Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Gold gewann einen roten Schein wie bei dem Arctur dort.
Rotglut kündete die nahende Nacht. Über dem blanken Schild
wölkten sich periodisch rostrote Flecken, in denen die gährende
Materie sich zu festen chemischen Verbindungen gattete. Wie
der Wunderstern Mira im Bilde des Walfisches, der auf lange
Monate sich ganz vor unserem Blick verbirgt, um später doch
immer noch einmal zu roter Vollglut aufzubrennen, mag sie
zeitweise schon ganz verschwunden sein, um sich dann nochmals
aufzuraffen, gleich dem Funken an einem Kerzendocht, der noch
einmal ganz grell glimmt, ehe er jäh versagt. Dann aber war
die Lichtrolle fürs ferne Weltall endgültig aus. Nie mehr
leuchtete die ganze Kugel, -- nur das Sonnenlicht floß fortan
mattgoldig an der einen Seite hin, ließ im Jahreslaufe das
Weiß bald der einen, bald der anderen polaren Eiskappe er¬
blinken und malte um die Ränder der dunkeln Kugel abwechselnd
das blutige Rot seiner Dämmerung. Und auf die Nachtseite
fiel nur wie Gespensterglanz einer toten Welt der Silberhauch
des Mondes, -- selber erborgtes Licht. Nur wie Funken hier
und da von unten ein letztes Grüßen eigener Sonnenkraft.
Aus dem tobenden Vulkan brach die Lava wie ein flüssiger
Rubin und hellte auf Nächte die Meeresfläche mit heißem rotem
Schein. In der Atmosphäre zuckte es von blauen Blitzen.
Grüne und violette Sternschnuppen und Feuerkugeln verpufften
wie die Explosion eines Streichholzköpfchens an dem ungeheuren
sausenden Luftball während seiner Sonnenfahrt, periodisch sogar
zu blendendem Feuerwerk vereint. Von den magnetischen Polen
aus ergoßen die Nord- und Südlichter sich in langen bunten
Bändern gegen den Bauch der Planetenkugel hin. Dann aber
allmählich noch viel diskreter, geheimnisvoller eine ganz feine
Lichtwirkung hörerer Art wie ein Besinnen des ausgeglühten
Sternes auf einen völlig neuen Weg zum Licht
.

Schwarz, ohne ein Atom Mondsilber die See. Da auf
einmal, als hebe sich von unten eine smaragdgrün schillernde
Wolke aus den Wassern selbst herauf. Goldsterne, groß und

Gold gewann einen roten Schein wie bei dem Arctur dort.
Rotglut kündete die nahende Nacht. Über dem blanken Schild
wölkten ſich periodiſch roſtrote Flecken, in denen die gährende
Materie ſich zu feſten chemiſchen Verbindungen gattete. Wie
der Wunderſtern Mira im Bilde des Walfiſches, der auf lange
Monate ſich ganz vor unſerem Blick verbirgt, um ſpäter doch
immer noch einmal zu roter Vollglut aufzubrennen, mag ſie
zeitweiſe ſchon ganz verſchwunden ſein, um ſich dann nochmals
aufzuraffen, gleich dem Funken an einem Kerzendocht, der noch
einmal ganz grell glimmt, ehe er jäh verſagt. Dann aber war
die Lichtrolle fürs ferne Weltall endgültig aus. Nie mehr
leuchtete die ganze Kugel, — nur das Sonnenlicht floß fortan
mattgoldig an der einen Seite hin, ließ im Jahreslaufe das
Weiß bald der einen, bald der anderen polaren Eiskappe er¬
blinken und malte um die Ränder der dunkeln Kugel abwechſelnd
das blutige Rot ſeiner Dämmerung. Und auf die Nachtſeite
fiel nur wie Geſpenſterglanz einer toten Welt der Silberhauch
des Mondes, — ſelber erborgtes Licht. Nur wie Funken hier
und da von unten ein letztes Grüßen eigener Sonnenkraft.
Aus dem tobenden Vulkan brach die Lava wie ein flüſſiger
Rubin und hellte auf Nächte die Meeresfläche mit heißem rotem
Schein. In der Atmoſphäre zuckte es von blauen Blitzen.
Grüne und violette Sternſchnuppen und Feuerkugeln verpufften
wie die Exploſion eines Streichholzköpfchens an dem ungeheuren
ſauſenden Luftball während ſeiner Sonnenfahrt, periodiſch ſogar
zu blendendem Feuerwerk vereint. Von den magnetiſchen Polen
aus ergoßen die Nord- und Südlichter ſich in langen bunten
Bändern gegen den Bauch der Planetenkugel hin. Dann aber
allmählich noch viel diskreter, geheimnisvoller eine ganz feine
Lichtwirkung hörerer Art wie ein Beſinnen des ausgeglühten
Sternes auf einen völlig neuen Weg zum Licht
.

Schwarz, ohne ein Atom Mondſilber die See. Da auf
einmal, als hebe ſich von unten eine ſmaragdgrün ſchillernde
Wolke aus den Waſſern ſelbſt herauf. Goldſterne, groß und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028" n="12"/>
Gold gewann einen roten Schein wie bei dem Arctur dort.<lb/>
Rotglut kündete die nahende Nacht. Über dem blanken Schild<lb/>
wölkten &#x017F;ich periodi&#x017F;ch ro&#x017F;trote Flecken, in denen die gährende<lb/>
Materie &#x017F;ich zu fe&#x017F;ten chemi&#x017F;chen Verbindungen gattete. Wie<lb/>
der Wunder&#x017F;tern Mira im Bilde des Walfi&#x017F;ches, der auf lange<lb/>
Monate &#x017F;ich ganz vor un&#x017F;erem Blick verbirgt, um &#x017F;päter doch<lb/>
immer noch einmal zu roter Vollglut aufzubrennen, mag &#x017F;ie<lb/>
zeitwei&#x017F;e &#x017F;chon ganz ver&#x017F;chwunden &#x017F;ein, um &#x017F;ich dann nochmals<lb/>
aufzuraffen, gleich dem Funken an einem Kerzendocht, der noch<lb/>
einmal ganz grell glimmt, ehe er jäh ver&#x017F;agt. Dann aber war<lb/>
die Lichtrolle fürs ferne Weltall endgültig aus. Nie mehr<lb/>
leuchtete die ganze Kugel, &#x2014; nur das Sonnenlicht floß fortan<lb/>
mattgoldig an der einen Seite hin, ließ im Jahreslaufe das<lb/>
Weiß bald der einen, bald der anderen polaren Eiskappe er¬<lb/>
blinken und malte um die Ränder der dunkeln Kugel abwech&#x017F;elnd<lb/>
das blutige Rot &#x017F;einer Dämmerung. Und auf die Nacht&#x017F;eite<lb/>
fiel nur wie Ge&#x017F;pen&#x017F;terglanz einer toten Welt der Silberhauch<lb/>
des Mondes, &#x2014; &#x017F;elber erborgtes Licht. Nur wie Funken hier<lb/>
und da von unten ein letztes Grüßen eigener Sonnenkraft.<lb/>
Aus dem tobenden Vulkan brach die Lava wie ein flü&#x017F;&#x017F;iger<lb/>
Rubin und hellte auf Nächte die Meeresfläche mit heißem rotem<lb/>
Schein. In der Atmo&#x017F;phäre zuckte es von blauen Blitzen.<lb/>
Grüne und violette Stern&#x017F;chnuppen und Feuerkugeln verpufften<lb/>
wie die Explo&#x017F;ion eines Streichholzköpfchens an dem ungeheuren<lb/>
&#x017F;au&#x017F;enden Luftball während &#x017F;einer Sonnenfahrt, periodi&#x017F;ch &#x017F;ogar<lb/>
zu blendendem Feuerwerk vereint. Von den magneti&#x017F;chen Polen<lb/>
aus ergoßen die Nord- und Südlichter &#x017F;ich in langen bunten<lb/>
Bändern gegen den Bauch der Planetenkugel hin. Dann aber<lb/>
allmählich noch viel diskreter, geheimnisvoller eine ganz feine<lb/>
Lichtwirkung hörerer Art wie ein <hi rendition="#g">Be&#x017F;innen des ausgeglühten<lb/>
Sternes auf einen völlig neuen Weg zum Licht</hi>.</p><lb/>
        <p>Schwarz, ohne ein Atom Mond&#x017F;ilber die See. Da auf<lb/>
einmal, als hebe &#x017F;ich von unten eine &#x017F;maragdgrün &#x017F;chillernde<lb/>
Wolke aus den Wa&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;elb&#x017F;t herauf. Gold&#x017F;terne, groß und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0028] Gold gewann einen roten Schein wie bei dem Arctur dort. Rotglut kündete die nahende Nacht. Über dem blanken Schild wölkten ſich periodiſch roſtrote Flecken, in denen die gährende Materie ſich zu feſten chemiſchen Verbindungen gattete. Wie der Wunderſtern Mira im Bilde des Walfiſches, der auf lange Monate ſich ganz vor unſerem Blick verbirgt, um ſpäter doch immer noch einmal zu roter Vollglut aufzubrennen, mag ſie zeitweiſe ſchon ganz verſchwunden ſein, um ſich dann nochmals aufzuraffen, gleich dem Funken an einem Kerzendocht, der noch einmal ganz grell glimmt, ehe er jäh verſagt. Dann aber war die Lichtrolle fürs ferne Weltall endgültig aus. Nie mehr leuchtete die ganze Kugel, — nur das Sonnenlicht floß fortan mattgoldig an der einen Seite hin, ließ im Jahreslaufe das Weiß bald der einen, bald der anderen polaren Eiskappe er¬ blinken und malte um die Ränder der dunkeln Kugel abwechſelnd das blutige Rot ſeiner Dämmerung. Und auf die Nachtſeite fiel nur wie Geſpenſterglanz einer toten Welt der Silberhauch des Mondes, — ſelber erborgtes Licht. Nur wie Funken hier und da von unten ein letztes Grüßen eigener Sonnenkraft. Aus dem tobenden Vulkan brach die Lava wie ein flüſſiger Rubin und hellte auf Nächte die Meeresfläche mit heißem rotem Schein. In der Atmoſphäre zuckte es von blauen Blitzen. Grüne und violette Sternſchnuppen und Feuerkugeln verpufften wie die Exploſion eines Streichholzköpfchens an dem ungeheuren ſauſenden Luftball während ſeiner Sonnenfahrt, periodiſch ſogar zu blendendem Feuerwerk vereint. Von den magnetiſchen Polen aus ergoßen die Nord- und Südlichter ſich in langen bunten Bändern gegen den Bauch der Planetenkugel hin. Dann aber allmählich noch viel diskreter, geheimnisvoller eine ganz feine Lichtwirkung hörerer Art wie ein Beſinnen des ausgeglühten Sternes auf einen völlig neuen Weg zum Licht. Schwarz, ohne ein Atom Mondſilber die See. Da auf einmal, als hebe ſich von unten eine ſmaragdgrün ſchillernde Wolke aus den Waſſern ſelbſt herauf. Goldſterne, groß und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/28
Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/28>, abgerufen am 02.05.2024.