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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789.

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Seele daraus entspringt, und unterhalten wird.
(§. 210.).

§. 282.

Die erste und gleichsam die unterste dieser
Fähigkeiten ist das Wahrnehmungsvermögen,
wodurch sich die Seele der auf die Sinnwerkzeu-
ge gemachten Eindrücke bewußt ist.

§. 283.

Diese Fähigkeit wird durch eine andere und
wichtigere unterstützt, nämlich durch die Auf-
merksamkeit, wodurch die Seele auf eine durch
die Sinne hervorgebrachte Idee dergestalt gerich-
tet wird, daß sie sich einzig und allein mit dieser
Vorstellung beschäftigt.

§. 284.

Sowohl die Aufbewahrung dieser Wahrneh-
mungsideen, als ihre lebhaftere Darstellung,
und mannigfaltigere Verbindung untereinander,
wird durch zwo andere Fähigkeiten bewirkt, wel-
che man die innern Sinnen nennt, nämlich von
dem Gedächtnisse und der Einbildungskraft;
obgleich diese beyden Fähigkeiten sehr nahe mit
einander verwandt sind, so sind sie doch durch
bestimmte Merkmaale von einander unterschie-
den. Das Gedächtniß beschäftigt sich vielmehr
mit der Sammlung und Aufbewahrung willkühr-
licher Zeichen a); die Einbildungskraft hingegen
erzeugt die Bilder selbst, die sie als gegenwärtig
darzustellen, und zu erheben weis, besonders als-
dann, wenn sie von einem lebhaften Gefühle von
Lust oder Unlust begleitet werden.

a) G. Gotti. Richter de natura, labe, et praesi-
diis memoriae humanae. Götting.
1752. 4.

Seele daraus entspringt, und unterhalten wird.
(§. 210.).

§. 282.

Die erste und gleichsam die unterste dieser
Fähigkeiten ist das Wahrnehmungsvermögen,
wodurch sich die Seele der auf die Sinnwerkzeu-
ge gemachten Eindrücke bewußt ist.

§. 283.

Diese Fähigkeit wird durch eine andere und
wichtigere unterstützt, nämlich durch die Auf-
merksamkeit, wodurch die Seele auf eine durch
die Sinne hervorgebrachte Idee dergestalt gerich-
tet wird, daß sie sich einzig und allein mit dieser
Vorstellung beschäftigt.

§. 284.

Sowohl die Aufbewahrung dieser Wahrneh-
mungsideen, als ihre lebhaftere Darstellung,
und mannigfaltigere Verbindung untereinander,
wird durch zwo andere Fähigkeiten bewirkt, wel-
che man die innern Sinnen nennt, nämlich von
dem Gedächtnisse und der Einbildungskraft;
obgleich diese beyden Fähigkeiten sehr nahe mit
einander verwandt sind, so sind sie doch durch
bestimmte Merkmaale von einander unterschie-
den. Das Gedächtniß beschäftigt sich vielmehr
mit der Sammlung und Aufbewahrung willkühr-
licher Zeichen a); die Einbildungskraft hingegen
erzeugt die Bilder selbst, die sie als gegenwärtig
darzustellen, und zu erheben weis, besonders als-
dann, wenn sie von einem lebhaften Gefühle von
Lust oder Unlust begleitet werden.

a) G. Gotti. Richter de natura, labe, et praesi-
diis memoriae humanae. Götting.
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[180/0198] Seele daraus entspringt, und unterhalten wird. (§. 210.). §. 282. Die erste und gleichsam die unterste dieser Fähigkeiten ist das Wahrnehmungsvermögen, wodurch sich die Seele der auf die Sinnwerkzeu- ge gemachten Eindrücke bewußt ist. §. 283. Diese Fähigkeit wird durch eine andere und wichtigere unterstützt, nämlich durch die Auf- merksamkeit, wodurch die Seele auf eine durch die Sinne hervorgebrachte Idee dergestalt gerich- tet wird, daß sie sich einzig und allein mit dieser Vorstellung beschäftigt. §. 284. Sowohl die Aufbewahrung dieser Wahrneh- mungsideen, als ihre lebhaftere Darstellung, und mannigfaltigere Verbindung untereinander, wird durch zwo andere Fähigkeiten bewirkt, wel- che man die innern Sinnen nennt, nämlich von dem Gedächtnisse und der Einbildungskraft; obgleich diese beyden Fähigkeiten sehr nahe mit einander verwandt sind, so sind sie doch durch bestimmte Merkmaale von einander unterschie- den. Das Gedächtniß beschäftigt sich vielmehr mit der Sammlung und Aufbewahrung willkühr- licher Zeichen a); die Einbildungskraft hingegen erzeugt die Bilder selbst, die sie als gegenwärtig darzustellen, und zu erheben weis, besonders als- dann, wenn sie von einem lebhaften Gefühle von Lust oder Unlust begleitet werden. a) G. Gotti. Richter de natura, labe, et praesi- diis memoriae humanae. Götting. 1752. 4.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/198>, abgerufen am 29.04.2024.