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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Ausg. Göttingen, 1815.

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Alle den fabelhaften Wust herzuzählen, womit die
Menschen die N. G. ihres Geschlechts verunreinigt
haben, lohnt sich jetzt nicht der Mühe; - doch
nur Weniges von vielem.

Die vermeintlichen patagonischen Riesenz. B.
sind, von Magalhaens Zeiten bis aus die
unfrigen, in den Erzählungen der Reisenden, von
zwölf Fuß zu siebentehalb eingekrochen, und blei-
ben also wenig größer als jeder andere Mensch
von guter Statur.

Und daß die noch neuerlich von Commerson für
ein Zwergvölkchen ausgegebenen Quimos auf
Madagascar nichts weiter sind als eine Art Cre-
tine, d. h. kleine Blödsinnige mit dicken Köpfen
und langen Armen (dergleichen sich im Salzbur-
gischen, so wie im Walliserlande, zumahl aber
im Piemontesischen in Menge finden), wird bey
pathologischer Prüfung mehr als bloß wahr-
scheinlich.

Eben so sind die Kackerlacken, Blafards, Al-
binos, oder weiße Mohren*) nicht ein Mahl
eine Spielart, geschweige eine besondere Gattung,
sondern gleichfalls Patienten, deren Geschichte
mehr in die Pathologie, als in die Naturhistorie
gehört.

Linne's Homo troglodytes ist ein unbegreifliches
Gemisch aus der Geschichte jener preßhaften kränk-
lichen weißen Mohren, und des Orangutangs:
- sein Homo lar hingegen ein wahrer Affe.

*) von der Urgestalt der Mittel-Rasse ausgearter
sind, - oder aber auch sich ihr hinwiederum mehr
genähert haben. So sind z. B. die Jakuten, Ko-
räken, Eskimos u. a. dergl. Polarvölker der mon-
golischen Rasse, sehr auffallend von der caucasischen
Mittel-Rasse abgeartet; da hingegen die (wenn
gleich entferntere, aber einen meist mildern Erd-
strich bewohnende) amerikanische Rasse sich derselben
wiederum mehr nähert; und nur am südlichsten En-
de ihres Welttheils; nämlich an dem beeisten Feuer-
lande, nochmahls in die mongolische Gestaltung zu-
rückfällt. - Eben so ist gegenseitig die äthiopische
Rasse im brennendheißen Africa zum andern Extrem
in der Stufenfolge der Menschenvarietäten ausgear-
tet, die hingegen in dem schon mildern Neu-Hol-
land, und auf den neuen Hebriden etc. zur malayi-
schen Rasse übergeht.Wie vielen Einfluß dabey aber auch die Ver-
mischung fremdartiger durch Völkerwande-
rung
zusammentreffender Rassen habe, bedarf kaum
erst einer Erwähnung.
*) Von diesen so genannten weißen Mohren (Negres
blancs
) müssen die bloß weißgefleckten Neger
genau unterschieden werden, deren einer, den ich
in London gesehen, und eine Probe von seinem weiß
und schwarzen Wollhaar mitgebracht habe, in den
Abbild. n. h. Gegenst. tab. 21. nach dem Leben vor-
gestellt ist.

*).



Alle den fabelhaften Wust herzuzählen, womit die
Menschen die N. G. ihres Geschlechts verunreinigt
haben, lohnt sich jetzt nicht der Mühe; – doch
nur Weniges von vielem.

Die vermeintlichen patagonischen Riesenz. B.
sind, von Magalhaens Zeiten bis aus die
unfrigen, in den Erzählungen der Reisenden, von
zwölf Fuß zu siebentehalb eingekrochen, und blei-
ben also wenig größer als jeder andere Mensch
von guter Statur.

Und daß die noch neuerlich von Commerson für
ein Zwergvölkchen ausgegebenen Quimos auf
Madagascar nichts weiter sind als eine Art Cre-
tine, d. h. kleine Blödsinnige mit dicken Köpfen
und langen Armen (dergleichen sich im Salzbur-
gischen, so wie im Walliserlande, zumahl aber
im Piemontesischen in Menge finden), wird bey
pathologischer Prüfung mehr als bloß wahr-
scheinlich.

Eben so sind die Kackerlacken, Blafards, Al-
binos, oder weiße Mohren*) nicht ein Mahl
eine Spielart, geschweige eine besondere Gattung,
sondern gleichfalls Patienten, deren Geschichte
mehr in die Pathologie, als in die Naturhistorie
gehört.

Linne’s Homo troglodytes ist ein unbegreifliches
Gemisch aus der Geschichte jener preßhaften kränk-
lichen weißen Mohren, und des Orangutangs:
– sein Homo lar hingegen ein wahrer Affe.

*) von der Urgestalt der Mittel-Rasse ausgearter
sind, – oder aber auch sich ihr hinwiederum mehr
genähert haben. So sind z. B. die Jakuten, Ko-
räken, Eskimos u. a. dergl. Polarvölker der mon-
golischen Rasse, sehr auffallend von der caucasischen
Mittel-Rasse abgeartet; da hingegen die (wenn
gleich entferntere, aber einen meist mildern Erd-
strich bewohnende) amerikanische Rasse sich derselben
wiederum mehr nähert; und nur am südlichsten En-
de ihres Welttheils; nämlich an dem beeisten Feuer-
lande, nochmahls in die mongolische Gestaltung zu-
rückfällt. – Eben so ist gegenseitig die äthiopische
Rasse im brennendheißen Africa zum andern Extrem
in der Stufenfolge der Menschenvarietäten ausgear-
tet, die hingegen in dem schon mildern Neu-Hol-
land, und auf den neuen Hebriden ꝛc. zur malayi-
schen Rasse übergeht.Wie vielen Einfluß dabey aber auch die Ver-
mischung fremdartiger durch Völkerwande-
rung
zusammentreffender Rassen habe, bedarf kaum
erst einer Erwähnung.
*) Von diesen so genannten weißen Mohren (Nègres
blancs
) müssen die bloß weißgefleckten Neger
genau unterschieden werden, deren einer, den ich
in London gesehen, und eine Probe von seinem weiß
und schwarzen Wollhaar mitgebracht habe, in den
Abbild. n. h. Gegenst. tab. 21. nach dem Leben vor-
gestellt ist.
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[76/0080] *). Alle den fabelhaften Wust herzuzählen, womit die Menschen die N. G. ihres Geschlechts verunreinigt haben, lohnt sich jetzt nicht der Mühe; – doch nur Weniges von vielem. Die vermeintlichen patagonischen Riesenz. B. sind, von Magalhaens Zeiten bis aus die unfrigen, in den Erzählungen der Reisenden, von zwölf Fuß zu siebentehalb eingekrochen, und blei- ben also wenig größer als jeder andere Mensch von guter Statur. Und daß die noch neuerlich von Commerson für ein Zwergvölkchen ausgegebenen Quimos auf Madagascar nichts weiter sind als eine Art Cre- tine, d. h. kleine Blödsinnige mit dicken Köpfen und langen Armen (dergleichen sich im Salzbur- gischen, so wie im Walliserlande, zumahl aber im Piemontesischen in Menge finden), wird bey pathologischer Prüfung mehr als bloß wahr- scheinlich. Eben so sind die Kackerlacken, Blafards, Al- binos, oder weiße Mohren *) nicht ein Mahl eine Spielart, geschweige eine besondere Gattung, sondern gleichfalls Patienten, deren Geschichte mehr in die Pathologie, als in die Naturhistorie gehört. Linne’s Homo troglodytes ist ein unbegreifliches Gemisch aus der Geschichte jener preßhaften kränk- lichen weißen Mohren, und des Orangutangs: – sein Homo lar hingegen ein wahrer Affe. *) von der Urgestalt der Mittel-Rasse ausgearter sind, – oder aber auch sich ihr hinwiederum mehr genähert haben. So sind z. B. die Jakuten, Ko- räken, Eskimos u. a. dergl. Polarvölker der mon- golischen Rasse, sehr auffallend von der caucasischen Mittel-Rasse abgeartet; da hingegen die (wenn gleich entferntere, aber einen meist mildern Erd- strich bewohnende) amerikanische Rasse sich derselben wiederum mehr nähert; und nur am südlichsten En- de ihres Welttheils; nämlich an dem beeisten Feuer- lande, nochmahls in die mongolische Gestaltung zu- rückfällt. – Eben so ist gegenseitig die äthiopische Rasse im brennendheißen Africa zum andern Extrem in der Stufenfolge der Menschenvarietäten ausgear- tet, die hingegen in dem schon mildern Neu-Hol- land, und auf den neuen Hebriden ꝛc. zur malayi- schen Rasse übergeht. Wie vielen Einfluß dabey aber auch die Ver- mischung fremdartiger durch Völkerwande- rung zusammentreffender Rassen habe, bedarf kaum erst einer Erwähnung. *) Von diesen so genannten weißen Mohren (Nègres blancs) müssen die bloß weißgefleckten Neger genau unterschieden werden, deren einer, den ich in London gesehen, und eine Probe von seinem weiß und schwarzen Wollhaar mitgebracht habe, in den Abbild. n. h. Gegenst. tab. 21. nach dem Leben vor- gestellt ist.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Ausg. Göttingen, 1815, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1815/80>, abgerufen am 19.05.2024.