Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

sen, daß er sie vorsätzlich aufgenommen, und daß,
wenn der Grobian das Maul gehalten, er nicht grob
gewesen wäre. Man wird daher finden, daß alle
Grobheiten in meinen gesammelten Schriften mit ach
anfangen, in einigen wenigen Fällen ausgenommen,
wo ich aus Ironie o gebrauchte.

Der Freund, der mir aus Stuttgart das Hof¬
blättchen mit dem Stall-Artikel schickte, schrieb: er
wäre von Lindner, und er erkenne seine Art in
der Schmeisfliege. Aber das beweis't nichts; es
giebt oft täuschende Aehnlichkeiten und ich glaube es
nicht. Doch wer ihn auch verfaßt! O du elende
Schmeisfliege
! ist zu arg und das lasse ich mir
nicht gefallen. Glaubt Ihr denn, weil ich so lange
geschwiegen, ich würde das fort geduldig anhören?
Warum glaubt Ihr das? Etwa weil ich ein Deut¬
scher bin? Aber höret, was Eduard Meyer sagt:
"Der Deutsche ist geduldig, schweigsam und
"bedenklich
, aber doch nur bis zu einem ge¬
"wissen Grade
. Wenn ihm die Geduld reißt,
"wenn er das Schweigen bricht und einen
"Entschluß gefaßt hat
, so wird sich man¬
"cher wundern über die scheinbare Umwand¬
"lung seiner Natur
. Und ich fühle es, daß
"auch ich ein Deutscher bin
.... Man muß
"dem Gesindel einmal auf die Finger klop¬
"fen
, daß etwas Furcht hineinfährt." Ja,

ſen, daß er ſie vorſätzlich aufgenommen, und daß,
wenn der Grobian das Maul gehalten, er nicht grob
geweſen wäre. Man wird daher finden, daß alle
Grobheiten in meinen geſammelten Schriften mit ach
anfangen, in einigen wenigen Fällen ausgenommen,
wo ich aus Ironie o gebrauchte.

Der Freund, der mir aus Stuttgart das Hof¬
blättchen mit dem Stall-Artikel ſchickte, ſchrieb: er
wäre von Lindner, und er erkenne ſeine Art in
der Schmeisfliege. Aber das beweiſ't nichts; es
giebt oft täuſchende Aehnlichkeiten und ich glaube es
nicht. Doch wer ihn auch verfaßt! O du elende
Schmeisfliege
! iſt zu arg und das laſſe ich mir
nicht gefallen. Glaubt Ihr denn, weil ich ſo lange
geſchwiegen, ich würde das fort geduldig anhören?
Warum glaubt Ihr das? Etwa weil ich ein Deut¬
ſcher bin? Aber höret, was Eduard Meyer ſagt:
„Der Deutſche iſt geduldig, ſchweigſam und
„bedenklich
, aber doch nur bis zu einem ge¬
„wiſſen Grade
. Wenn ihm die Geduld reißt,
„wenn er das Schweigen bricht und einen
„Entſchluß gefaßt hat
, ſo wird ſich man¬
„cher wundern über die ſcheinbare Umwand¬
„lung ſeiner Natur
. Und ich fühle es, daß
„auch ich ein Deutſcher bin
.... Man muß
„dem Geſindel einmal auf die Finger klop¬
„fen
, daß etwas Furcht hineinfährt.“ Ja,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0218" n="204"/>
&#x017F;en, daß er &#x017F;ie vor&#x017F;ätzlich aufgenommen, und daß,<lb/>
wenn der Grobian das Maul gehalten, er nicht grob<lb/>
gewe&#x017F;en wäre. Man wird daher finden, daß alle<lb/>
Grobheiten in meinen ge&#x017F;ammelten Schriften mit ach<lb/>
anfangen, in einigen wenigen Fällen ausgenommen,<lb/>
wo ich aus Ironie o gebrauchte.</p><lb/>
            <p>Der Freund, der mir aus Stuttgart das Hof¬<lb/>
blättchen mit dem Stall-Artikel &#x017F;chickte, &#x017F;chrieb: er<lb/>
wäre von <hi rendition="#g">Lindner</hi>, und er erkenne &#x017F;eine Art in<lb/>
der <hi rendition="#g">Schmeisfliege</hi>. Aber das bewei&#x017F;'t nichts; es<lb/>
giebt oft täu&#x017F;chende Aehnlichkeiten und ich glaube es<lb/>
nicht. Doch wer ihn auch verfaßt! <hi rendition="#g">O du elende<lb/>
Schmeisfliege</hi>! i&#x017F;t zu arg und das la&#x017F;&#x017F;e ich mir<lb/>
nicht gefallen. Glaubt Ihr denn, weil ich &#x017F;o lange<lb/>
ge&#x017F;chwiegen, ich würde das fort geduldig anhören?<lb/>
Warum glaubt Ihr das? Etwa weil ich ein Deut¬<lb/>
&#x017F;cher bin? Aber höret, was Eduard Meyer &#x017F;agt:<lb/><hi rendition="#g">&#x201E;Der Deut&#x017F;che i&#x017F;t geduldig</hi>, <hi rendition="#g">&#x017F;chweig&#x017F;am und<lb/>
&#x201E;bedenklich</hi>, <hi rendition="#g">aber doch nur bis zu einem ge¬<lb/>
&#x201E;wi&#x017F;&#x017F;en Grade</hi>. <hi rendition="#g">Wenn ihm die Geduld reißt</hi>,<lb/><hi rendition="#g">&#x201E;wenn er das Schweigen bricht und einen<lb/>
&#x201E;Ent&#x017F;chluß gefaßt hat</hi>, <hi rendition="#g">&#x017F;o wird &#x017F;ich man¬<lb/>
&#x201E;cher wundern über die &#x017F;cheinbare Umwand¬<lb/>
&#x201E;lung &#x017F;einer Natur</hi>. <hi rendition="#g">Und ich fühle es</hi>, <hi rendition="#g">daß<lb/>
&#x201E;auch ich ein Deut&#x017F;cher bin</hi> .... <hi rendition="#g">Man muß<lb/>
&#x201E;dem Ge&#x017F;indel einmal auf die Finger klop¬<lb/>
&#x201E;fen</hi>, <hi rendition="#g">daß etwas Furcht hineinfährt</hi>.&#x201C; Ja,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0218] ſen, daß er ſie vorſätzlich aufgenommen, und daß, wenn der Grobian das Maul gehalten, er nicht grob geweſen wäre. Man wird daher finden, daß alle Grobheiten in meinen geſammelten Schriften mit ach anfangen, in einigen wenigen Fällen ausgenommen, wo ich aus Ironie o gebrauchte. Der Freund, der mir aus Stuttgart das Hof¬ blättchen mit dem Stall-Artikel ſchickte, ſchrieb: er wäre von Lindner, und er erkenne ſeine Art in der Schmeisfliege. Aber das beweiſ't nichts; es giebt oft täuſchende Aehnlichkeiten und ich glaube es nicht. Doch wer ihn auch verfaßt! O du elende Schmeisfliege! iſt zu arg und das laſſe ich mir nicht gefallen. Glaubt Ihr denn, weil ich ſo lange geſchwiegen, ich würde das fort geduldig anhören? Warum glaubt Ihr das? Etwa weil ich ein Deut¬ ſcher bin? Aber höret, was Eduard Meyer ſagt: „Der Deutſche iſt geduldig, ſchweigſam und „bedenklich, aber doch nur bis zu einem ge¬ „wiſſen Grade. Wenn ihm die Geduld reißt, „wenn er das Schweigen bricht und einen „Entſchluß gefaßt hat, ſo wird ſich man¬ „cher wundern über die ſcheinbare Umwand¬ „lung ſeiner Natur. Und ich fühle es, daß „auch ich ein Deutſcher bin .... Man muß „dem Geſindel einmal auf die Finger klop¬ „fen, daß etwas Furcht hineinfährt.“ Ja,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/218
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/218>, abgerufen am 26.04.2024.