Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 8. Aufl. Göttingen, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

und bleiben also wenig größer als jeder an-
dere Mensch von guter Statur.

Und daß die noch neuerlich von Commerson für
ein Zwergvölkchen ausgegebenen Quimos auf
Madagascar nichts weiter sind als eine Art
Cretine, d. h. kleine Blödsinnige mit dicken
Köpfen und langen Annen (dergleichen sich
im Salzburgischen, so wie im Walliserlande,
zumahl aber im Piemontesischen in Menge
finden), wird bey pathologischer Prüfung
mehr als bloß wahrscheinlich.

Eben so sind die Kackerlacken, Blafards, Al-
binos, oder weiße Mohren*) nicht ein
Mahl eine Spielart, geschweige eine besondere
Gattung, sondern gleichfalls Patienten, deren
Geschichte mehr in die Pathologie als in die
Naturhistorie gehört.

Linnes Homo troglodytes ist ein unbegreifliches
Gemisch aus der Geschichte jener preßhaften
kränklichen weißen Mohren, und des Orang-
utangs: - sein Homo lar hingegen ein wah-
rer Affe.

Die in Wildniß unter Thieren erwachsenen Kin-
der sind klägliche sittliche Monstra, die man
eben so wenig, als andere durch Krankheit
oder Zufall entstellte Menschen, zum Mu-
ster des Meisterstücks der Schöpfung anfüh-
ren darf.

*) Von diesen so genannten weißen Mohren (Negres
blancs
) müssen die bloß weißgefleckten Neger
genau unterschieden werden, deren einer, den
ich in London gesehen und eine Probe von seinem
weiß und schwarzen Wollhaar mitgebracht habe,
in den Abbild n. h. Gegenst. tab. 21 nach dem
Leben vorgestellt ist.

und bleiben also wenig größer als jeder an-
dere Mensch von guter Statur.

Und daß die noch neuerlich von Commerson für
ein Zwergvölkchen ausgegebenen Quimos auf
Madagascar nichts weiter sind als eine Art
Cretine, d. h. kleine Blödsinnige mit dicken
Köpfen und langen Annen (dergleichen sich
im Salzburgischen, so wie im Walliserlande,
zumahl aber im Piemontesischen in Menge
finden), wird bey pathologischer Prüfung
mehr als bloß wahrscheinlich.

Eben so sind die Kackerlacken, Blafards, Al-
binos, oder weiße Mohren*) nicht ein
Mahl eine Spielart, geschweige eine besondere
Gattung, sondern gleichfalls Patienten, deren
Geschichte mehr in die Pathologie als in die
Naturhistorie gehört.

Linnés Homo troglodytes ist ein unbegreifliches
Gemisch aus der Geschichte jener preßhaften
kränklichen weißen Mohren, und des Orang-
utangs: – sein Homo lar hingegen ein wah-
rer Affe.

Die in Wildniß unter Thieren erwachsenen Kin-
der sind klägliche sittliche Monstra, die man
eben so wenig, als andere durch Krankheit
oder Zufall entstellte Menschen, zum Mu-
ster des Meisterstücks der Schöpfung anfüh-
ren darf.

*) Von diesen so genannten weißen Mohren (Negres
blancs
) müssen die bloß weißgefleckten Neger
genau unterschieden werden, deren einer, den
ich in London gesehen und eine Probe von seinem
weiß und schwarzen Wollhaar mitgebracht habe,
in den Abbild n. h. Gegenst. tab. 21 nach dem
Leben vorgestellt ist.
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000030">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p rendition="#l1em"><pb facs="#f0095" xml:id="pb071_0001" n="71"/>
und bleiben also                             wenig größer als jeder an-<lb/>
dere Mensch von guter                             Statur.</p>
            <p rendition="#indent-1">Und daß die noch neuerlich von Commerson                             für<lb/>
ein Zwergvölkchen ausgegebenen Quimos auf<lb/>
Madagascar nichts                             weiter sind als eine Art<lb/>
Cretine, d. h. kleine Blödsinnige mit                             dicken<lb/>
Köpfen und langen Annen (dergleichen sich<lb/>
im                             Salzburgischen, so wie im Walliserlande,<lb/>
zumahl aber im                             Piemontesischen in Menge<lb/>
finden), wird bey pathologischer                             Prüfung<lb/>
mehr als bloß wahrscheinlich.</p>
            <p rendition="#indent-1">Eben so sind die Kackerlacken, Blafards, Al-<lb type="inWord"/>
binos, oder weiße Mohren<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Von diesen so genannten weißen Mohren (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Negres<lb/>
blancs</hi></hi>) müssen                             die bloß weißgefleckten Neger<lb/>
genau unterschieden werden, deren                             einer, den<lb/>
ich in London gesehen und eine Probe von seinem<lb/>
weiß                             und schwarzen Wollhaar mitgebracht habe,<lb/>
in den <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Abbild n. h. Gegenst</hi></hi>. <hi rendition="#aq">tab.</hi> 21 nach dem<lb/>
Leben vorgestellt ist.</p></note> nicht                             ein<lb/>
Mahl eine Spielart, geschweige eine besondere<lb/>
Gattung,                             sondern gleichfalls Patienten, deren<lb/>
Geschichte mehr in die                             Pathologie als in die<lb/>
Naturhistorie gehört.</p>
            <p rendition="#indent-1">Linnés <hi rendition="#aq">Homo</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">troglodytes</hi></hi> ist ein                             unbegreifliches<lb/>
Gemisch aus der Geschichte jener                             preßhaften<lb/>
kränklichen weißen Mohren, und des Orang-<lb type="inWord"/>
utangs: &#x2013; sein <hi rendition="#aq">Homo</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">lar</hi></hi> hingegen ein wah-<lb type="inWord"/>
rer Affe.</p>
            <p rendition="#indent-1">Die in Wildniß unter Thieren erwachsenen Kin-<lb type="inWord"/>
der sind klägliche sittliche Monstra, die man<lb/>
eben so                             wenig, als andere durch Krankheit<lb/>
oder Zufall entstellte Menschen,                             zum Mu-<lb/>
ster des Meisterstücks der Schöpfung anfüh-<lb type="inWord"/>
ren darf.</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0095] und bleiben also wenig größer als jeder an- dere Mensch von guter Statur. Und daß die noch neuerlich von Commerson für ein Zwergvölkchen ausgegebenen Quimos auf Madagascar nichts weiter sind als eine Art Cretine, d. h. kleine Blödsinnige mit dicken Köpfen und langen Annen (dergleichen sich im Salzburgischen, so wie im Walliserlande, zumahl aber im Piemontesischen in Menge finden), wird bey pathologischer Prüfung mehr als bloß wahrscheinlich. Eben so sind die Kackerlacken, Blafards, Al- binos, oder weiße Mohren *) nicht ein Mahl eine Spielart, geschweige eine besondere Gattung, sondern gleichfalls Patienten, deren Geschichte mehr in die Pathologie als in die Naturhistorie gehört. Linnés Homo troglodytes ist ein unbegreifliches Gemisch aus der Geschichte jener preßhaften kränklichen weißen Mohren, und des Orang- utangs: – sein Homo lar hingegen ein wah- rer Affe. Die in Wildniß unter Thieren erwachsenen Kin- der sind klägliche sittliche Monstra, die man eben so wenig, als andere durch Krankheit oder Zufall entstellte Menschen, zum Mu- ster des Meisterstücks der Schöpfung anfüh- ren darf. *) Von diesen so genannten weißen Mohren (Negres blancs) müssen die bloß weißgefleckten Neger genau unterschieden werden, deren einer, den ich in London gesehen und eine Probe von seinem weiß und schwarzen Wollhaar mitgebracht habe, in den Abbild n. h. Gegenst. tab. 21 nach dem Leben vorgestellt ist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1807/95
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 8. Aufl. Göttingen, 1807, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1807/95>, abgerufen am 29.04.2024.