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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung
Wissenschafft von den Kräutern oder ihren rechten
Gebrauch haben/ empfinden nicht die geringste Lin-
derung/ im Gegentheil grosse Schmertzen/ die Wun-
de wird tieffer/ und macht öffters/ daß sie ihre gantze
Lebens-Zeit über in Ungesundheit zubringen müssen.
Eben so gehet es auch mit den Venus-Kranckheiten/
da denn diejenigen/ welche in unsern Vestungen woh-
nen weit glücklicher sind/ und für ein ansehnlich
Stück Geldes von unsern Wund-Ärtzten können
curiret werden.

Ausser diesem Ungemach giebet es gesunde Leute
unter den Mohren/ wiewol sie gar selten hohe Jahre
erreichen/ davon nicht füglich eine zulängliche Ursa-
che zugeben ist; Man siehet auch viele graue Köpffe
allhie/ welche das Ansehen eines hohen Alters haben/
und dennoch nichtes weniger sind; davon ich glaube
dieses eine Ursach zu seyn/ weil sie das Weiber-Volck
zu sehr lieben/ und dadurch ihre Kräffte und Stärcke
verspillen/ daß wenn sie im 50. Jahr (welches bey ih-
nen ein hohes Alter ist/) von einer Kranckheit über-
fallen werden/ gemeiniglich mit dem Tode bezahlen
müssen; erschrecklich ist es/ daß auch die Kinder zu sol-
cher Wollust sich verstehen/ und dahero wenig oder
gar keine ehrliche Mägdelein unter ihnen anzutreffen.

Anitzo muß ich etwas melden vom Winter und
Sommer/ oder von der bösen und guten Zeit wie es
hier genennet wird. Das meiste was mich hiezu
verursachet/ ist die merckliche Veränderung so ich seit
10. Jahren darinnen verspüret. Der Sommer ge-
het bey nahe allhier an/ wenn in Europa der Herbst
anfänget/ und dauret 6. Monat lang/ bey dessen En-
digung der Winter eben so lange währet/ dessen erste

zwey

Beſchreibung
Wiſſenſchafft von den Kraͤutern oder ihren rechten
Gebrauch haben/ empfinden nicht die geringſte Lin-
derung/ im Gegentheil groſſe Schmertzen/ die Wun-
de wird tieffer/ und macht oͤffters/ daß ſie ihre gantze
Lebens-Zeit uͤber in Ungeſundheit zubringen muͤſſen.
Eben ſo gehet es auch mit den Venus-Kranckheiten/
da denn diejenigen/ welche in unſern Veſtungen woh-
nen weit gluͤcklicher ſind/ und fuͤr ein anſehnlich
Stuͤck Geldes von unſern Wund-Aͤrtzten koͤnnen
curiret werden.

Auſſer dieſem Ungemach giebet es geſunde Leute
unter den Mohren/ wiewol ſie gar ſelten hohe Jahre
erreichen/ davon nicht fuͤglich eine zulaͤngliche Urſa-
che zugeben iſt; Man ſiehet auch viele graue Koͤpffe
allhie/ welche das Anſehen eines hohen Alters haben/
und dennoch nichtes weniger ſind; davon ich glaube
dieſes eine Urſach zu ſeyn/ weil ſie das Weiber-Volck
zu ſehr lieben/ und dadurch ihre Kraͤffte und Staͤrcke
verſpillen/ daß wenn ſie im 50. Jahr (welches bey ih-
nen ein hohes Alter iſt/) von einer Kranckheit uͤber-
fallen werden/ gemeiniglich mit dem Tode bezahlen
muͤſſen; erſchrecklich iſt es/ daß auch die Kinder zu ſol-
cher Wolluſt ſich verſtehen/ und dahero wenig oder
gar keine ehrliche Maͤgdelein unter ihnen anzutreffen.

Anitzo muß ich etwas melden vom Winter und
Sommer/ oder von der boͤſen und guten Zeit wie es
hier genennet wird. Das meiſte was mich hiezu
verurſachet/ iſt die merckliche Veraͤnderung ſo ich ſeit
10. Jahren darinnen verſpuͤret. Der Sommer ge-
het bey nahe allhier an/ wenn in Europa der Herbſt
anfaͤnget/ und dauret 6. Monat lang/ bey deſſen En-
digung der Winter eben ſo lange waͤhret/ deſſen erſte

zwey
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[140/0184] Beſchreibung Wiſſenſchafft von den Kraͤutern oder ihren rechten Gebrauch haben/ empfinden nicht die geringſte Lin- derung/ im Gegentheil groſſe Schmertzen/ die Wun- de wird tieffer/ und macht oͤffters/ daß ſie ihre gantze Lebens-Zeit uͤber in Ungeſundheit zubringen muͤſſen. Eben ſo gehet es auch mit den Venus-Kranckheiten/ da denn diejenigen/ welche in unſern Veſtungen woh- nen weit gluͤcklicher ſind/ und fuͤr ein anſehnlich Stuͤck Geldes von unſern Wund-Aͤrtzten koͤnnen curiret werden. Auſſer dieſem Ungemach giebet es geſunde Leute unter den Mohren/ wiewol ſie gar ſelten hohe Jahre erreichen/ davon nicht fuͤglich eine zulaͤngliche Urſa- che zugeben iſt; Man ſiehet auch viele graue Koͤpffe allhie/ welche das Anſehen eines hohen Alters haben/ und dennoch nichtes weniger ſind; davon ich glaube dieſes eine Urſach zu ſeyn/ weil ſie das Weiber-Volck zu ſehr lieben/ und dadurch ihre Kraͤffte und Staͤrcke verſpillen/ daß wenn ſie im 50. Jahr (welches bey ih- nen ein hohes Alter iſt/) von einer Kranckheit uͤber- fallen werden/ gemeiniglich mit dem Tode bezahlen muͤſſen; erſchrecklich iſt es/ daß auch die Kinder zu ſol- cher Wolluſt ſich verſtehen/ und dahero wenig oder gar keine ehrliche Maͤgdelein unter ihnen anzutreffen. Anitzo muß ich etwas melden vom Winter und Sommer/ oder von der boͤſen und guten Zeit wie es hier genennet wird. Das meiſte was mich hiezu verurſachet/ iſt die merckliche Veraͤnderung ſo ich ſeit 10. Jahren darinnen verſpuͤret. Der Sommer ge- het bey nahe allhier an/ wenn in Europa der Herbſt anfaͤnget/ und dauret 6. Monat lang/ bey deſſen En- digung der Winter eben ſo lange waͤhret/ deſſen erſte zwey

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/184>, abgerufen am 28.04.2024.