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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung
kommt/ darum ja nicht aufhören/ denn diese wissen im
Gegentheil das Wort trefflich mit zu zugeben/ und
bisweilen mehr als die Männer selbst.

Wiewol nun auf besagte Art die Könige in verächt-
licher Gemeinschafft leben mit ihren Sclaven/ unter-
lassen sie dennoch nicht diese um geringen Verbre-
chens halber am Leben zu straffen/ und verschonen auch
keinen/ er müste denn bey ihnen selbst oder dem Volck
in grossem Ansehen seyn/ wie ich derer einige gesehen/
welche mehr galten als die Könige selbst/ denn weil
ihnen ihre Herren das Regiment über einiges Volck
anvertrauen/ handeln sie sehr starck/ und gewinnen
mit der Zeit so viel Sclaven/ daß sie auch selbst von dem
Herrn gefürchtet werden. Wannenhero sie zuwei-
len so vermessen seynd/ daß sie sich wider ihn auffleh-
nen/ und im Königreich viel Unruhe verursachen/ die
nicht eher ein Ende nimmt/ bis der König die Uhrhe-
ber mit reichen Geschencken befriediget.

Ubrigens gereichet es zu hiesigem Königlichen son-
derlichen interesse, wann andere Länder/ so im Krie-
ge begriffen/ ihn um Hülffe ersuchen/ denn er lässet
sich die wohl bezahlen/ und behält das meiste Geld vor
sich/ ohne die wenigste Sorge/ ob der versprochene
Succurs zu rechter Zeit komme oder nicht/ genung/
daß er das Geld in Händen hat; übrigens fehlet es
nimmer an Entschuldigungen/ welche so gekünstelt/
und listig ersonnen/ daß der Verschlagenste solte be-
trogen werden/ ohne den Betrug zu mercken. Noch
besser ists vor den König/ wenn er als Schiedes-
Mann sich gebrauchen lässet/ die streitende Partheyen
zu vergleichen/ weil er alsdenn von beyden Theilen
Heller ziehet/ nnd aus dieser Ursache lassen die meisten

unter

Beſchreibung
kommt/ darum ja nicht aufhoͤren/ denn dieſe wiſſen im
Gegentheil das Wort trefflich mit zu zugeben/ und
bisweilen mehr als die Maͤnner ſelbſt.

Wiewol nun auf beſagte Art die Koͤnige in veraͤcht-
licher Gemeinſchafft leben mit ihren Sclaven/ unter-
laſſen ſie dennoch nicht dieſe um geringen Verbre-
chens halber am Leben zu ſtraffen/ und verſchonen auch
keinen/ er muͤſte denn bey ihnen ſelbſt oder dem Volck
in groſſem Anſehen ſeyn/ wie ich derer einige geſehen/
welche mehr galten als die Koͤnige ſelbſt/ denn weil
ihnen ihre Herren das Regiment uͤber einiges Volck
anvertrauen/ handeln ſie ſehr ſtarck/ und gewinnen
mit der Zeit ſo viel Sclaven/ daß ſie auch ſelbſt von dem
Herrn gefuͤrchtet werden. Wannenhero ſie zuwei-
len ſo vermeſſen ſeynd/ daß ſie ſich wider ihn auffleh-
nen/ und im Koͤnigreich viel Unruhe verurſachen/ die
nicht eher ein Ende nimmt/ bis der Koͤnig die Uhrhe-
ber mit reichen Geſchencken befriediget.

Ubrigens gereichet es zu hieſigem Koͤniglichen ſon-
derlichen intereſſe, wann andere Laͤnder/ ſo im Krie-
ge begriffen/ ihn um Huͤlffe erſuchen/ denn er laͤſſet
ſich die wohl bezahlen/ und behaͤlt das meiſte Geld vor
ſich/ ohne die wenigſte Sorge/ ob der verſprochene
Succurs zu rechter Zeit komme oder nicht/ genung/
daß er das Geld in Haͤnden hat; uͤbrigens fehlet es
nimmer an Entſchuldigungen/ welche ſo gekuͤnſtelt/
und liſtig erſonnen/ daß der Verſchlagenſte ſolte be-
trogen werden/ ohne den Betrug zu mercken. Noch
beſſer iſts vor den Koͤnig/ wenn er als Schiedes-
Mann ſich gebrauchen laͤſſet/ die ſtreitende Partheyen
zu vergleichen/ weil er alsdenn von beyden Theilen
Heller ziehet/ nnd aus dieſer Urſache laſſen die meiſten

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[232/0276] Beſchreibung kommt/ darum ja nicht aufhoͤren/ denn dieſe wiſſen im Gegentheil das Wort trefflich mit zu zugeben/ und bisweilen mehr als die Maͤnner ſelbſt. Wiewol nun auf beſagte Art die Koͤnige in veraͤcht- licher Gemeinſchafft leben mit ihren Sclaven/ unter- laſſen ſie dennoch nicht dieſe um geringen Verbre- chens halber am Leben zu ſtraffen/ und verſchonen auch keinen/ er muͤſte denn bey ihnen ſelbſt oder dem Volck in groſſem Anſehen ſeyn/ wie ich derer einige geſehen/ welche mehr galten als die Koͤnige ſelbſt/ denn weil ihnen ihre Herren das Regiment uͤber einiges Volck anvertrauen/ handeln ſie ſehr ſtarck/ und gewinnen mit der Zeit ſo viel Sclaven/ daß ſie auch ſelbſt von dem Herrn gefuͤrchtet werden. Wannenhero ſie zuwei- len ſo vermeſſen ſeynd/ daß ſie ſich wider ihn auffleh- nen/ und im Koͤnigreich viel Unruhe verurſachen/ die nicht eher ein Ende nimmt/ bis der Koͤnig die Uhrhe- ber mit reichen Geſchencken befriediget. Ubrigens gereichet es zu hieſigem Koͤniglichen ſon- derlichen intereſſe, wann andere Laͤnder/ ſo im Krie- ge begriffen/ ihn um Huͤlffe erſuchen/ denn er laͤſſet ſich die wohl bezahlen/ und behaͤlt das meiſte Geld vor ſich/ ohne die wenigſte Sorge/ ob der verſprochene Succurs zu rechter Zeit komme oder nicht/ genung/ daß er das Geld in Haͤnden hat; uͤbrigens fehlet es nimmer an Entſchuldigungen/ welche ſo gekuͤnſtelt/ und liſtig erſonnen/ daß der Verſchlagenſte ſolte be- trogen werden/ ohne den Betrug zu mercken. Noch beſſer iſts vor den Koͤnig/ wenn er als Schiedes- Mann ſich gebrauchen laͤſſet/ die ſtreitende Partheyen zu vergleichen/ weil er alsdenn von beyden Theilen Heller ziehet/ nnd aus dieſer Urſache laſſen die meiſten unter

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/276>, abgerufen am 11.05.2024.