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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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des in (Fig. 120.) größer dargestellten beweglichen Stückes genau
an der Scale so hoch, als die Quecksilber-Oberfläche. Damit
man sie genau richtig stellen könne, bedient man sich des Micro-
scopes. Der erste Theilstrich zeigt uns nun zwar die ganzen Linien
der Barometerhöhe an der Scale sogleich an, aber wir verlangen
wenigstens auch noch die Zehntel der Linie nicht bloß zu schätzen,
sondern genau abzulesen; hiezu dient der Ronius oder Vernier,
dessen Einrichtung folgende ist. Statt daß auf der Scale selbst die
einzelnen Linien aufgetragen sind, hat man in der Theilung
auf dem beweglichen Stücke, welche den Vernier oder Ronius
darstellt, den Raum von 9 Linien in 10 gleiche Theile getheilt.
Treffen also (Fig. 120.) bei c zwei Theilstriche, der Scale näm-
lich und des Vernier, genau zusammen, so sind die nächsten d, e
um Linie, die zweiten folgenden f und g um zwei zehntel
aus einander, und wenn der Inder, nämlich die mit dem am Ver-
nier befindlichen Haare zusammentreffende Linie, um fünf Zehntel
von der vollen Linientheilung der Scale absteht, so erkennen wir
dies an dem genauen Zusammentreffen des fünften Theilstriches.
(Fig. 121.) stellt in a den Theilstrich des Vernier vor, der mit
dem Haare zusammentrifft, in b den fünften, der auf eine volle
Linie der Scale I m zeigt.

Ich würde mich bei diesen genauen Anweisungen nicht so
lange aufhalten, wenn es nicht ein Instrument beträfe, das in
aller Menschen Händen ist, und von welchem Sie selbst gewiß
oft eine möglichst genaue Anwendung zu machen wünschen. Daß
das Barometer genau vertical hängen muß, damit das, was wir
ablesen, auch der wahre Höhen-Unterschied der beiden Quecksilber-
Oberflächen sei, versteht sich von selbst. Daß man durch einige
ganz leise Stöße muß zu bewirken suchen, daß das Quecksilber den
Widerstand an den Röhrenwänden überwinde, und genau die dem
Luftdrucke angemessene Höhe erreiche, ist eine Regel, die vorzüglich
bei engen Röhren nicht zu übersehen ist. Um aber bei Gefäßba-
rometern, weil da bald eine weitere, bald eine engere Röhre ge-
wählt ist, die Höhen richtig zu erhalten, muß man noch bemerken,
daß bei engen Röhren das Quecksilber, selbst mit seiner höchsten
Wölbung, (auf welche man immer die Beobachtung zu richten
hat,) ein wenig zu niedrig steht, und daß deshalb eine kleine Cor-

des in (Fig. 120.) groͤßer dargeſtellten beweglichen Stuͤckes genau
an der Scale ſo hoch, als die Queckſilber-Oberflaͤche. Damit
man ſie genau richtig ſtellen koͤnne, bedient man ſich des Micro-
ſcopes. Der erſte Theilſtrich zeigt uns nun zwar die ganzen Linien
der Barometerhoͤhe an der Scale ſogleich an, aber wir verlangen
wenigſtens auch noch die Zehntel der Linie nicht bloß zu ſchaͤtzen,
ſondern genau abzuleſen; hiezu dient der Ronius oder Vernier,
deſſen Einrichtung folgende iſt. Statt daß auf der Scale ſelbſt die
einzelnen Linien aufgetragen ſind, hat man in der Theilung
auf dem beweglichen Stuͤcke, welche den Vernier oder Ronius
darſtellt, den Raum von 9 Linien in 10 gleiche Theile getheilt.
Treffen alſo (Fig. 120.) bei c zwei Theilſtriche, der Scale naͤm-
lich und des Vernier, genau zuſammen, ſo ſind die naͤchſten d, e
um Linie, die zweiten folgenden f und g um zwei zehntel
aus einander, und wenn der Inder, naͤmlich die mit dem am Ver-
nier befindlichen Haare zuſammentreffende Linie, um fuͤnf Zehntel
von der vollen Linientheilung der Scale abſteht, ſo erkennen wir
dies an dem genauen Zuſammentreffen des fuͤnften Theilſtriches.
(Fig. 121.) ſtellt in a den Theilſtrich des Vernier vor, der mit
dem Haare zuſammentrifft, in b den fuͤnften, der auf eine volle
Linie der Scale I m zeigt.

Ich wuͤrde mich bei dieſen genauen Anweiſungen nicht ſo
lange aufhalten, wenn es nicht ein Inſtrument betraͤfe, das in
aller Menſchen Haͤnden iſt, und von welchem Sie ſelbſt gewiß
oft eine moͤglichſt genaue Anwendung zu machen wuͤnſchen. Daß
das Barometer genau vertical haͤngen muß, damit das, was wir
ableſen, auch der wahre Hoͤhen-Unterſchied der beiden Queckſilber-
Oberflaͤchen ſei, verſteht ſich von ſelbſt. Daß man durch einige
ganz leiſe Stoͤße muß zu bewirken ſuchen, daß das Queckſilber den
Widerſtand an den Roͤhrenwaͤnden uͤberwinde, und genau die dem
Luftdrucke angemeſſene Hoͤhe erreiche, iſt eine Regel, die vorzuͤglich
bei engen Roͤhren nicht zu uͤberſehen iſt. Um aber bei Gefaͤßba-
rometern, weil da bald eine weitere, bald eine engere Roͤhre ge-
waͤhlt iſt, die Hoͤhen richtig zu erhalten, muß man noch bemerken,
daß bei engen Roͤhren das Queckſilber, ſelbſt mit ſeiner hoͤchſten
Woͤlbung, (auf welche man immer die Beobachtung zu richten
hat,) ein wenig zu niedrig ſteht, und daß deshalb eine kleine Cor-

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[210/0232] des in (Fig. 120.) groͤßer dargeſtellten beweglichen Stuͤckes genau an der Scale ſo hoch, als die Queckſilber-Oberflaͤche. Damit man ſie genau richtig ſtellen koͤnne, bedient man ſich des Micro- ſcopes. Der erſte Theilſtrich zeigt uns nun zwar die ganzen Linien der Barometerhoͤhe an der Scale ſogleich an, aber wir verlangen wenigſtens auch noch die Zehntel der Linie nicht bloß zu ſchaͤtzen, ſondern genau abzuleſen; hiezu dient der Ronius oder Vernier, deſſen Einrichtung folgende iſt. Statt daß auf der Scale ſelbſt die einzelnen Linien aufgetragen ſind, hat man in der Theilung auf dem beweglichen Stuͤcke, welche den Vernier oder Ronius darſtellt, den Raum von 9 Linien in 10 gleiche Theile getheilt. Treffen alſo (Fig. 120.) bei c zwei Theilſtriche, der Scale naͤm- lich und des Vernier, genau zuſammen, ſo ſind die naͤchſten d, e um [FORMEL] Linie, die zweiten folgenden f und g um zwei zehntel aus einander, und wenn der Inder, naͤmlich die mit dem am Ver- nier befindlichen Haare zuſammentreffende Linie, um fuͤnf Zehntel von der vollen Linientheilung der Scale abſteht, ſo erkennen wir dies an dem genauen Zuſammentreffen des fuͤnften Theilſtriches. (Fig. 121.) ſtellt in a den Theilſtrich des Vernier vor, der mit dem Haare zuſammentrifft, in b den fuͤnften, der auf eine volle Linie der Scale I m zeigt. Ich wuͤrde mich bei dieſen genauen Anweiſungen nicht ſo lange aufhalten, wenn es nicht ein Inſtrument betraͤfe, das in aller Menſchen Haͤnden iſt, und von welchem Sie ſelbſt gewiß oft eine moͤglichſt genaue Anwendung zu machen wuͤnſchen. Daß das Barometer genau vertical haͤngen muß, damit das, was wir ableſen, auch der wahre Hoͤhen-Unterſchied der beiden Queckſilber- Oberflaͤchen ſei, verſteht ſich von ſelbſt. Daß man durch einige ganz leiſe Stoͤße muß zu bewirken ſuchen, daß das Queckſilber den Widerſtand an den Roͤhrenwaͤnden uͤberwinde, und genau die dem Luftdrucke angemeſſene Hoͤhe erreiche, iſt eine Regel, die vorzuͤglich bei engen Roͤhren nicht zu uͤberſehen iſt. Um aber bei Gefaͤßba- rometern, weil da bald eine weitere, bald eine engere Roͤhre ge- waͤhlt iſt, die Hoͤhen richtig zu erhalten, muß man noch bemerken, daß bei engen Roͤhren das Queckſilber, ſelbſt mit ſeiner hoͤchſten Woͤlbung, (auf welche man immer die Beobachtung zu richten hat,) ein wenig zu niedrig ſteht, und daß deshalb eine kleine Cor-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/232>, abgerufen am 15.05.2024.