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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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endlich einsehen, daß keine Ruhe ist, so lange Frank¬
reich besteht. Wenn sogar die Juden wanken, der
Throne feste Säulen, worauf kann ich noch bauen?
Die vermaledeyte Preßfreiheit ist schuld an allem.

-- Ein Bankier sagte mir neulich, Lafitte habe
dreißig Millionen gehabt, und jetzt sey er zu Grunde
gerichtet. Wenn sich der Friede erhält und die
Staats-Effekten wieder zu Werthe kommen, wird ihm
höchstens eine Million übrig bleiben; wenn nicht,
nicht so viel, daß er seine Gläubiger befriedigen kann.
Lafitte ist ehrenvoll gefallen, er hat sein Vermögen
dem Staate aufgeopfert. Er hat es immer gesagt,
er setze allen seinen Reichthum daran, die Bourbons
zu stürzen, und er hat es gethan. Durch eine gro߬
müthige Neigung ohnedies getrieben, leistete Lafitte
aus Politik jedem Hülfe, der ihn um Beistand an¬
sprach. Er wollte sich dadurch Anhänger erwerben,
um sie zu Feinden der Bourbons zu machen. Wer
in Frankreich irgend ein Gewerbe, einen Handel,
eine Fabrik unternehmen wollte, benutzte Lafitte's
Capitalien. Durch die Revolution wurden alle jene
Schuldner unfähig zu bezahlen, und so ist Lafitte zu
Grunde gegangen. Rothschild aber wird bestehen bis
an den jüngsten Tag -- der Könige. Welch ein
Ultimo! Wie wird das krachen.

-- Ich habe meine theatralische Laufbahn an¬
getreten, nehmlich mein Laufen in die Theater. Die

endlich einſehen, daß keine Ruhe iſt, ſo lange Frank¬
reich beſteht. Wenn ſogar die Juden wanken, der
Throne feſte Säulen, worauf kann ich noch bauen?
Die vermaledeyte Preßfreiheit iſt ſchuld an allem.

— Ein Bankier ſagte mir neulich, Lafitte habe
dreißig Millionen gehabt, und jetzt ſey er zu Grunde
gerichtet. Wenn ſich der Friede erhält und die
Staats-Effekten wieder zu Werthe kommen, wird ihm
höchſtens eine Million übrig bleiben; wenn nicht,
nicht ſo viel, daß er ſeine Gläubiger befriedigen kann.
Lafitte iſt ehrenvoll gefallen, er hat ſein Vermögen
dem Staate aufgeopfert. Er hat es immer geſagt,
er ſetze allen ſeinen Reichthum daran, die Bourbons
zu ſtürzen, und er hat es gethan. Durch eine gro߬
müthige Neigung ohnedies getrieben, leiſtete Lafitte
aus Politik jedem Hülfe, der ihn um Beiſtand an¬
ſprach. Er wollte ſich dadurch Anhänger erwerben,
um ſie zu Feinden der Bourbons zu machen. Wer
in Frankreich irgend ein Gewerbe, einen Handel,
eine Fabrik unternehmen wollte, benutzte Lafitte's
Capitalien. Durch die Revolution wurden alle jene
Schuldner unfähig zu bezahlen, und ſo iſt Lafitte zu
Grunde gegangen. Rothſchild aber wird beſtehen bis
an den jüngſten Tag — der Könige. Welch ein
Ultimo! Wie wird das krachen.

— Ich habe meine theatraliſche Laufbahn an¬
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[149/0163] endlich einſehen, daß keine Ruhe iſt, ſo lange Frank¬ reich beſteht. Wenn ſogar die Juden wanken, der Throne feſte Säulen, worauf kann ich noch bauen? Die vermaledeyte Preßfreiheit iſt ſchuld an allem. — Ein Bankier ſagte mir neulich, Lafitte habe dreißig Millionen gehabt, und jetzt ſey er zu Grunde gerichtet. Wenn ſich der Friede erhält und die Staats-Effekten wieder zu Werthe kommen, wird ihm höchſtens eine Million übrig bleiben; wenn nicht, nicht ſo viel, daß er ſeine Gläubiger befriedigen kann. Lafitte iſt ehrenvoll gefallen, er hat ſein Vermögen dem Staate aufgeopfert. Er hat es immer geſagt, er ſetze allen ſeinen Reichthum daran, die Bourbons zu ſtürzen, und er hat es gethan. Durch eine gro߬ müthige Neigung ohnedies getrieben, leiſtete Lafitte aus Politik jedem Hülfe, der ihn um Beiſtand an¬ ſprach. Er wollte ſich dadurch Anhänger erwerben, um ſie zu Feinden der Bourbons zu machen. Wer in Frankreich irgend ein Gewerbe, einen Handel, eine Fabrik unternehmen wollte, benutzte Lafitte's Capitalien. Durch die Revolution wurden alle jene Schuldner unfähig zu bezahlen, und ſo iſt Lafitte zu Grunde gegangen. Rothſchild aber wird beſtehen bis an den jüngſten Tag — der Könige. Welch ein Ultimo! Wie wird das krachen. — Ich habe meine theatraliſche Laufbahn an¬ getreten, nehmlich mein Laufen in die Theater. Die

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/163>, abgerufen am 28.04.2024.