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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

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für die Tr-ll-rischen Fabeln.
Wand wächst, oder biß zu der Mauer-Rau-
te, das ist vom grösten biß zum kleinsten Ge-
wächse, ausführlich beschrieben, wie die
Schrift
meldet, welche doch wenigstens un-
ser Criticus gelten lassen wird.
Er fraget
weiter, ob die Mäuse des Sonntags um die
Stadt spazieren giengen,
wie die Bürger


zu
Bos-
Er wird wenigstens die Schrift gelten lassen)
Es ist in Wahrheit ziemlich verdächtig, wenn einer sich
nicht scheuet, eine Fabel, die in der Schrift stehet,
der Unwahrscheinlichkeit zu bezüchtigen, und noch dazu
läugnen darf, daß die Ceder und der Dornstrauch in
der Fabel den König Salomo nicht kennen.
Er frager weiter, ob die Mäuse etc.) Jch darf
statt einer Antwort nur die wohlausgebildeten Verse
des Hrn. Tr-ll-rs hersetzen:
Sonntags, da die Predigt aus, die ja wohl so gut
gewesen,
Als wir sie gemeiniglich in den Haus-Postillen lesen,
Ließ die Stadtmaus sich gefallen, für das Thor hin-
auszugehn,
Allda frische Luft zu schöpfen, u. die Felder zu besehn:
Eben dieses harte sich auch die Feldmaus vorgenommen,
Als sie nun von ungefehr auf dem Weg zusammenkommen,
Und sich unvermuthersahen, war es bey den angenehm,
Denn sie waren alte Freunde u. Gevattern ausser dem.
Wer kan diese Beschreibung lesen, ohne daß er die
sorgfältige und recht mahlerische Kunst in Beschreibung
auch der kleinsten Umstände mit einem verwundersamen
Ergetzen gewahr werde, es sey dann einer, der aus
C 5

fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln.
Wand waͤchſt, oder biß zu der Mauer-Rau-
te, das iſt vom groͤſten biß zum kleinſten Ge-
waͤchſe, ausfuͤhrlich beſchrieben, wie die
Schrift
meldet, welche doch wenigſtens un-
ſer Criticus gelten laſſen wird.
Er fraget
weiter, ob die Maͤuſe des Sonntags um die
Stadt ſpazieren giengen,
wie die Buͤrger


zu
Bos-
Er wird wenigſtens die Schrift gelten laſſen)
Es iſt in Wahrheit ziemlich verdaͤchtig, wenn einer ſich
nicht ſcheuet, eine Fabel, die in der Schrift ſtehet,
der Unwahrſcheinlichkeit zu bezuͤchtigen, und noch dazu
laͤugnen darf, daß die Ceder und der Dornſtrauch in
der Fabel den Koͤnig Salomo nicht kennen.
Er frager weiter, ob die Maͤuſe ꝛc.) Jch darf
ſtatt einer Antwort nur die wohlausgebildeten Verſe
des Hrn. Tr-ll-rs herſetzen:
Sonntags, da die Predigt aus, die ja wohl ſo gut
geweſen,
Als wir ſie gemeiniglich in den Haus-Poſtillen leſen,
Ließ die Stadtmaus ſich gefallen, fuͤr das Thor hin-
auszugehn,
Allda friſche Luft zu ſchoͤpfen, u. die Felder zu beſehn:
Eben dieſes harte ſich auch die Feldmaus vorgenom̃en,
Als ſie nun von ungefehr auf dem Weg zuſam̃enkom̃en,
Und ſich unvermutherſahen, war es bey den angenehm,
Deñ ſie waren alte Freunde u. Gevattern auſſer dem.
Wer kan dieſe Beſchreibung leſen, ohne daß er die
ſorgfaͤltige und recht mahleriſche Kunſt in Beſchreibung
auch der kleinſten Umſtaͤnde mit einem verwunderſamen
Ergetzen gewahr werde, es ſey dann einer, der aus
C 5
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[41/0043] fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln. Wand waͤchſt, oder biß zu der Mauer-Rau- te, das iſt vom groͤſten biß zum kleinſten Ge- waͤchſe, ausfuͤhrlich beſchrieben, wie die Schrift meldet, welche doch wenigſtens un- ſer Criticus gelten laſſen wird. Er fraget weiter, ob die Maͤuſe des Sonntags um die Stadt ſpazieren giengen, wie die Buͤrger zu Bos- Er wird wenigſtens die Schrift gelten laſſen) Es iſt in Wahrheit ziemlich verdaͤchtig, wenn einer ſich nicht ſcheuet, eine Fabel, die in der Schrift ſtehet, der Unwahrſcheinlichkeit zu bezuͤchtigen, und noch dazu laͤugnen darf, daß die Ceder und der Dornſtrauch in der Fabel den Koͤnig Salomo nicht kennen. Er frager weiter, ob die Maͤuſe ꝛc.) Jch darf ſtatt einer Antwort nur die wohlausgebildeten Verſe des Hrn. Tr-ll-rs herſetzen: Sonntags, da die Predigt aus, die ja wohl ſo gut geweſen, Als wir ſie gemeiniglich in den Haus-Poſtillen leſen, Ließ die Stadtmaus ſich gefallen, fuͤr das Thor hin- auszugehn, Allda friſche Luft zu ſchoͤpfen, u. die Felder zu beſehn: Eben dieſes harte ſich auch die Feldmaus vorgenom̃en, Als ſie nun von ungefehr auf dem Weg zuſam̃enkom̃en, Und ſich unvermutherſahen, war es bey den angenehm, Deñ ſie waren alte Freunde u. Gevattern auſſer dem. Wer kan dieſe Beſchreibung leſen, ohne daß er die ſorgfaͤltige und recht mahleriſche Kunſt in Beſchreibung auch der kleinſten Umſtaͤnde mit einem verwunderſamen Ergetzen gewahr werde, es ſey dann einer, der aus C 5

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/43>, abgerufen am 30.04.2024.