Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Hans Sachs
den (d), welcher sich wieder Hans Sachsens
rechtmässigen Nachfolger empöret, und demsel-
ben die Folge der Herrschaft streitig machen
wollen; indem er in einem gantz kunterbunten
Buche so viel Keckheit, so viel Unverstand und
so viel grobe und garstige Frazen sehen lassen,
daß wenn man diesen mit jenem vergleichen soll-
te, jener in der That wegen seines Verstandes
vor einen Cato, wegen seines Wizes vor einen
Horatius, und wegen seiner Gelahrtheit vor
einen andern Varro würde gehalten werden.
Weil nun dieser sich gleichfalls gelüsten lassen,
hin und her gröblich auf gewisse Leute zu sticheln,
so war man schon auf die Gedanken gerathen,
einen zweyten Theil von Hans Sachs zu schrei-
ben, welchen man die Empörung, wie den er-
sten die Krönung, würde genennet haben. Es
hätte an der Erfindung nicht gefehlet. Man
dachte aber hernach, daß man zwar unterwei-
len aus einem Schwan; niemals aber aus ei-
ner Ganß ein Schaugerüchte machte, und daß
es schon genug wäre, denselben mit einem paar
Ueberschriften, dergleichen folgends der Ge-
schichte ein gewisser Edelmann wol ehe seinem
Koch vergeblich abgefordert, abzuspeisen. Hät-
te man nichts gesagt, so würden die Narren,
und hätte man zuviel gesaget, so würden kluge

Leute
(d) Hunold, der so genannte Menantes, der eine ganze
Comedie auf Wernike gemacht hat, genannt: Der thörichte
Pritschmeister, worinnen er aus Wernike per anagr Weknarr
und Narrweke macht und lauter Jniurien vorbringt.

Hans Sachs
den (d), welcher ſich wieder Hans Sachſens
rechtmaͤſſigen Nachfolger empoͤret, und demſel-
ben die Folge der Herrſchaft ſtreitig machen
wollen; indem er in einem gantz kunterbunten
Buche ſo viel Keckheit, ſo viel Unverſtand und
ſo viel grobe und garſtige Frazen ſehen laſſen,
daß wenn man dieſen mit jenem vergleichen ſoll-
te, jener in der That wegen ſeines Verſtandes
vor einen Cato, wegen ſeines Wizes vor einen
Horatius, und wegen ſeiner Gelahrtheit vor
einen andern Varro wuͤrde gehalten werden.
Weil nun dieſer ſich gleichfalls geluͤſten laſſen,
hin und her groͤblich auf gewiſſe Leute zu ſticheln,
ſo war man ſchon auf die Gedanken gerathen,
einen zweyten Theil von Hans Sachs zu ſchrei-
ben, welchen man die Empoͤrung, wie den er-
ſten die Kroͤnung, wuͤrde genennet haben. Es
haͤtte an der Erfindung nicht gefehlet. Man
dachte aber hernach, daß man zwar unterwei-
len aus einem Schwan; niemals aber aus ei-
ner Ganß ein Schaugeruͤchte machte, und daß
es ſchon genug waͤre, denſelben mit einem paar
Ueberſchriften, dergleichen folgends der Ge-
ſchichte ein gewiſſer Edelmann wol ehe ſeinem
Koch vergeblich abgefordert, abzuſpeiſen. Haͤt-
te man nichts geſagt, ſo wuͤrden die Narren,
und haͤtte man zuviel geſaget, ſo wuͤrden kluge

Leute
(d) Hunold, der ſo genannte Menantes, der eine ganze
Comedie auf Wernike gemacht hat, genannt: Der thoͤrichte
Pritſchmeiſter, worinnen er aus Wernike per anagr Weknarr
und Narrweke macht und lauter Jniurien vorbringt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="120"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hans Sachs</hi></fw><lb/>
den <note place="foot" n="(d)">Hunold, der &#x017F;o genannte Menantes, der eine ganze<lb/>
Comedie auf Wernike gemacht hat, genannt: Der tho&#x0364;richte<lb/>
Prit&#x017F;chmei&#x017F;ter, worinnen er aus Wernike <hi rendition="#aq">per anagr</hi> Weknarr<lb/>
und Narrweke macht und lauter Jniurien vorbringt.</note>, welcher &#x017F;ich wieder Hans Sach&#x017F;ens<lb/>
rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Nachfolger empo&#x0364;ret, und dem&#x017F;el-<lb/>
ben die Folge der Herr&#x017F;chaft &#x017F;treitig machen<lb/>
wollen; indem er in einem gantz kunterbunten<lb/>
Buche &#x017F;o viel Keckheit, &#x017F;o viel Unver&#x017F;tand und<lb/>
&#x017F;o viel grobe und gar&#x017F;tige Frazen &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß wenn man die&#x017F;en mit jenem vergleichen &#x017F;oll-<lb/>
te, jener in der That wegen &#x017F;eines Ver&#x017F;tandes<lb/>
vor einen Cato, wegen &#x017F;eines Wizes vor einen<lb/>
Horatius, und wegen &#x017F;einer Gelahrtheit vor<lb/>
einen andern Varro wu&#x0364;rde gehalten werden.<lb/>
Weil nun die&#x017F;er &#x017F;ich gleichfalls gelu&#x0364;&#x017F;ten la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
hin und her gro&#x0364;blich auf gewi&#x017F;&#x017F;e Leute zu &#x017F;ticheln,<lb/>
&#x017F;o war man &#x017F;chon auf die Gedanken gerathen,<lb/>
einen zweyten Theil von Hans Sachs zu &#x017F;chrei-<lb/>
ben, welchen man die Empo&#x0364;rung, wie den er-<lb/>
&#x017F;ten die Kro&#x0364;nung, wu&#x0364;rde genennet haben. Es<lb/>
ha&#x0364;tte an der Erfindung nicht gefehlet. Man<lb/>
dachte aber hernach, daß man zwar unterwei-<lb/>
len aus einem Schwan; niemals aber aus ei-<lb/>
ner Ganß ein Schaugeru&#x0364;chte machte, und daß<lb/>
es &#x017F;chon genug wa&#x0364;re, den&#x017F;elben mit einem paar<lb/>
Ueber&#x017F;chriften, dergleichen folgends der Ge-<lb/>
&#x017F;chichte ein gewi&#x017F;&#x017F;er Edelmann wol ehe &#x017F;einem<lb/>
Koch vergeblich abgefordert, abzu&#x017F;pei&#x017F;en. Ha&#x0364;t-<lb/>
te man nichts ge&#x017F;agt, &#x017F;o wu&#x0364;rden die Narren,<lb/>
und ha&#x0364;tte man zuviel ge&#x017F;aget, &#x017F;o wu&#x0364;rden kluge<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leute</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0136] Hans Sachs den (d), welcher ſich wieder Hans Sachſens rechtmaͤſſigen Nachfolger empoͤret, und demſel- ben die Folge der Herrſchaft ſtreitig machen wollen; indem er in einem gantz kunterbunten Buche ſo viel Keckheit, ſo viel Unverſtand und ſo viel grobe und garſtige Frazen ſehen laſſen, daß wenn man dieſen mit jenem vergleichen ſoll- te, jener in der That wegen ſeines Verſtandes vor einen Cato, wegen ſeines Wizes vor einen Horatius, und wegen ſeiner Gelahrtheit vor einen andern Varro wuͤrde gehalten werden. Weil nun dieſer ſich gleichfalls geluͤſten laſſen, hin und her groͤblich auf gewiſſe Leute zu ſticheln, ſo war man ſchon auf die Gedanken gerathen, einen zweyten Theil von Hans Sachs zu ſchrei- ben, welchen man die Empoͤrung, wie den er- ſten die Kroͤnung, wuͤrde genennet haben. Es haͤtte an der Erfindung nicht gefehlet. Man dachte aber hernach, daß man zwar unterwei- len aus einem Schwan; niemals aber aus ei- ner Ganß ein Schaugeruͤchte machte, und daß es ſchon genug waͤre, denſelben mit einem paar Ueberſchriften, dergleichen folgends der Ge- ſchichte ein gewiſſer Edelmann wol ehe ſeinem Koch vergeblich abgefordert, abzuſpeiſen. Haͤt- te man nichts geſagt, ſo wuͤrden die Narren, und haͤtte man zuviel geſaget, ſo wuͤrden kluge Leute (d) Hunold, der ſo genannte Menantes, der eine ganze Comedie auf Wernike gemacht hat, genannt: Der thoͤrichte Pritſchmeiſter, worinnen er aus Wernike per anagr Weknarr und Narrweke macht und lauter Jniurien vorbringt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/136
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/136>, abgerufen am 26.04.2024.