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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung

So bald das Kind gebohren/ wird der Priester geho-
let/ den man hier Feticheer oder Confoe nennet/ sel-
biger bindet dem Kinde alsobald um den Hals/ die Ar-
me und Beine/ unterschiedliche Schnüre von Coral-
len und anderen Possen mehr/ welche er zuvor mit ih-
ren gewöhnlichen Teuffels-Beschwerungen geheili-
get/ dadurch das Kind wie sie meynen von allerhand
Kranckheiten und traurigen Zufällen frey bleibet.
Jn Warheit ich glaube selbst/ daß diese Beschwerun-
gen so kräfftig seyn/ als wenn sie der Pabst von Rom
selbst gesaget hätte/ ihr könnet hieraus abnehmen was
für Gewalt hiesige Geistliche über die unsaubern Gei-
ster besitzen. Sonsten dienen dergleichen Schnüre
denen Kindern an Statt ihrer Kleidung bis ins sieben-
de oder achte Jahr/ als denn ihnen eine Ehle oder hal-
be Ehle gegeben wird/ damit sie sich recht kleiden
mögen.

Dafern der Vater ein Fischer oder Handwercks-
mann ist/ lehret er seinem Sohn (wann es anders ei-
ner ist/ und Lust dazu) das Handwerck was er selbst
kan; denn weil jener gleich im Anfang seiner Jugend
für sich selbst sorgen muß/ stehet es ihm frey nach eige-
nem Gefallen dieses oder jenes Handwerck zu ergreif-
fen/ ohne daß Vater und Mutter dawider sprechen
dörffen/

Jhr habet allbereit vernommen wie vergnüget der
Mohren Kinder sind mit ein wenig Brodt/ so und
nicht anders halten sie auch Haus/ wenn ihre Jahre
zunehmen/ ja man könnte sie eher einer allzu grossen
Nüchterheit als Uberflusses beschuldigen/ denn sie täg-
lich mit zwey Stüver zukommen können: ihr gewöhn-
liches Fleisch ist ein Topff Milhio oder gescheelte Ger-

sten
Beſchreibung

So bald das Kind gebohrẽ/ wird der Prieſter geho-
let/ den man hier Feticheer oder Confoe nennet/ ſel-
biger bindet dem Kinde alſobald um den Hals/ die Ar-
me und Beine/ unterſchiedliche Schnuͤre von Coral-
len und anderen Poſſen mehr/ welche er zuvor mit ih-
ren gewoͤhnlichen Teuffels-Beſchwerungen geheili-
get/ dadurch das Kind wie ſie meynen von allerhand
Kranckheiten und traurigen Zufaͤllen frey bleibet.
Jn Warheit ich glaube ſelbſt/ daß dieſe Beſchwerun-
gen ſo kraͤfftig ſeyn/ als wenn ſie der Pabſt von Rom
ſelbſt geſaget haͤtte/ ihr koͤnnet hieraus abnehmen was
fuͤr Gewalt hieſige Geiſtliche uͤber die unſaubern Gei-
ſter beſitzen. Sonſten dienen dergleichen Schnuͤre
denen Kindern an Statt ihrer Kleidung bis ins ſieben-
de oder achte Jahr/ als denn ihnen eine Ehle oder hal-
be Ehle gegeben wird/ damit ſie ſich recht kleiden
moͤgen.

Dafern der Vater ein Fiſcher oder Handwercks-
mann iſt/ lehret er ſeinem Sohn (wann es anders ei-
ner iſt/ und Luſt dazu) das Handwerck was er ſelbſt
kan; denn weil jener gleich im Anfang ſeiner Jugend
fuͤr ſich ſelbſt ſorgen muß/ ſtehet es ihm frey nach eige-
nem Gefallen dieſes oder jenes Handwerck zu ergreif-
fen/ ohne daß Vater und Mutter dawider ſprechen
doͤrffen/

Jhr habet allbereit vernommen wie vergnuͤget der
Mohren Kinder ſind mit ein wenig Brodt/ ſo und
nicht anders halten ſie auch Haus/ wenn ihre Jahre
zunehmen/ ja man koͤnnte ſie eher einer allzu groſſen
Nuͤchterheit als Uberfluſſes beſchuldigen/ denn ſie taͤg-
lich mit zwey Stuͤver zukommen koͤnnen: ihr gewoͤhn-
liches Fleiſch iſt ein Topff Milhio oder geſcheelte Ger-

ſten
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[154/0198] Beſchreibung So bald das Kind gebohrẽ/ wird der Prieſter geho- let/ den man hier Feticheer oder Confoe nennet/ ſel- biger bindet dem Kinde alſobald um den Hals/ die Ar- me und Beine/ unterſchiedliche Schnuͤre von Coral- len und anderen Poſſen mehr/ welche er zuvor mit ih- ren gewoͤhnlichen Teuffels-Beſchwerungen geheili- get/ dadurch das Kind wie ſie meynen von allerhand Kranckheiten und traurigen Zufaͤllen frey bleibet. Jn Warheit ich glaube ſelbſt/ daß dieſe Beſchwerun- gen ſo kraͤfftig ſeyn/ als wenn ſie der Pabſt von Rom ſelbſt geſaget haͤtte/ ihr koͤnnet hieraus abnehmen was fuͤr Gewalt hieſige Geiſtliche uͤber die unſaubern Gei- ſter beſitzen. Sonſten dienen dergleichen Schnuͤre denen Kindern an Statt ihrer Kleidung bis ins ſieben- de oder achte Jahr/ als denn ihnen eine Ehle oder hal- be Ehle gegeben wird/ damit ſie ſich recht kleiden moͤgen. Dafern der Vater ein Fiſcher oder Handwercks- mann iſt/ lehret er ſeinem Sohn (wann es anders ei- ner iſt/ und Luſt dazu) das Handwerck was er ſelbſt kan; denn weil jener gleich im Anfang ſeiner Jugend fuͤr ſich ſelbſt ſorgen muß/ ſtehet es ihm frey nach eige- nem Gefallen dieſes oder jenes Handwerck zu ergreif- fen/ ohne daß Vater und Mutter dawider ſprechen doͤrffen/ Jhr habet allbereit vernommen wie vergnuͤget der Mohren Kinder ſind mit ein wenig Brodt/ ſo und nicht anders halten ſie auch Haus/ wenn ihre Jahre zunehmen/ ja man koͤnnte ſie eher einer allzu groſſen Nuͤchterheit als Uberfluſſes beſchuldigen/ denn ſie taͤg- lich mit zwey Stuͤver zukommen koͤnnen: ihr gewoͤhn- liches Fleiſch iſt ein Topff Milhio oder geſcheelte Ger- ſten

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/198>, abgerufen am 28.04.2024.