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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung

Jn Verfolg meiner Beschreibung von wilden und
gefrässigen Thieren/ folget der Cayman, oder unter
mehr bekandtem Nahmen der Crocodil. Selbiges
gehöret unter itzt besagte Thiere nicht/ weil ich selbst
Erfahrung davon habe/ sintemahlen Zeit meines Hie-
seyns ich niemahls gehöret/ ob hätte es einen Menschen
oder Vieh gefressen/ sondern weil ich in andern glaub-
würdigen Autoribus unterschiedliche Exempel von
dessen Grausamkeit und Gefräßigkeit gelesen habe.

Es giebet ihrer in allen hiesigen Flüssen eine un-
glaubliche Menge/ insonderheit zu Chama und Bou-
try,
allwo am letzteren Ort ich öffters mehr als 50. an
einem Tage gesehen/ darunter einige so viel ich sehen
konte/ ohngefehr zwantzig Fuß lang waren.

Wie nun hievon viele Autores allbereit geschrie-
ben haben/ will ich nur dieses hinzusetzen/ was jene viel-
leicht ausgelassen/ oder vergessen haben. Sein Leib
ist mit einer sehr harten Haut bedecket/ in Gestalt vier-
eckigter Schuppen/ so/ daß wenn er alt ist/ mit einer
Kugel nicht füglich durchzubohren; und sind die davon
gemachte Mützen derer Mohren so hart wie ein Bein/
daß mit keinen Säbel durchzuhauen/ und einem
Schildkröten Bein nicht unähnlich sind. Dessen
Unterleib aber ist etwas weicher; wiewol selbige so li-
stig/ daß sie diesen nicht bloß geben/ folglich sehr schwer
zu schiessen/ es sey denn daß sie recht in den Kopff ge-
troffen werden. Bey heissen Sommer-Tagen kom-
men sie sehr häuffig auf den Strand oder Ufer des
Flusses/ um sich an der Sonnen zu erwärmen; so bald
aber erblicken sie keinen nicht/ so schleichen sie allmäh-
lich nahe an das Wasser/ und werffen sich als dann mit
grossem Geräusche in den Fluß/ allwo sie alsofort sich

ver-
Beſchreibung

Jn Verfolg meiner Beſchreibung von wilden und
gefraͤſſigen Thieren/ folget der Cayman, oder unter
mehr bekandtem Nahmen der Crocodil. Selbiges
gehoͤret unter itzt beſagte Thiere nicht/ weil ich ſelbſt
Erfahrung davon habe/ ſintemahlen Zeit meines Hie-
ſeyns ich niemahls gehoͤret/ ob haͤtte es einen Menſchen
oder Vieh gefreſſen/ ſondern weil ich in andern glaub-
wuͤrdigen Autoribus unterſchiedliche Exempel von
deſſen Grauſamkeit und Gefraͤßigkeit geleſen habe.

Es giebet ihrer in allen hieſigen Fluͤſſen eine un-
glaubliche Menge/ inſonderheit zu Chama und Bou-
try,
allwo am letzteren Ort ich oͤffters mehr als 50. an
einem Tage geſehen/ darunter einige ſo viel ich ſehen
konte/ ohngefehr zwantzig Fuß lang waren.

Wie nun hievon viele Autores allbereit geſchrie-
ben haben/ will ich nur dieſes hinzuſetzen/ was jene viel-
leicht ausgelaſſen/ oder vergeſſen haben. Sein Leib
iſt mit einer ſehr harten Haut bedecket/ in Geſtalt vier-
eckigter Schuppen/ ſo/ daß wenn er alt iſt/ mit einer
Kugel nicht fuͤglich durchzubohren; und ſind die davon
gemachte Muͤtzen derer Mohren ſo hart wie ein Bein/
daß mit keinen Saͤbel durchzuhauen/ und einem
Schildkroͤten Bein nicht unaͤhnlich ſind. Deſſen
Unterleib aber iſt etwas weicher; wiewol ſelbige ſo li-
ſtig/ daß ſie dieſen nicht bloß geben/ folglich ſehr ſchwer
zu ſchieſſen/ es ſey denn daß ſie recht in den Kopff ge-
troffen werden. Bey heiſſen Sommer-Tagen kom-
men ſie ſehr haͤuffig auf den Strand oder Ufer des
Fluſſes/ um ſich an der Sonnen zu erwaͤrmen; ſo bald
aber erblicken ſie keinen nicht/ ſo ſchleichen ſie allmaͤh-
lich nahe an das Waſſer/ und werffen ſich als dann mit
groſſem Geraͤuſche in den Fluß/ allwo ſie alſofort ſich

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[292/0336] Beſchreibung Jn Verfolg meiner Beſchreibung von wilden und gefraͤſſigen Thieren/ folget der Cayman, oder unter mehr bekandtem Nahmen der Crocodil. Selbiges gehoͤret unter itzt beſagte Thiere nicht/ weil ich ſelbſt Erfahrung davon habe/ ſintemahlen Zeit meines Hie- ſeyns ich niemahls gehoͤret/ ob haͤtte es einen Menſchen oder Vieh gefreſſen/ ſondern weil ich in andern glaub- wuͤrdigen Autoribus unterſchiedliche Exempel von deſſen Grauſamkeit und Gefraͤßigkeit geleſen habe. Es giebet ihrer in allen hieſigen Fluͤſſen eine un- glaubliche Menge/ inſonderheit zu Chama und Bou- try, allwo am letzteren Ort ich oͤffters mehr als 50. an einem Tage geſehen/ darunter einige ſo viel ich ſehen konte/ ohngefehr zwantzig Fuß lang waren. Wie nun hievon viele Autores allbereit geſchrie- ben haben/ will ich nur dieſes hinzuſetzen/ was jene viel- leicht ausgelaſſen/ oder vergeſſen haben. Sein Leib iſt mit einer ſehr harten Haut bedecket/ in Geſtalt vier- eckigter Schuppen/ ſo/ daß wenn er alt iſt/ mit einer Kugel nicht fuͤglich durchzubohren; und ſind die davon gemachte Muͤtzen derer Mohren ſo hart wie ein Bein/ daß mit keinen Saͤbel durchzuhauen/ und einem Schildkroͤten Bein nicht unaͤhnlich ſind. Deſſen Unterleib aber iſt etwas weicher; wiewol ſelbige ſo li- ſtig/ daß ſie dieſen nicht bloß geben/ folglich ſehr ſchwer zu ſchieſſen/ es ſey denn daß ſie recht in den Kopff ge- troffen werden. Bey heiſſen Sommer-Tagen kom- men ſie ſehr haͤuffig auf den Strand oder Ufer des Fluſſes/ um ſich an der Sonnen zu erwaͤrmen; ſo bald aber erblicken ſie keinen nicht/ ſo ſchleichen ſie allmaͤh- lich nahe an das Waſſer/ und werffen ſich als dann mit groſſem Geraͤuſche in den Fluß/ allwo ſie alſofort ſich ver-

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/336>, abgerufen am 11.05.2024.