Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

aber nicht alle Theile des Herzens hören alsdann
zugleich zu schlagen auf, sondern die rechte Herz-
kammer samt seiner Vorkammer beweget sich et-
was länger als die linke Herzkammer a).

Dieß muß auch nothwendig so erfolgen.
Denn das Blut, welches durch die Hohlvenen in
das Herz so eben zurückfließt, kann nun nach dem
letzten Athemzug, nicht mehr in die zusammenge-
fallenen Lungen ausströmen; indessen hat derje-
nige Theil der Blutmaße, der aus den Lungen in
die linke Herzkammer strömte, seinen Lauf durch
die große Schlagader in das ganze Arteriensy-
stem bereits angetreten, und drückt nun auf die
vor ihm stehende Maße des venösen Blutes.

a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten,
daß die rechte Herzkammer von der Menge des
venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den
gewöhnlichen Lauf der Natur, zuerst zu bewegen
sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bei der
Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach-
tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an-
fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge-
meiniglich geschieht), in die größte Unordnung,
so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf-
einander zusammenzogen, indeß beide Herzkam-
mern still standen; endlich schlug die linke Herz-
kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe-
weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens
acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen
linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und
im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann
alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach

aber nicht alle Theile des Herzens hören alsdann
zugleich zu schlagen auf, sondern die rechte Herz-
kammer samt seiner Vorkammer beweget sich et-
was länger als die linke Herzkammer a).

Dieß muß auch nothwendig so erfolgen.
Denn das Blut, welches durch die Hohlvenen in
das Herz so eben zurückfließt, kann nun nach dem
letzten Athemzug, nicht mehr in die zusammenge-
fallenen Lungen ausströmen; indessen hat derje-
nige Theil der Blutmaße, der aus den Lungen in
die linke Herzkammer strömte, seinen Lauf durch
die große Schlagader in das ganze Arteriensy-
stem bereits angetreten, und drückt nun auf die
vor ihm stehende Maße des venösen Blutes.

a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten,
daß die rechte Herzkammer von der Menge des
venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den
gewöhnlichen Lauf der Natur, zuerst zu bewegen
sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bei der
Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach-
tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an-
fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge-
meiniglich geschieht), in die größte Unordnung,
so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf-
einander zusammenzogen, indeß beide Herzkam-
mern still standen; endlich schlug die linke Herz-
kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe-
weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens
acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen
linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und
im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann
alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000071">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0083" xml:id="pb063_0001" n="63"/>
aber nicht alle Theile des Herzens hören alsdann<lb/>
zugleich zu schlagen auf, sondern die rechte Herz-<lb/>
kammer samt seiner Vorkammer beweget sich et-<lb/>
was länger als die linke Herzkammer <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>).</p>
          <p>Dieß muß auch nothwendig so erfolgen.<lb/>
Denn das Blut, welches durch die Hohlvenen in<lb/>
das Herz so eben zurückfließt, kann nun nach dem<lb/>
letzten Athemzug, nicht mehr in die zusammenge-<lb/>
fallenen Lungen ausströmen; indessen hat derje-<lb/>
nige Theil der Blutmaße, der aus den Lungen in<lb/>
die linke Herzkammer strömte, seinen Lauf durch<lb/>
die große Schlagader in das ganze Arteriensy-<lb/>
stem bereits angetreten, und drückt nun auf die<lb/>
vor ihm stehende Maße des venösen Blutes.</p>
          <p rendition="#indent-2"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten,<lb/>
daß die rechte Herzkammer von der Menge des<lb/>
venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den<lb/>
gewöhnlichen Lauf der Natur, zuerst zu bewegen<lb/>
sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bei der<lb/>
Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach-<lb/>
tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an-<lb/>
fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge-<lb/>
meiniglich geschieht), in die größte Unordnung,<lb/>
so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf-<lb/>
einander zusammenzogen, indeß beide Herzkam-<lb/>
mern still standen; endlich schlug die linke Herz-<lb/>
kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe-<lb/>
weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens<lb/>
acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen<lb/>
linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und<lb/>
im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann<lb/>
alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0083] aber nicht alle Theile des Herzens hören alsdann zugleich zu schlagen auf, sondern die rechte Herz- kammer samt seiner Vorkammer beweget sich et- was länger als die linke Herzkammer a). Dieß muß auch nothwendig so erfolgen. Denn das Blut, welches durch die Hohlvenen in das Herz so eben zurückfließt, kann nun nach dem letzten Athemzug, nicht mehr in die zusammenge- fallenen Lungen ausströmen; indessen hat derje- nige Theil der Blutmaße, der aus den Lungen in die linke Herzkammer strömte, seinen Lauf durch die große Schlagader in das ganze Arteriensy- stem bereits angetreten, und drückt nun auf die vor ihm stehende Maße des venösen Blutes. a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten, daß die rechte Herzkammer von der Menge des venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den gewöhnlichen Lauf der Natur, zuerst zu bewegen sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bei der Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach- tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an- fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge- meiniglich geschieht), in die größte Unordnung, so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf- einander zusammenzogen, indeß beide Herzkam- mern still standen; endlich schlug die linke Herz- kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe- weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/83
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/83>, abgerufen am 28.04.2024.