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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782.

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Die mehresten hiesigen Ameisen halten sich in
Wäldern und Wiesen bey vier und mehrern tau-
senden in einem Haufen auf; nisteln sich aber
auch sehr in die Gärten, da sie zumal den Pfer-
sichen schädlich werden, und selbst in die Wohn-
häuser ein, wo sie sich nach allem süssen, nach
Zucker, Backwerk etc. ziehen. Doch muß man
dabey die unermüdete Industrie dieses kleinen
Volks, die Emsigkeit mit der sie Proviant und
Harz (wilden Weihrauch) einsammlen, vorzüg-
lich aber die musterhafte Zärtlichkeit, mit der
sie ihre Puppen (die fälschlich so genannten Amei-
sen-Eyer) am Morgen in die Sonne, des Abends
aber, oder wenn Regen kommen will, wieder
nach Hause tragen, bewundern. Man hat ge-
sehen, daß eine Arbeitsameise, der man den
Hinterleib abgeschnitten, doch noch zehn Pup-
pen vor ihrem schmerzhaften Tode in Sicherheit
gebracht hat etc. Hier zu Lande bringen die
Ameisen den Winter im Schlaf zu, und brau-
chen folglich keinen Wintervorrath einzutragen.
Die in den warmen Zonen hingegen werden von
keiner erstarrenden Kälte eingeschlummert, und
müssen folglich, wenn sie nicht darben wollen,
das thun was Salamo zwar gesagt*), aber
mancher neuere Naturforscher nicht nöthig ge-
funden hat, zur guten Zeit. Vorrath einsammlen.

1. +. Herculanea. Die Roß-Ameise. F. nigra
abdomine ovato, femoribus ferrugineis
. *

2. +. Rufa. F. thorace compresso toto ferru-
gineo, capite abdomineque nigris
. *

Sehr gierige Thiere, die im Hunger einander
selbst auffressen.

*) Sprüchw. Cap. 6. V. 8.

Die mehresten hiesigen Ameisen halten sich in
Wäldern und Wiesen bey vier und mehrern tau-
senden in einem Haufen auf; nisteln sich aber
auch sehr in die Gärten, da sie zumal den Pfer-
sichen schädlich werden, und selbst in die Wohn-
häuser ein, wo sie sich nach allem süssen, nach
Zucker, Backwerk ꝛc. ziehen. Doch muß man
dabey die unermüdete Industrie dieses kleinen
Volks, die Emsigkeit mit der sie Proviant und
Harz (wilden Weihrauch) einsammlen, vorzüg-
lich aber die musterhafte Zärtlichkeit, mit der
sie ihre Puppen (die fälschlich so genannten Amei-
sen-Eyer) am Morgen in die Sonne, des Abends
aber, oder wenn Regen kommen will, wieder
nach Hause tragen, bewundern. Man hat ge-
sehen, daß eine Arbeitsameise, der man den
Hinterleib abgeschnitten, doch noch zehn Pup-
pen vor ihrem schmerzhaften Tode in Sicherheit
gebracht hat ꝛc. Hier zu Lande bringen die
Ameisen den Winter im Schlaf zu, und brau-
chen folglich keinen Wintervorrath einzutragen.
Die in den warmen Zonen hingegen werden von
keiner erstarrenden Kälte eingeschlummert, und
müssen folglich, wenn sie nicht darben wollen,
das thun was Salamo zwar gesagt*), aber
mancher neuere Naturforscher nicht nöthig ge-
funden hat, zur guten Zeit. Vorrath einsammlen.

1. †. Herculanea. Die Roß-Ameise. F. nigra
abdomine ovato, femoribus ferrugineis
. *

2. †. Rufa. F. thorace compresso toto ferru-
gineo, capite abdomineque nigris
. *

Sehr gierige Thiere, die im Hunger einander
selbst auffressen.

*) Sprüchw. Cap. 6. V. 8.
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[383/0395] Die mehresten hiesigen Ameisen halten sich in Wäldern und Wiesen bey vier und mehrern tau- senden in einem Haufen auf; nisteln sich aber auch sehr in die Gärten, da sie zumal den Pfer- sichen schädlich werden, und selbst in die Wohn- häuser ein, wo sie sich nach allem süssen, nach Zucker, Backwerk ꝛc. ziehen. Doch muß man dabey die unermüdete Industrie dieses kleinen Volks, die Emsigkeit mit der sie Proviant und Harz (wilden Weihrauch) einsammlen, vorzüg- lich aber die musterhafte Zärtlichkeit, mit der sie ihre Puppen (die fälschlich so genannten Amei- sen-Eyer) am Morgen in die Sonne, des Abends aber, oder wenn Regen kommen will, wieder nach Hause tragen, bewundern. Man hat ge- sehen, daß eine Arbeitsameise, der man den Hinterleib abgeschnitten, doch noch zehn Pup- pen vor ihrem schmerzhaften Tode in Sicherheit gebracht hat ꝛc. Hier zu Lande bringen die Ameisen den Winter im Schlaf zu, und brau- chen folglich keinen Wintervorrath einzutragen. Die in den warmen Zonen hingegen werden von keiner erstarrenden Kälte eingeschlummert, und müssen folglich, wenn sie nicht darben wollen, das thun was Salamo zwar gesagt *), aber mancher neuere Naturforscher nicht nöthig ge- funden hat, zur guten Zeit. Vorrath einsammlen. 1. †. Herculanea. Die Roß-Ameise. F. nigra abdomine ovato, femoribus ferrugineis. * 2. †. Rufa. F. thorace compresso toto ferru- gineo, capite abdomineque nigris. * Sehr gierige Thiere, die im Hunger einander selbst auffressen. *) Sprüchw. Cap. 6. V. 8.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/395>, abgerufen am 06.05.2024.