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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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stehe, über dem Boden ist, so hat sich der Boden bis dorthin um
10 Zoll gesenkt.

Statt dieser unvollkommenen Wasserwaage ist es freilich
besser, sich der feinere Angaben erlaubenden Niveaus mit einer
Luftblase zu bedienen, wo nämlich die Röhre LM (Fig. 79.) nicht
ganz mit Flüssigkeit gefüllt ist, und wo bei genau horizontaler
Stellung der Röhre LM, der leere Raum genau die Mitte ein-
nehmen muß. Diese ist zu diesem Zwecke durch Theilstriche, die
von der genauen Mitte an nach beiden Seiten mit gleichen Zahlen
bezeichnet sind, kenntlich gemacht. Wenn mit diesem Niveau ein
Fernrohr PQ so verbunden ist, daß die Axe des Fernrohrs genau
horizontal steht, wenn sich die Luftblase in der Mitte befindet, so
dient dieses, um Puncte, mit der Axe des Fernrohrs gleich hoch,
zu bestimmen. Dabei bietet sich zugleich ein Mittel dar, um zu
entdecken, ob wirklich die Axe des Fernrohres horizontal ist, wenn
das Niveau die richtige Stellung erreicht hat. Wäre dies nicht
der Fall, sondern wäre (Fig. 80.) das Fernrohr AB nicht mit dem
Niveau cd parallel, so würde man nach einem unrichtigen Puncte
E des entfernten Gegenstandes visiren; aber wenn man das Ni-
veau so umwendet, daß c nach der Seite kömmt, wo vorhin d
war, und nun das Fernrohr AB in seinen ungleich hohen Unter-
lagen so legt, daß man abermals nach jenem Gegenstande visiren
kann, so wird die neue Lage des Fernrohres ab auf einen zu tiefen
Punct F gerichtet sein, wenn es vorhin auf einen zu hohen Punct
E gerichtet war, und man erkennt sogleich den Fehler des Instru-
ments. Bei dem gewöhnlichen Gebrauche des Nivellir-Instru-
ments bedarf man meistens keiner so überaus großen Genauigkeit
des Niveaus; denn wenn auch, bei dem Berichtigen der Stellung,
das Fernrohr um eine ganze Minute von der Horizontallinie ab-
wiche, so würde, bei einer Entfernung von 250 Fuß, der Fehler
in der Höhe doch noch keinen Zoll betragen. Und es ist freilich
ein Glück, daß man bei der unsichern Aufstellung im Freien keiner
größern Genauigkeit zu bedürfen pflegt, indem es schwer sein würde,
bei den hier unvermeidlichen Schwankungen des Instruments, die
äußerste Genauigkeit zu erreichen. Diejenigen Niveaus, deren der
Astronom sich bedient, um der Axe seines Mittagsfernrohrs eine
horizontale Lage zu geben, oder überhaupt die Stellung der Instru-

ſtehe, uͤber dem Boden iſt, ſo hat ſich der Boden bis dorthin um
10 Zoll geſenkt.

Statt dieſer unvollkommenen Waſſerwaage iſt es freilich
beſſer, ſich der feinere Angaben erlaubenden Niveaus mit einer
Luftblaſe zu bedienen, wo naͤmlich die Roͤhre LM (Fig. 79.) nicht
ganz mit Fluͤſſigkeit gefuͤllt iſt, und wo bei genau horizontaler
Stellung der Roͤhre LM, der leere Raum genau die Mitte ein-
nehmen muß. Dieſe iſt zu dieſem Zwecke durch Theilſtriche, die
von der genauen Mitte an nach beiden Seiten mit gleichen Zahlen
bezeichnet ſind, kenntlich gemacht. Wenn mit dieſem Niveau ein
Fernrohr PQ ſo verbunden iſt, daß die Axe des Fernrohrs genau
horizontal ſteht, wenn ſich die Luftblaſe in der Mitte befindet, ſo
dient dieſes, um Puncte, mit der Axe des Fernrohrs gleich hoch,
zu beſtimmen. Dabei bietet ſich zugleich ein Mittel dar, um zu
entdecken, ob wirklich die Axe des Fernrohres horizontal iſt, wenn
das Niveau die richtige Stellung erreicht hat. Waͤre dies nicht
der Fall, ſondern waͤre (Fig. 80.) das Fernrohr AB nicht mit dem
Niveau cd parallel, ſo wuͤrde man nach einem unrichtigen Puncte
E des entfernten Gegenſtandes viſiren; aber wenn man das Ni-
veau ſo umwendet, daß c nach der Seite koͤmmt, wo vorhin d
war, und nun das Fernrohr AB in ſeinen ungleich hohen Unter-
lagen ſo legt, daß man abermals nach jenem Gegenſtande viſiren
kann, ſo wird die neue Lage des Fernrohres ab auf einen zu tiefen
Punct F gerichtet ſein, wenn es vorhin auf einen zu hohen Punct
E gerichtet war, und man erkennt ſogleich den Fehler des Inſtru-
ments. Bei dem gewoͤhnlichen Gebrauche des Nivellir-Inſtru-
ments bedarf man meiſtens keiner ſo uͤberaus großen Genauigkeit
des Niveaus; denn wenn auch, bei dem Berichtigen der Stellung,
das Fernrohr um eine ganze Minute von der Horizontallinie ab-
wiche, ſo wuͤrde, bei einer Entfernung von 250 Fuß, der Fehler
in der Hoͤhe doch noch keinen Zoll betragen. Und es iſt freilich
ein Gluͤck, daß man bei der unſichern Aufſtellung im Freien keiner
groͤßern Genauigkeit zu beduͤrfen pflegt, indem es ſchwer ſein wuͤrde,
bei den hier unvermeidlichen Schwankungen des Inſtruments, die
aͤußerſte Genauigkeit zu erreichen. Diejenigen Niveaus, deren der
Aſtronom ſich bedient, um der Axe ſeines Mittagsfernrohrs eine
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[137/0159] ſtehe, uͤber dem Boden iſt, ſo hat ſich der Boden bis dorthin um 10 Zoll geſenkt. Statt dieſer unvollkommenen Waſſerwaage iſt es freilich beſſer, ſich der feinere Angaben erlaubenden Niveaus mit einer Luftblaſe zu bedienen, wo naͤmlich die Roͤhre LM (Fig. 79.) nicht ganz mit Fluͤſſigkeit gefuͤllt iſt, und wo bei genau horizontaler Stellung der Roͤhre LM, der leere Raum genau die Mitte ein- nehmen muß. Dieſe iſt zu dieſem Zwecke durch Theilſtriche, die von der genauen Mitte an nach beiden Seiten mit gleichen Zahlen bezeichnet ſind, kenntlich gemacht. Wenn mit dieſem Niveau ein Fernrohr PQ ſo verbunden iſt, daß die Axe des Fernrohrs genau horizontal ſteht, wenn ſich die Luftblaſe in der Mitte befindet, ſo dient dieſes, um Puncte, mit der Axe des Fernrohrs gleich hoch, zu beſtimmen. Dabei bietet ſich zugleich ein Mittel dar, um zu entdecken, ob wirklich die Axe des Fernrohres horizontal iſt, wenn das Niveau die richtige Stellung erreicht hat. Waͤre dies nicht der Fall, ſondern waͤre (Fig. 80.) das Fernrohr AB nicht mit dem Niveau cd parallel, ſo wuͤrde man nach einem unrichtigen Puncte E des entfernten Gegenſtandes viſiren; aber wenn man das Ni- veau ſo umwendet, daß c nach der Seite koͤmmt, wo vorhin d war, und nun das Fernrohr AB in ſeinen ungleich hohen Unter- lagen ſo legt, daß man abermals nach jenem Gegenſtande viſiren kann, ſo wird die neue Lage des Fernrohres ab auf einen zu tiefen Punct F gerichtet ſein, wenn es vorhin auf einen zu hohen Punct E gerichtet war, und man erkennt ſogleich den Fehler des Inſtru- ments. Bei dem gewoͤhnlichen Gebrauche des Nivellir-Inſtru- ments bedarf man meiſtens keiner ſo uͤberaus großen Genauigkeit des Niveaus; denn wenn auch, bei dem Berichtigen der Stellung, das Fernrohr um eine ganze Minute von der Horizontallinie ab- wiche, ſo wuͤrde, bei einer Entfernung von 250 Fuß, der Fehler in der Hoͤhe doch noch keinen Zoll betragen. Und es iſt freilich ein Gluͤck, daß man bei der unſichern Aufſtellung im Freien keiner groͤßern Genauigkeit zu beduͤrfen pflegt, indem es ſchwer ſein wuͤrde, bei den hier unvermeidlichen Schwankungen des Inſtruments, die aͤußerſte Genauigkeit zu erreichen. Diejenigen Niveaus, deren der Aſtronom ſich bedient, um der Axe ſeines Mittagsfernrohrs eine horizontale Lage zu geben, oder uͤberhaupt die Stellung der Inſtru-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/159>, abgerufen am 05.05.2024.