derselben gefunden habe.

In der Brust müssen wir die Lage des Herzens
dem Menschen eigenthümlich nennen, denn dieses
Eingeweide liegt nicht wie bey vierfüßigen Thieren,
auf dem Brustknochen auf, sondern wie es die auf-
rechte Gestalt mit sich bringt, auf dem Zwergfelle.
Auch ist die Grundfläche desselben nicht wie bey jenen,
dem Kopfe, sondern den Brustwirbeln entgegen, so
wie die Spitze der linken Brust, weshalb bey jenen
rechtes und linkes Herz, was bey diesem im Gegen-
theile vorderes und hinteres ist. Auch stößt bey sehr
wenigen andern Säugthieren, außer dem Menschen,
der Herzbeutel mit dem Zwergfelle zusammen.

Die Speiseröhre ist vollkommen so, wie sie ein
alles fressendes Thier haben mußte.

Man dürfte nämlich sagen, daß sie gewisserma-
ßen ähnlich sey der der fleischfressenden Thiere, in

30) Sömmering de lapillis vel prope vel intra glandu-
lam pinealem sitis
. Mainz 1785. Eine Abbildung hat er geliefert in der Dissert. de
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[44/0078] dienen 30). Nur einmal hat er ähnliche Steinchen in der Zirbeldrüse des Dammhirsches gefunden. Und haben sie ja einmal in dem Gehirne eines erwachsenen Menschen gefehlt, so gehört dies in der That zu den seltensten Anomalien, und das Beyspiel einer solchen Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy- siologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in einem Briefe mir berichtete, daß unter vier mensch- lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgesamt zu diesem Behuf untersucht habe, eins gewesen sey, und zwar von einem dem Greisesalter nahen Manne, worin sich keine Spur derselben gefunden habe. In der Brust müssen wir die Lage des Herzens dem Menschen eigenthümlich nennen, denn dieses Eingeweide liegt nicht wie bey vierfüßigen Thieren, auf dem Brustknochen auf, sondern wie es die auf- rechte Gestalt mit sich bringt, auf dem Zwergfelle. Auch ist die Grundfläche desselben nicht wie bey jenen, dem Kopfe, sondern den Brustwirbeln entgegen, so wie die Spitze der linken Brust, weshalb bey jenen rechtes und linkes Herz, was bey diesem im Gegen- theile vorderes und hinteres ist. Auch stößt bey sehr wenigen andern Säugthieren, außer dem Menschen, der Herzbeutel mit dem Zwergfelle zusammen. Die Speiseröhre ist vollkommen so, wie sie ein alles fressendes Thier haben mußte. Man dürfte nämlich sagen, daß sie gewisserma- ßen ähnlich sey der der fleischfressenden Thiere, in 30) Sömmering de lapillis vel prope vel intra glandu- lam pinealem sitis. Mainz 1785. Eine Abbildung hat er geliefert in der Dissert. de decussatione nervorum opticorum. das. 1786.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/78>, abgerufen am 30.04.2024.