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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782.

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sein donneränliches Brüllen, seine furchtbare
Stärke und die Mäsigung und der edle Stolz,
den er dem ohngeachtet in Vergleich mit den fol-
genden blutdürstigen mörderischen Raubthie-
ren bezeigt, haben ihm den Beynahmen des Kö-
nigs der Thiere verschafft. Er nährt sich blos
von seiner eignen Beute und zwar von grössern
Säugethieren; fällt hingegen nur in der Noth-
wehr oder aus äusserstem Hunger Menschen an,
schont kleiner krafftloser Geschöpfe mit vieler Leut-
seeligkeit; entsetzt und scheut sich aber vor den
Bären*). Er verträgt auch unser Clima recht
gut; läst sich ausnehmend zahm machen und
selbst zum Zug und zur Jagd andrer Thiere ab-
richten. Das Weibgen wirft 3 bis 4 Junge
von denen aber meist nur eins erwachsen und
die andern am Zahnen sterben sollen**).

2. Tigris. Das Tigerthier. F. cauda elon-
gata, capite, corpore et cruribus nigro-vir-
gatis.
*

The Tiger, von G. Stubbs, in schwar-
zer Kunst.

Der Tiger ist blos in Asien einheimisch. Ein
prächtiges, überaus regelmässig schön gestreif-
tes, aber fürchterliches Thier. Es wütet gegen
seinen Gatten, und frißt im Hunger seine Junge;
es fällt ohne Unterschied Menschen und Löwen
und andre Säugethiere an, muß aber für dem
Elephanten erliegen. Es hat keine Spur von
dem Edelmuth des Löwen, doch ist die Sage
irrig, daß es durchaus nicht zu bändigen sey.
Wir haben selbst einen grossen lebendigen Tiger

*) strype's Surv. of Lond. & Westminster. Lond. 1720.
fol. Tom. I. p. 118. sq.
**) shaw's Travels p. 171. ed. 2.

sein donneränliches Brüllen, seine furchtbare
Stärke und die Mäsigung und der edle Stolz,
den er dem ohngeachtet in Vergleich mit den fol-
genden blutdürstigen mörderischen Raubthie-
ren bezeigt, haben ihm den Beynahmen des Kö-
nigs der Thiere verschafft. Er nährt sich blos
von seiner eignen Beute und zwar von grössern
Säugethieren; fällt hingegen nur in der Noth-
wehr oder aus äusserstem Hunger Menschen an,
schont kleiner krafftloser Geschöpfe mit vieler Leut-
seeligkeit; entsetzt und scheut sich aber vor den
Bären*). Er verträgt auch unser Clima recht
gut; läst sich ausnehmend zahm machen und
selbst zum Zug und zur Jagd andrer Thiere ab-
richten. Das Weibgen wirft 3 bis 4 Junge
von denen aber meist nur eins erwachsen und
die andern am Zahnen sterben sollen**).

2. Tigris. Das Tigerthier. F. cauda elon-
gata, capite, corpore et cruribus nigro-vir-
gatis.
*

The Tiger, von G. Stubbs, in schwar-
zer Kunst.

Der Tiger ist blos in Asien einheimisch. Ein
prächtiges, überaus regelmässig schön gestreif-
tes, aber fürchterliches Thier. Es wütet gegen
seinen Gatten, und frißt im Hunger seine Junge;
es fällt ohne Unterschied Menschen und Löwen
und andre Säugethiere an, muß aber für dem
Elephanten erliegen. Es hat keine Spur von
dem Edelmuth des Löwen, doch ist die Sage
irrig, daß es durchaus nicht zu bändigen sey.
Wir haben selbst einen grossen lebendigen Tiger

*) strype's Surv. of Lond. & Westminster. Lond. 1720.
fol. Tom. I. p. 118. sq.
**) shaw's Travels p. 171. ed. 2.
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[103/0115] sein donneränliches Brüllen, seine furchtbare Stärke und die Mäsigung und der edle Stolz, den er dem ohngeachtet in Vergleich mit den fol- genden blutdürstigen mörderischen Raubthie- ren bezeigt, haben ihm den Beynahmen des Kö- nigs der Thiere verschafft. Er nährt sich blos von seiner eignen Beute und zwar von grössern Säugethieren; fällt hingegen nur in der Noth- wehr oder aus äusserstem Hunger Menschen an, schont kleiner krafftloser Geschöpfe mit vieler Leut- seeligkeit; entsetzt und scheut sich aber vor den Bären *). Er verträgt auch unser Clima recht gut; läst sich ausnehmend zahm machen und selbst zum Zug und zur Jagd andrer Thiere ab- richten. Das Weibgen wirft 3 bis 4 Junge von denen aber meist nur eins erwachsen und die andern am Zahnen sterben sollen **). 2. Tigris. Das Tigerthier. F. cauda elon- gata, capite, corpore et cruribus nigro-vir- gatis. * The Tiger, von G. Stubbs, in schwar- zer Kunst. Der Tiger ist blos in Asien einheimisch. Ein prächtiges, überaus regelmässig schön gestreif- tes, aber fürchterliches Thier. Es wütet gegen seinen Gatten, und frißt im Hunger seine Junge; es fällt ohne Unterschied Menschen und Löwen und andre Säugethiere an, muß aber für dem Elephanten erliegen. Es hat keine Spur von dem Edelmuth des Löwen, doch ist die Sage irrig, daß es durchaus nicht zu bändigen sey. Wir haben selbst einen grossen lebendigen Tiger *) strype's Surv. of Lond. & Westminster. Lond. 1720. fol. Tom. I. p. 118. sq. **) shaw's Travels p. 171. ed. 2.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/115>, abgerufen am 28.04.2024.