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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
seines mitgebrachten Geschencks/ sein Anbringen/ mit
dieser Bitte/ sie wollen der Sache auf das geschwinde-
ste abhelffen/ und ihm wider seinen Feind dieselbige er-
halten lassen. Soferne sie nun demselben günstig seyn/
ruffen sie inner halb zwey oder drey Tage den gantzen
Raht zusammen/ und sprechen endlich nach langen
Rahtschlägen das Urtheil nach jenes seinem Verlan-
gen/ bisweilen wider alles Recht und Gerechtigkeit/
bloß weil sie von ihm bestochen worden.

Jm Gegentheil aber/ wenn sie ihm nicht wohl wol-
len/ und vielleicht vom Gegener bessere Gaben em-
pfangen/ muß er ohngeachtet alles seines Rechtens die
Sache verliehren/ oder wenigstens auf das End-Ur-
theil und Entscheidung vergeblich warten; so daß er
genöthiget wird auf bessere Gelegenheit zu hoffen/ daß
er vielleicht von dem neuen Richter besser gehöret wer-
de/ welches öffters Zeit seines Lebens nicht geschiehet/
daß die Richter verändert werden/ sondern die Sache
unentschieden seinen Anverwandten als eine Erb-
schafft nachlassen muß/ die denn zu gelegener Zeit/ und
wenn es auch erst nach dreyßig Jahren geschehen soll/
das Jhrige wissen einzufordern/ wie wir dergleichen
Exempel viel gesehen: da gewiß zu verwundern/ daß
diese Leute/ die weder Schreibens noch Lesens kündig/
so lange Jahre ihre Anfoderung an den andern behal-
ten können.

So geschiehet es bisweilen/ daß entweder der Klä-
ger oder Beklagter einer von beyden sich wieder alles
Recht der Sache verlustig sehend/ sonsten aber etwas
hitzig ist/ nicht so lange Gedult hat bis auf Eräu-
gung ein oder ander Gelegenheit/ sondern sofern es
möglich sein eigen Richter wird/ und entweder etwas

Gold
N 5

des Landes Gvinea.
ſeines mitgebrachten Geſchencks/ ſein Anbringen/ mit
dieſer Bitte/ ſie wollen der Sache auf das geſchwinde-
ſte abhelffen/ und ihm wider ſeinen Feind dieſelbige er-
halten laſſen. Soferne ſie nun demſelben guͤnſtig ſeyn/
ruffen ſie inner halb zwey oder drey Tage den gantzen
Raht zuſammen/ und ſprechen endlich nach langen
Rahtſchlaͤgen das Urtheil nach jenes ſeinem Verlan-
gen/ bisweilen wider alles Recht und Gerechtigkeit/
bloß weil ſie von ihm beſtochen worden.

Jm Gegentheil aber/ wenn ſie ihm nicht wohl wol-
len/ und vielleicht vom Gegener beſſere Gaben em-
pfangen/ muß er ohngeachtet alles ſeines Rechtens die
Sache verliehren/ oder wenigſtens auf das End-Ur-
theil und Entſcheidung vergeblich warten; ſo daß er
genoͤthiget wird auf beſſere Gelegenheit zu hoffen/ daß
er vielleicht von dem neuen Richter beſſer gehoͤret wer-
de/ welches oͤffters Zeit ſeines Lebens nicht geſchiehet/
daß die Richter veraͤndert werden/ ſondern die Sache
unentſchieden ſeinen Anverwandten als eine Erb-
ſchafft nachlaſſen muß/ die denn zu gelegener Zeit/ und
wenn es auch erſt nach dreyßig Jahren geſchehen ſoll/
das Jhrige wiſſen einzufordern/ wie wir dergleichen
Exempel viel geſehen: da gewiß zu verwundern/ daß
dieſe Leute/ die weder Schreibens noch Leſens kuͤndig/
ſo lange Jahre ihre Anfoderung an den andern behal-
ten koͤnnen.

So geſchiehet es bisweilen/ daß entweder der Klaͤ-
ger oder Beklagter einer von beyden ſich wieder alles
Recht der Sache verluſtig ſehend/ ſonſten aber etwas
hitzig iſt/ nicht ſo lange Gedult hat bis auf Eraͤu-
gung ein oder ander Gelegenheit/ ſondern ſofern es
moͤglich ſein eigen Richter wird/ und entweder etwas

Gold
N 5
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[201/0245] des Landes Gvinea. ſeines mitgebrachten Geſchencks/ ſein Anbringen/ mit dieſer Bitte/ ſie wollen der Sache auf das geſchwinde- ſte abhelffen/ und ihm wider ſeinen Feind dieſelbige er- halten laſſen. Soferne ſie nun demſelben guͤnſtig ſeyn/ ruffen ſie inner halb zwey oder drey Tage den gantzen Raht zuſammen/ und ſprechen endlich nach langen Rahtſchlaͤgen das Urtheil nach jenes ſeinem Verlan- gen/ bisweilen wider alles Recht und Gerechtigkeit/ bloß weil ſie von ihm beſtochen worden. Jm Gegentheil aber/ wenn ſie ihm nicht wohl wol- len/ und vielleicht vom Gegener beſſere Gaben em- pfangen/ muß er ohngeachtet alles ſeines Rechtens die Sache verliehren/ oder wenigſtens auf das End-Ur- theil und Entſcheidung vergeblich warten; ſo daß er genoͤthiget wird auf beſſere Gelegenheit zu hoffen/ daß er vielleicht von dem neuen Richter beſſer gehoͤret wer- de/ welches oͤffters Zeit ſeines Lebens nicht geſchiehet/ daß die Richter veraͤndert werden/ ſondern die Sache unentſchieden ſeinen Anverwandten als eine Erb- ſchafft nachlaſſen muß/ die denn zu gelegener Zeit/ und wenn es auch erſt nach dreyßig Jahren geſchehen ſoll/ das Jhrige wiſſen einzufordern/ wie wir dergleichen Exempel viel geſehen: da gewiß zu verwundern/ daß dieſe Leute/ die weder Schreibens noch Leſens kuͤndig/ ſo lange Jahre ihre Anfoderung an den andern behal- ten koͤnnen. So geſchiehet es bisweilen/ daß entweder der Klaͤ- ger oder Beklagter einer von beyden ſich wieder alles Recht der Sache verluſtig ſehend/ ſonſten aber etwas hitzig iſt/ nicht ſo lange Gedult hat bis auf Eraͤu- gung ein oder ander Gelegenheit/ ſondern ſofern es moͤglich ſein eigen Richter wird/ und entweder etwas Gold N 5

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/245>, abgerufen am 27.04.2024.