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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789.

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Aus dem nämlichen Grunde werde ich schließen
können, daß der Genuß geistiger Getränke, so bald
er zu häufig geschieht, die Verdauung in Unordnung
bringen müsse, indem sie den Magensaft verän-
dern: erstlich als Flüßigkeiten, die ihn zu sehr ver-
dünnen, und zweytens als Flüßigkeiten, die ihm
eine entzündbare Eigenschaft geben, welche er von
Natur nicht hat; drittens, weil sie selbst ein Auf-
lösungsmittel für den Magensaft abgeben. Ich
würde den Wein eher für schädlich als nützlich
halten, wenn er nicht unter allen stärkenden Mit-
teln, die man brauchen kann, noch das unschul-
digste wäre.

Ueberhaupt muß man folgende Regel merken:
Da die Verdauung ohne Gährung vor sich geht,
so müssen sich Leute von schwachem Magen bor
allem dem hüten, was Gährung erwecken könnte.
Bey jeder fehlerhaften Verdauung findet sich eine
Entwicklung der Luft, die eine Anzeige von der
Gährung ist, welcher die antiseptische Kraft der
Magensäfte in gewöhnlichen Fällen vorbeugen
sollte. Bald ist diese entbundene Luft sauer, und
dieß ist die fixe Luft, die von der Gährung ent-
steht; diese geht nun gemeiniglich mit Aufstoßen
aus dem Magen durch den Mund fort, oder wird
von den befeuchteten Theilen des Körpers eingeso-
gen. Die andre Art von der bey der Verdauung
erzeugten Luft ist faul, und ist ohne Zweifel die
Wirkung einer ununterbrochenen Verdauung; sie
ist entzündbar, geht vorzüglich durch den Mast-
darm fort, und wird vornehmlich in den Gedär-
men erzeugt. Man muß also auch hier auf den
Willen der Natur Achtung geben, und ihrem Ra-
the folgen. Man sieht deutlich, daß es ihre Ab-

Aus dem nämlichen Grunde werde ich schließen
können, daß der Genuß geistiger Getränke, so bald
er zu häufig geschieht, die Verdauung in Unordnung
bringen müsse, indem sie den Magensaft verän-
dern: erstlich als Flüßigkeiten, die ihn zu sehr ver-
dünnen, und zweytens als Flüßigkeiten, die ihm
eine entzündbare Eigenschaft geben, welche er von
Natur nicht hat; drittens, weil sie selbst ein Auf-
lösungsmittel für den Magensaft abgeben. Ich
würde den Wein eher für schädlich als nützlich
halten, wenn er nicht unter allen stärkenden Mit-
teln, die man brauchen kann, noch das unschul-
digste wäre.

Ueberhaupt muß man folgende Regel merken:
Da die Verdauung ohne Gährung vor sich geht,
so müssen sich Leute von schwachem Magen bor
allem dem hüten, was Gährung erwecken könnte.
Bey jeder fehlerhaften Verdauung findet sich eine
Entwicklung der Luft, die eine Anzeige von der
Gährung ist, welcher die antiseptische Kraft der
Magensäfte in gewöhnlichen Fällen vorbeugen
sollte. Bald ist diese entbundene Luft sauer, und
dieß ist die fixe Luft, die von der Gährung ent-
steht; diese geht nun gemeiniglich mit Aufstoßen
aus dem Magen durch den Mund fort, oder wird
von den befeuchteten Theilen des Körpers eingeso-
gen. Die andre Art von der bey der Verdauung
erzeugten Luft ist faul, und ist ohne Zweifel die
Wirkung einer ununterbrochenen Verdauung; sie
ist entzündbar, geht vorzüglich durch den Mast-
darm fort, und wird vornehmlich in den Gedär-
men erzeugt. Man muß also auch hier auf den
Willen der Natur Achtung geben, und ihrem Ra-
the folgen. Man sieht deutlich, daß es ihre Ab-

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[402/0420] Aus dem nämlichen Grunde werde ich schließen können, daß der Genuß geistiger Getränke, so bald er zu häufig geschieht, die Verdauung in Unordnung bringen müsse, indem sie den Magensaft verän- dern: erstlich als Flüßigkeiten, die ihn zu sehr ver- dünnen, und zweytens als Flüßigkeiten, die ihm eine entzündbare Eigenschaft geben, welche er von Natur nicht hat; drittens, weil sie selbst ein Auf- lösungsmittel für den Magensaft abgeben. Ich würde den Wein eher für schädlich als nützlich halten, wenn er nicht unter allen stärkenden Mit- teln, die man brauchen kann, noch das unschul- digste wäre. Ueberhaupt muß man folgende Regel merken: Da die Verdauung ohne Gährung vor sich geht, so müssen sich Leute von schwachem Magen bor allem dem hüten, was Gährung erwecken könnte. Bey jeder fehlerhaften Verdauung findet sich eine Entwicklung der Luft, die eine Anzeige von der Gährung ist, welcher die antiseptische Kraft der Magensäfte in gewöhnlichen Fällen vorbeugen sollte. Bald ist diese entbundene Luft sauer, und dieß ist die fixe Luft, die von der Gährung ent- steht; diese geht nun gemeiniglich mit Aufstoßen aus dem Magen durch den Mund fort, oder wird von den befeuchteten Theilen des Körpers eingeso- gen. Die andre Art von der bey der Verdauung erzeugten Luft ist faul, und ist ohne Zweifel die Wirkung einer ununterbrochenen Verdauung; sie ist entzündbar, geht vorzüglich durch den Mast- darm fort, und wird vornehmlich in den Gedär- men erzeugt. Man muß also auch hier auf den Willen der Natur Achtung geben, und ihrem Ra- the folgen. Man sieht deutlich, daß es ihre Ab-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/420>, abgerufen am 30.04.2024.