Die Verfahren zur Herstellung von marmorartigen Dessins auf
Bücherschnitten (und auch auf ganze Papier- bogen) gründen
sich auf die Fähigkeit einer mehr oder weniger zähen
Flüssigkeit aus gallertartigen Substanzen und Wasser in ganz
dünnen Schichten daraufgebrachte Farben- lösungen, die einen
Zusatz von Galle erhalten haben, nicht anzunehmen, sondern auf ihr schwimmen
zu lassen und diese Farbenschicht ohne Zerstörung ihrer
eigenthümlichen Lage- rung durch eine ebene Fläche abhebbar
zu machen. Spritzt man auf eine Abkochung von Caraghenmoos oder eine
Auf- lösung von Gummi-Traganth in Wasser sehr dünne
flüssige Farben, die mit Galle versetzt sind, so vertheilen sich
diese Tropfen vermöge der Galle auf einen größeren Raum,
als sie ursprünglich einnahmen - sie treiben, wie der
Fach- ausdruck lautet - und laufen endlich, wenn die Tropfen
ge- nügend groß sind, ineinander; sind die Tropfen aber
klein und in weiter Entfernung, so breiten sie sich nur bis zu einem
gewissen Maße aus, und zwar umsomehr, je mehr Galle sie enthalten.
Läßt man die Farbtröpfchen unberührt und legt nun
ein Blatt weißes Papier auf die Flüssigkeit, welches man sofort
wieder abnimmt, so haften die Farben an dem Blatte fest, während die
mitgenommene gallertartige Flüssigkeit abläuft.
Durchfährt man die Farbenschicht mit einem Stifte, den man senkrecht
hält, daß er etwa noch einige Millimeter unter die Farbschicht in
die gelatinöse Flüssigkeit taucht (der
Grund, auf dem die Farbe schwimmt), so vereinigen sich wohl die
Farben unterein- ander oder vielmehr nebeneinander und folgen dem
Zuge des Stiftes, ohne sich mit dem Grunde zu
vermischen - sie schwimmen immer obenauf und es gelingt nur
schwer, Farbe und die dieselbe tragende Flüssigkeit miteinander
zu vermischen. Durchfährt man die Farbschicht -
Farben- teppich - mit einem Kamme, so werden die vorher
wellen- förmig nebeneinander liegenden Farben senkrecht
getheilt, ohne daß die einzelnen Nuancen ineinander
laufen; die er-
Marmoriren im Allgemeinen.
Die Verfahren zur Herstellung von marmorartigen Dessins auf
Buͤcherschnitten (und auch auf ganze Papier- bogen) gruͤnden
sich auf die Faͤhigkeit einer mehr oder weniger zaͤhen
Fluͤssigkeit aus gallertartigen Substanzen und Wasser in ganz
duͤnnen Schichten daraufgebrachte Farben- loͤsungen, die einen
Zusatz von Galle erhalten haben, nicht anzunehmen, sondern auf ihr schwimmen
zu lassen und diese Farbenschicht ohne Zerstoͤrung ihrer
eigenthuͤmlichen Lage- rung durch eine ebene Flaͤche abhebbar
zu machen. Spritzt man auf eine Abkochung von Caraghenmoos oder eine
Auf- loͤsung von Gummi-Traganth in Wasser sehr duͤnne
fluͤssige Farben, die mit Galle versetzt sind, so vertheilen sich
diese Tropfen vermoͤge der Galle auf einen groͤßeren Raum,
als sie urspruͤnglich einnahmen – sie treiben, wie der
Fach- ausdruck lautet – und laufen endlich, wenn die Tropfen
ge- nuͤgend groß sind, ineinander; sind die Tropfen aber
klein und in weiter Entfernung, so breiten sie sich nur bis zu einem
gewissen Maße aus, und zwar umsomehr, je mehr Galle sie enthalten.
Laͤßt man die Farbtroͤpfchen unberuͤhrt und legt nun
ein Blatt weißes Papier auf die Fluͤssigkeit, welches man sofort
wieder abnimmt, so haften die Farben an dem Blatte fest, waͤhrend die
mitgenommene gallertartige Fluͤssigkeit ablaͤuft.
Durchfaͤhrt man die Farbenschicht mit einem Stifte, den man senkrecht
haͤlt, daß er etwa noch einige Millimeter unter die Farbschicht in
die gelatinoͤse Fluͤssigkeit taucht (der
Grund, auf dem die Farbe schwimmt), so vereinigen sich wohl die
Farben unterein- ander oder vielmehr nebeneinander und folgen dem
Zuge des Stiftes, ohne sich mit dem Grunde zu
vermischen – sie schwimmen immer obenauf und es gelingt nur
schwer, Farbe und die dieselbe tragende Fluͤssigkeit miteinander
zu vermischen. Durchfaͤhrt man die Farbschicht –
Farben- teppich – mit einem Kamme, so werden die vorher
wellen- foͤrmig nebeneinander liegenden Farben senkrecht
getheilt, ohne daß die einzelnen Nuancen ineinander
laufen; die er-
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[10/0020]
Marmoriren im Allgemeinen.
Die Verfahren zur Herstellung von marmorartigen
Dessins auf Buͤcherschnitten (und auch auf ganze Papier-
bogen) gruͤnden sich auf die Faͤhigkeit einer mehr oder
weniger zaͤhen Fluͤssigkeit aus gallertartigen Substanzen und
Wasser in ganz duͤnnen Schichten daraufgebrachte Farben-
loͤsungen, die einen Zusatz von Galle erhalten haben, nicht
anzunehmen, sondern auf ihr schwimmen zu lassen und diese
Farbenschicht ohne Zerstoͤrung ihrer eigenthuͤmlichen Lage-
rung durch eine ebene Flaͤche abhebbar zu machen. Spritzt
man auf eine Abkochung von Caraghenmoos oder eine Auf-
loͤsung von Gummi-Traganth in Wasser sehr duͤnne fluͤssige
Farben, die mit Galle versetzt sind, so vertheilen sich diese
Tropfen vermoͤge der Galle auf einen groͤßeren Raum, als
sie urspruͤnglich einnahmen – sie treiben, wie der Fach-
ausdruck lautet – und laufen endlich, wenn die Tropfen ge-
nuͤgend groß sind, ineinander; sind die Tropfen aber klein
und in weiter Entfernung, so breiten sie sich nur bis zu
einem gewissen Maße aus, und zwar umsomehr, je mehr
Galle sie enthalten. Laͤßt man die Farbtroͤpfchen unberuͤhrt
und legt nun ein Blatt weißes Papier auf die Fluͤssigkeit,
welches man sofort wieder abnimmt, so haften die Farben
an dem Blatte fest, waͤhrend die mitgenommene gallertartige
Fluͤssigkeit ablaͤuft. Durchfaͤhrt man die Farbenschicht mit
einem Stifte, den man senkrecht haͤlt, daß er etwa noch
einige Millimeter unter die Farbschicht in die gelatinoͤse
Fluͤssigkeit taucht (der Grund, auf dem die Farbe
schwimmt), so vereinigen sich wohl die Farben unterein-
ander oder vielmehr nebeneinander und folgen dem Zuge
des Stiftes, ohne sich mit dem Grunde zu vermischen –
sie schwimmen immer obenauf und es gelingt nur schwer,
Farbe und die dieselbe tragende Fluͤssigkeit miteinander zu
vermischen. Durchfaͤhrt man die Farbschicht – Farben-
teppich – mit einem Kamme, so werden die vorher wellen-
foͤrmig nebeneinander liegenden Farben senkrecht getheilt,
ohne daß die einzelnen Nuancen ineinander laufen; die er-
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Boeck, Josef Phileas: Marmorirkunst. 2. Aufl. Wien u. a., 1896, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeck_marmorirkunst_1896/20>, abgerufen am 30.11.2023.
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