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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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Der kühne Sieger, der erste Eindringling, hat es dagegen
offenbar im Innern andauernd vortrefflich. Eine kurze Weile
wippt noch sein Schwänzchen über der Stelle, wo sein Kopf
versunken ist, hin und her, -- dann ist es, als sterbe das
Schwänzchen als überflüssig ganz ab, und alles weitere scheint
nunmehr Innenarbeit des Kopfes im ausschließlichen Sinne.
Eine sehr intensive Innenarbeit.

Ganz deutlich sieht man in der erhellten Masse, wie der
kleine, aber energische Gast zunächst tiefer und tiefer einsinkend
den gelblichen Stoff mit seinen mancherlei blinkenden Körper¬
chen und Körnchen durcheinanderwühlt und -rührt. Es bleibt
aber nicht bei regellosem Rühren. Wohnt dem Fremden nun
eine Art elektrischer Kraft oder sonst etwas Besonderes an un¬
bekannter Kraftbethätigung inne: jedenfalls hört er bei einer
gewissen Tiefe mit dem einfach wilden Wühlen auf und ordnet
die zunächst liegenden gelblichen Kugelmassen zu einem schönen
regelmäßigen Strahlensystem um sich her.

Es ist, als gehe eine kleine Sonne in der Kugel selber
auf. Und wie die wirkliche Sonne, ihre Strahlen höher und
reckend, überall die Wesen zum Erwachen, zum Bewegen treibt,
so übt diese tief verborgene Sonne unserer Kugelmasse wachsend
und wachsend auch auf einmal eine wunderbar erweckende
Wirkung aus auf ein Ding im Herzen der Kugel selbst, das
längere Zeit jetzt ganz unthätig geruht, vielleicht wirklich ge¬
schlafen hatte.

Jenes kleine Zentralbläschen, von dessen Schicksalen wir
früher so viel erlebt haben, beginnt sich jäh zu regen. Die
Strahlen des gelben Stoffes sind bis zu ihm herangewachsen.
Die Kraft, die diese Strahlen erzeugt, fließt jetzt offenbar
auch zu ihm unmittelbar über, eine Kraft, die von dem
neuen Eindringling ausgeht. Und die kleine Zentralkugel regt
sich, rückt und beginnt langsam dem magischen Besucher ent¬
gegen
zu wandern. Sie kriecht in der strahligen Masse wie
ein Tier.

Der kühne Sieger, der erſte Eindringling, hat es dagegen
offenbar im Innern andauernd vortrefflich. Eine kurze Weile
wippt noch ſein Schwänzchen über der Stelle, wo ſein Kopf
verſunken iſt, hin und her, — dann iſt es, als ſterbe das
Schwänzchen als überflüſſig ganz ab, und alles weitere ſcheint
nunmehr Innenarbeit des Kopfes im ausſchließlichen Sinne.
Eine ſehr intenſive Innenarbeit.

Ganz deutlich ſieht man in der erhellten Maſſe, wie der
kleine, aber energiſche Gaſt zunächſt tiefer und tiefer einſinkend
den gelblichen Stoff mit ſeinen mancherlei blinkenden Körper¬
chen und Körnchen durcheinanderwühlt und -rührt. Es bleibt
aber nicht bei regelloſem Rühren. Wohnt dem Fremden nun
eine Art elektriſcher Kraft oder ſonſt etwas Beſonderes an un¬
bekannter Kraftbethätigung inne: jedenfalls hört er bei einer
gewiſſen Tiefe mit dem einfach wilden Wühlen auf und ordnet
die zunächſt liegenden gelblichen Kugelmaſſen zu einem ſchönen
regelmäßigen Strahlenſyſtem um ſich her.

Es iſt, als gehe eine kleine Sonne in der Kugel ſelber
auf. Und wie die wirkliche Sonne, ihre Strahlen höher und
reckend, überall die Weſen zum Erwachen, zum Bewegen treibt,
ſo übt dieſe tief verborgene Sonne unſerer Kugelmaſſe wachſend
und wachſend auch auf einmal eine wunderbar erweckende
Wirkung aus auf ein Ding im Herzen der Kugel ſelbſt, das
längere Zeit jetzt ganz unthätig geruht, vielleicht wirklich ge¬
ſchlafen hatte.

Jenes kleine Zentralbläschen, von deſſen Schickſalen wir
früher ſo viel erlebt haben, beginnt ſich jäh zu regen. Die
Strahlen des gelben Stoffes ſind bis zu ihm herangewachſen.
Die Kraft, die dieſe Strahlen erzeugt, fließt jetzt offenbar
auch zu ihm unmittelbar über, eine Kraft, die von dem
neuen Eindringling ausgeht. Und die kleine Zentralkugel regt
ſich, rückt und beginnt langſam dem magiſchen Beſucher ent¬
gegen
zu wandern. Sie kriecht in der ſtrahligen Maſſe wie
ein Tier.

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[53/0069] Der kühne Sieger, der erſte Eindringling, hat es dagegen offenbar im Innern andauernd vortrefflich. Eine kurze Weile wippt noch ſein Schwänzchen über der Stelle, wo ſein Kopf verſunken iſt, hin und her, — dann iſt es, als ſterbe das Schwänzchen als überflüſſig ganz ab, und alles weitere ſcheint nunmehr Innenarbeit des Kopfes im ausſchließlichen Sinne. Eine ſehr intenſive Innenarbeit. Ganz deutlich ſieht man in der erhellten Maſſe, wie der kleine, aber energiſche Gaſt zunächſt tiefer und tiefer einſinkend den gelblichen Stoff mit ſeinen mancherlei blinkenden Körper¬ chen und Körnchen durcheinanderwühlt und -rührt. Es bleibt aber nicht bei regelloſem Rühren. Wohnt dem Fremden nun eine Art elektriſcher Kraft oder ſonſt etwas Beſonderes an un¬ bekannter Kraftbethätigung inne: jedenfalls hört er bei einer gewiſſen Tiefe mit dem einfach wilden Wühlen auf und ordnet die zunächſt liegenden gelblichen Kugelmaſſen zu einem ſchönen regelmäßigen Strahlenſyſtem um ſich her. Es iſt, als gehe eine kleine Sonne in der Kugel ſelber auf. Und wie die wirkliche Sonne, ihre Strahlen höher und reckend, überall die Weſen zum Erwachen, zum Bewegen treibt, ſo übt dieſe tief verborgene Sonne unſerer Kugelmaſſe wachſend und wachſend auch auf einmal eine wunderbar erweckende Wirkung aus auf ein Ding im Herzen der Kugel ſelbſt, das längere Zeit jetzt ganz unthätig geruht, vielleicht wirklich ge¬ ſchlafen hatte. Jenes kleine Zentralbläschen, von deſſen Schickſalen wir früher ſo viel erlebt haben, beginnt ſich jäh zu regen. Die Strahlen des gelben Stoffes ſind bis zu ihm herangewachſen. Die Kraft, die dieſe Strahlen erzeugt, fließt jetzt offenbar auch zu ihm unmittelbar über, eine Kraft, die von dem neuen Eindringling ausgeht. Und die kleine Zentralkugel regt ſich, rückt und beginnt langſam dem magiſchen Beſucher ent¬ gegen zu wandern. Sie kriecht in der ſtrahligen Maſſe wie ein Tier.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/69>, abgerufen am 02.05.2024.