Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

sind, so ist der Druck auf cd in Rücksicht auf seine verticale
Wirkung genau um so viel überwiegend über den verticalen Druck
auf ab, als das Gewicht einer den Raum abcd füllenden
Wassersäule angiebt. Wenn der Körper nicht ganz eingetaucht
ist, so ist, so wie Fig. 91. allein der hebende Druck auf die
untere Fläche vorhanden, der in jedem kleinen Theile gh dem
Gewichte einer den Raum klgh füllenden Wassersäule gleich ist,
im Ganzen also so viel beträgt, als das Gewicht des Wassers,
welches aus seiner Stelle gedrängt ist, oder welches den Raum
LMKH ausfüllen würde, wenn der feste Körper dies nicht hinderte.

Hiemit sind alle Umstände bestimmt, von welchen es ab-
hängt, ob ein fester Körper sich im Wasser schwimmend erhalten
oder untersinken soll, und wie tief er sich im ersten Falle ein-
taucht. Das Gewicht des festen Körpers wirkt jener hebenden
Kraft des Wassers entgegen, und der Körper sinkt, wenn jenes
Gewicht mehr beträgt, als dieser hebende Wasserdruck, statt daß
er im entgegengesetzten Falle aufsteigt. Beträgt das Gewicht
des ganzen Körpers weniger, als das Gewicht desjenigen Wassers,
welches er, ganz untergetaucht, aus der Stelle treibt, so müssen
wir ihn mit einiger Gewalt unter Wasser erhalten, so lange
er ganz untergetaucht ist; hat er sich aber zum Theil über die Ober-
fläche des Wassers erhoben, so ruhet er und dies genau dann,
wenn die jetzt noch aus der Stelle getriebene Wassermasse genau
so viel wiegt, als der ganze Körper. -- Die Kraft, mit welcher
der leichtere Körper aufwärts strebt, ist immer gleich groß, er
mag sich in großer oder in geringer Tiefe befinden, und es ist ein
unrichtiges Vorurtheil, daß er durch den größern Druck einer
höher über ihm stehenden Wassermasse mehr hinabgedrückt werde --
das ist freilich der Fall, aber der heraufdrängende Druck ist auch
in eben dem Maaße größer.

Ehe ich zu den merkwürdigen Anwendungen übergehe, die
man von diesem Verluste an Gewicht, welchen die festen Körper
im Wasser leiden, machen kann, muß ich einen Versuch angeben,
welcher vollkommen deutlich die Größe dieses Verlustes an Gewicht
zeigt. Man hängt an dem einen Arme einer Waageschale den
soliden metallenen Würfel AB, (Fig. 92.) an einem Faden hän-
gend, auf, und über ihm ist das cubische Gefäß CD, dessen in-

ſind, ſo iſt der Druck auf cd in Ruͤckſicht auf ſeine verticale
Wirkung genau um ſo viel uͤberwiegend uͤber den verticalen Druck
auf ab, als das Gewicht einer den Raum abcd fuͤllenden
Waſſerſaͤule angiebt. Wenn der Koͤrper nicht ganz eingetaucht
iſt, ſo iſt, ſo wie Fig. 91. allein der hebende Druck auf die
untere Flaͤche vorhanden, der in jedem kleinen Theile gh dem
Gewichte einer den Raum klgh fuͤllenden Waſſerſaͤule gleich iſt,
im Ganzen alſo ſo viel betraͤgt, als das Gewicht des Waſſers,
welches aus ſeiner Stelle gedraͤngt iſt, oder welches den Raum
LMKH ausfuͤllen wuͤrde, wenn der feſte Koͤrper dies nicht hinderte.

Hiemit ſind alle Umſtaͤnde beſtimmt, von welchen es ab-
haͤngt, ob ein feſter Koͤrper ſich im Waſſer ſchwimmend erhalten
oder unterſinken ſoll, und wie tief er ſich im erſten Falle ein-
taucht. Das Gewicht des feſten Koͤrpers wirkt jener hebenden
Kraft des Waſſers entgegen, und der Koͤrper ſinkt, wenn jenes
Gewicht mehr betraͤgt, als dieſer hebende Waſſerdruck, ſtatt daß
er im entgegengeſetzten Falle aufſteigt. Betraͤgt das Gewicht
des ganzen Koͤrpers weniger, als das Gewicht desjenigen Waſſers,
welches er, ganz untergetaucht, aus der Stelle treibt, ſo muͤſſen
wir ihn mit einiger Gewalt unter Waſſer erhalten, ſo lange
er ganz untergetaucht iſt; hat er ſich aber zum Theil uͤber die Ober-
flaͤche des Waſſers erhoben, ſo ruhet er und dies genau dann,
wenn die jetzt noch aus der Stelle getriebene Waſſermaſſe genau
ſo viel wiegt, als der ganze Koͤrper. — Die Kraft, mit welcher
der leichtere Koͤrper aufwaͤrts ſtrebt, iſt immer gleich groß, er
mag ſich in großer oder in geringer Tiefe befinden, und es iſt ein
unrichtiges Vorurtheil, daß er durch den groͤßern Druck einer
hoͤher uͤber ihm ſtehenden Waſſermaſſe mehr hinabgedruͤckt werde —
das iſt freilich der Fall, aber der heraufdraͤngende Druck iſt auch
in eben dem Maaße groͤßer.

Ehe ich zu den merkwuͤrdigen Anwendungen uͤbergehe, die
man von dieſem Verluſte an Gewicht, welchen die feſten Koͤrper
im Waſſer leiden, machen kann, muß ich einen Verſuch angeben,
welcher vollkommen deutlich die Groͤße dieſes Verluſtes an Gewicht
zeigt. Man haͤngt an dem einen Arme einer Waageſchale den
ſoliden metallenen Wuͤrfel AB, (Fig. 92.) an einem Faden haͤn-
gend, auf, und uͤber ihm iſt das cubiſche Gefaͤß CD, deſſen in-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0172" n="150"/>
&#x017F;ind, &#x017F;o i&#x017F;t der Druck auf <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">cd</hi></hi> in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf &#x017F;eine verticale<lb/>
Wirkung genau um &#x017F;o viel u&#x0364;berwiegend u&#x0364;ber den verticalen Druck<lb/>
auf <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ab,</hi></hi> als das Gewicht einer den Raum <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">abcd</hi></hi> fu&#x0364;llenden<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;a&#x0364;ule angiebt. Wenn der Ko&#x0364;rper nicht ganz eingetaucht<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t, &#x017F;o wie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 91.</hi></hi> allein der hebende Druck auf die<lb/>
untere Fla&#x0364;che vorhanden, der in jedem kleinen Theile <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">gh</hi></hi> dem<lb/>
Gewichte einer den Raum <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">klgh</hi></hi> fu&#x0364;llenden Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;a&#x0364;ule gleich i&#x017F;t,<lb/>
im Ganzen al&#x017F;o &#x017F;o viel betra&#x0364;gt, als das Gewicht des Wa&#x017F;&#x017F;ers,<lb/>
welches aus &#x017F;einer Stelle gedra&#x0364;ngt i&#x017F;t, oder welches den Raum<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">LMKH</hi></hi> ausfu&#x0364;llen wu&#x0364;rde, wenn der fe&#x017F;te Ko&#x0364;rper dies nicht hinderte.</p><lb/>
          <p>Hiemit &#x017F;ind alle Um&#x017F;ta&#x0364;nde be&#x017F;timmt, von welchen es ab-<lb/>
ha&#x0364;ngt, ob ein fe&#x017F;ter Ko&#x0364;rper &#x017F;ich im Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chwimmend erhalten<lb/>
oder unter&#x017F;inken &#x017F;oll, und wie tief er &#x017F;ich im er&#x017F;ten Falle ein-<lb/>
taucht. Das Gewicht des fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rpers wirkt jener hebenden<lb/>
Kraft des Wa&#x017F;&#x017F;ers entgegen, und der Ko&#x0364;rper &#x017F;inkt, wenn jenes<lb/>
Gewicht mehr betra&#x0364;gt, als die&#x017F;er hebende Wa&#x017F;&#x017F;erdruck, &#x017F;tatt daß<lb/>
er im entgegenge&#x017F;etzten Falle auf&#x017F;teigt. Betra&#x0364;gt das Gewicht<lb/>
des ganzen Ko&#x0364;rpers weniger, als das Gewicht desjenigen Wa&#x017F;&#x017F;ers,<lb/>
welches er, ganz untergetaucht, aus der Stelle treibt, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir ihn mit einiger Gewalt unter Wa&#x017F;&#x017F;er erhalten, &#x017F;o lange<lb/>
er ganz untergetaucht i&#x017F;t; hat er &#x017F;ich aber zum Theil u&#x0364;ber die Ober-<lb/>
fla&#x0364;che des Wa&#x017F;&#x017F;ers erhoben, &#x017F;o ruhet er und dies genau dann,<lb/>
wenn die jetzt noch aus der Stelle getriebene Wa&#x017F;&#x017F;erma&#x017F;&#x017F;e genau<lb/>
&#x017F;o viel wiegt, als der ganze Ko&#x0364;rper. &#x2014; Die Kraft, mit welcher<lb/>
der leichtere Ko&#x0364;rper aufwa&#x0364;rts &#x017F;trebt, i&#x017F;t immer gleich groß, er<lb/>
mag &#x017F;ich in großer oder in geringer Tiefe befinden, und es i&#x017F;t ein<lb/>
unrichtiges Vorurtheil, daß er durch den gro&#x0364;ßern Druck einer<lb/>
ho&#x0364;her u&#x0364;ber ihm &#x017F;tehenden Wa&#x017F;&#x017F;erma&#x017F;&#x017F;e mehr hinabgedru&#x0364;ckt werde &#x2014;<lb/>
das i&#x017F;t freilich der Fall, aber der heraufdra&#x0364;ngende Druck i&#x017F;t auch<lb/>
in eben dem Maaße gro&#x0364;ßer.</p><lb/>
          <p>Ehe ich zu den merkwu&#x0364;rdigen Anwendungen u&#x0364;bergehe, die<lb/>
man von die&#x017F;em Verlu&#x017F;te an Gewicht, welchen die fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rper<lb/>
im Wa&#x017F;&#x017F;er leiden, machen kann, muß ich einen Ver&#x017F;uch angeben,<lb/>
welcher vollkommen deutlich die Gro&#x0364;ße die&#x017F;es Verlu&#x017F;tes an Gewicht<lb/>
zeigt. Man ha&#x0364;ngt an dem einen Arme einer Waage&#x017F;chale den<lb/>
&#x017F;oliden metallenen Wu&#x0364;rfel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB,</hi></hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 92.</hi></hi>) an einem Faden ha&#x0364;n-<lb/>
gend, auf, und u&#x0364;ber ihm i&#x017F;t das cubi&#x017F;che Gefa&#x0364;ß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CD,</hi></hi> de&#x017F;&#x017F;en in-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0172] ſind, ſo iſt der Druck auf cd in Ruͤckſicht auf ſeine verticale Wirkung genau um ſo viel uͤberwiegend uͤber den verticalen Druck auf ab, als das Gewicht einer den Raum abcd fuͤllenden Waſſerſaͤule angiebt. Wenn der Koͤrper nicht ganz eingetaucht iſt, ſo iſt, ſo wie Fig. 91. allein der hebende Druck auf die untere Flaͤche vorhanden, der in jedem kleinen Theile gh dem Gewichte einer den Raum klgh fuͤllenden Waſſerſaͤule gleich iſt, im Ganzen alſo ſo viel betraͤgt, als das Gewicht des Waſſers, welches aus ſeiner Stelle gedraͤngt iſt, oder welches den Raum LMKH ausfuͤllen wuͤrde, wenn der feſte Koͤrper dies nicht hinderte. Hiemit ſind alle Umſtaͤnde beſtimmt, von welchen es ab- haͤngt, ob ein feſter Koͤrper ſich im Waſſer ſchwimmend erhalten oder unterſinken ſoll, und wie tief er ſich im erſten Falle ein- taucht. Das Gewicht des feſten Koͤrpers wirkt jener hebenden Kraft des Waſſers entgegen, und der Koͤrper ſinkt, wenn jenes Gewicht mehr betraͤgt, als dieſer hebende Waſſerdruck, ſtatt daß er im entgegengeſetzten Falle aufſteigt. Betraͤgt das Gewicht des ganzen Koͤrpers weniger, als das Gewicht desjenigen Waſſers, welches er, ganz untergetaucht, aus der Stelle treibt, ſo muͤſſen wir ihn mit einiger Gewalt unter Waſſer erhalten, ſo lange er ganz untergetaucht iſt; hat er ſich aber zum Theil uͤber die Ober- flaͤche des Waſſers erhoben, ſo ruhet er und dies genau dann, wenn die jetzt noch aus der Stelle getriebene Waſſermaſſe genau ſo viel wiegt, als der ganze Koͤrper. — Die Kraft, mit welcher der leichtere Koͤrper aufwaͤrts ſtrebt, iſt immer gleich groß, er mag ſich in großer oder in geringer Tiefe befinden, und es iſt ein unrichtiges Vorurtheil, daß er durch den groͤßern Druck einer hoͤher uͤber ihm ſtehenden Waſſermaſſe mehr hinabgedruͤckt werde — das iſt freilich der Fall, aber der heraufdraͤngende Druck iſt auch in eben dem Maaße groͤßer. Ehe ich zu den merkwuͤrdigen Anwendungen uͤbergehe, die man von dieſem Verluſte an Gewicht, welchen die feſten Koͤrper im Waſſer leiden, machen kann, muß ich einen Verſuch angeben, welcher vollkommen deutlich die Groͤße dieſes Verluſtes an Gewicht zeigt. Man haͤngt an dem einen Arme einer Waageſchale den ſoliden metallenen Wuͤrfel AB, (Fig. 92.) an einem Faden haͤn- gend, auf, und uͤber ihm iſt das cubiſche Gefaͤß CD, deſſen in-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/172
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/172>, abgerufen am 05.05.2024.