Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

eines bei AB das Wasser hereinläßt, aber den Zurückgang aus der
Röhre hindert, das zweite dagegen, im Kolben selbst angebracht,
sich nach oben öffnet, damit die unter dem Kolben enthaltene Luft
oder das den Kolben schon erreichende Wasser von unten hinauf-
wärts durchgehen, aber keine Luft von oben zudringen könne. Be-
fand sich nun der Kolben CD 12 Fuß hoch über dem Wasser und
wird er bis EF 4 Fuß höher gehoben, so kann die verdünnte Luft
nicht mehr ganz dem Drucke der äußern Luft das Gleichgewicht hal-
ten, und eine probirend fortgeführte Rechnung zeigt, wie hoch das
Wasser bei diesem ersten Kolbenzuge steigt. Stiege es 2 Fuß bis
GH, so wäre EG = 14 Fuß, und die in 14 Fuß statt 12 Fuß
ausgedehnte Luft, leistete nur noch des ganzen Druckes der At-
mosphäre, den ich = 32 Fuß Wasser annehme; dann also drückten
in A 2 Fuß Wasser und dazu die Luft mit 32 = 27 Fuß
Druck. Dies beträgt nur 29, und das Wasser steigt also noch
höher. Stiege es bis 21/2 Fuß, so wäre EG = 16 - 21/2 = 131/2
Fuß, und die vorhin auf 12 Fuß ausgedehnte Luft nähme jetzt
131/2 Fuß ein, ihr Druck wäre = 1/2 32 = 32 = 28;
aber 21/2 + 28 sind noch nicht 32 Fuß. Stiege es 23/4 Fuß, so er-
hielten wir 23/4 + 1/4 32 = beinahe 32. Also ist AG =
23/4 Fuß sehr nahe die Höhe, die es erreicht. Nun wird der
Kolben herabgestoßen, und der Raum GC = 12 - 23/4 = 91/4 Fuß
bleibt mit Luft gefüllt. Rechnet man hier ebenso, wie vorhin, so
findet man, daß das Wasser bei dem zweiten Zuge bis auf 5 Fuß
steigt. Beim dritten Kolbenzuge nimmt die Luft den Raum ID
= 7 Fuß zu Anfang ein, und das Wasser steigt um 2 Fuß; beim
Anfange des vierten Kolbenzugs nimmt die Luft nur noch 5 Fuß
= LD ein, beim Anfange des fünften Kolbenzuges nur noch kaum
3 Fuß, und am Ende des fünften Zuges hat das Wasser beinahe
den Kolben erreicht. Sobald es den Kolben völlig erreicht hat, tritt
es über ihn hinauf und wird dann weiter gehoben.

Das Einathmen der Luft und das Saugen mit dem Munde
wird ebenfalls durch den Druck der Luft möglich. Wir erweitern
nämlich die Brusthöhle, wenn wir Luft einathmen wollen, und
diese dringt dann durch Mund und Nase in den so erweiterten
Raum; bringen wir aber unsern Mund an eine Saugeröhre, so

eines bei AB das Waſſer hereinlaͤßt, aber den Zuruͤckgang aus der
Roͤhre hindert, das zweite dagegen, im Kolben ſelbſt angebracht,
ſich nach oben oͤffnet, damit die unter dem Kolben enthaltene Luft
oder das den Kolben ſchon erreichende Waſſer von unten hinauf-
waͤrts durchgehen, aber keine Luft von oben zudringen koͤnne. Be-
fand ſich nun der Kolben CD 12 Fuß hoch uͤber dem Waſſer und
wird er bis EF 4 Fuß hoͤher gehoben, ſo kann die verduͤnnte Luft
nicht mehr ganz dem Drucke der aͤußern Luft das Gleichgewicht hal-
ten, und eine probirend fortgefuͤhrte Rechnung zeigt, wie hoch das
Waſſer bei dieſem erſten Kolbenzuge ſteigt. Stiege es 2 Fuß bis
GH, ſo waͤre EG = 14 Fuß, und die in 14 Fuß ſtatt 12 Fuß
ausgedehnte Luft, leiſtete nur noch des ganzen Druckes der At-
moſphaͤre, den ich = 32 Fuß Waſſer annehme; dann alſo druͤckten
in A 2 Fuß Waſſer und dazu die Luft mit 32 ⋅ = 27 Fuß
Druck. Dies betraͤgt nur 29, und das Waſſer ſteigt alſo noch
hoͤher. Stiege es bis 2½ Fuß, ſo waͤre EG = 16 - 2½ = 13½
Fuß, und die vorhin auf 12 Fuß ausgedehnte Luft naͤhme jetzt
13½ Fuß ein, ihr Druck waͤre = ½ ⋅ 32 = ⋅ 32 = 28;
aber 2½ + 28 ſind noch nicht 32 Fuß. Stiege es 2¾ Fuß, ſo er-
hielten wir 2¾ + ¼ ⋅ 32 = beinahe 32. Alſo iſt AG =
2¾ Fuß ſehr nahe die Hoͤhe, die es erreicht. Nun wird der
Kolben herabgeſtoßen, und der Raum GC = 12 - 2¾ = 9¼ Fuß
bleibt mit Luft gefuͤllt. Rechnet man hier ebenſo, wie vorhin, ſo
findet man, daß das Waſſer bei dem zweiten Zuge bis auf 5 Fuß
ſteigt. Beim dritten Kolbenzuge nimmt die Luft den Raum ID
= 7 Fuß zu Anfang ein, und das Waſſer ſteigt um 2 Fuß; beim
Anfange des vierten Kolbenzugs nimmt die Luft nur noch 5 Fuß
= LD ein, beim Anfange des fuͤnften Kolbenzuges nur noch kaum
3 Fuß, und am Ende des fuͤnften Zuges hat das Waſſer beinahe
den Kolben erreicht. Sobald es den Kolben voͤllig erreicht hat, tritt
es uͤber ihn hinauf und wird dann weiter gehoben.

Das Einathmen der Luft und das Saugen mit dem Munde
wird ebenfalls durch den Druck der Luft moͤglich. Wir erweitern
naͤmlich die Bruſthoͤhle, wenn wir Luft einathmen wollen, und
dieſe dringt dann durch Mund und Naſe in den ſo erweiterten
Raum; bringen wir aber unſern Mund an eine Saugeroͤhre, ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0258" n="236"/>
eines bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> das Wa&#x017F;&#x017F;er hereinla&#x0364;ßt, aber den Zuru&#x0364;ckgang aus der<lb/>
Ro&#x0364;hre hindert, das zweite dagegen, im Kolben &#x017F;elb&#x017F;t angebracht,<lb/>
&#x017F;ich nach oben o&#x0364;ffnet, damit die unter dem Kolben enthaltene Luft<lb/>
oder das den Kolben &#x017F;chon erreichende Wa&#x017F;&#x017F;er von unten hinauf-<lb/>
wa&#x0364;rts durchgehen, aber keine Luft von oben zudringen ko&#x0364;nne. Be-<lb/>
fand &#x017F;ich nun der Kolben <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CD</hi></hi> 12 Fuß hoch u&#x0364;ber dem Wa&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
wird er bis <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">EF</hi></hi> 4 Fuß ho&#x0364;her gehoben, &#x017F;o kann die verdu&#x0364;nnte Luft<lb/>
nicht mehr ganz dem Drucke der a&#x0364;ußern Luft das Gleichgewicht hal-<lb/>
ten, und eine probirend fortgefu&#x0364;hrte Rechnung zeigt, wie hoch das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er bei die&#x017F;em er&#x017F;ten Kolbenzuge &#x017F;teigt. Stiege es 2 Fuß bis<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">GH,</hi></hi> &#x017F;o wa&#x0364;re <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">EG</hi></hi> = 14 Fuß, und die in 14 Fuß &#x017F;tatt 12 Fuß<lb/>
ausgedehnte Luft, lei&#x017F;tete nur noch <formula notation="TeX">\frac{6}{7}</formula> des ganzen Druckes der At-<lb/>
mo&#x017F;pha&#x0364;re, den ich = 32 Fuß Wa&#x017F;&#x017F;er annehme; dann al&#x017F;o dru&#x0364;ckten<lb/>
in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> 2 Fuß Wa&#x017F;&#x017F;er und dazu die Luft mit 32 &#x22C5; <formula notation="TeX">\frac{6}{7}</formula> = 27<formula notation="TeX">\frac{3}{7}</formula> Fuß<lb/>
Druck. Dies betra&#x0364;gt nur 29<formula notation="TeX">\frac{3}{7}</formula>, und das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;teigt al&#x017F;o noch<lb/>
ho&#x0364;her. Stiege es bis 2½ Fuß, &#x017F;o wa&#x0364;re <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">EG</hi></hi> = 16 - 2½ = 13½<lb/>
Fuß, und die vorhin auf 12 Fuß ausgedehnte Luft na&#x0364;hme jetzt<lb/>
13½ Fuß ein, ihr Druck wa&#x0364;re = <formula notation="TeX">\frac{12}{13}</formula>½ &#x22C5; 32 = <formula notation="TeX">\frac{24}{27}</formula> &#x22C5; 32 = 28<formula notation="TeX">\frac{4}{9}</formula>;<lb/>
aber 2½ + 28<formula notation="TeX">\frac{4}{9}</formula> &#x017F;ind noch nicht 32 Fuß. Stiege es 2¾ Fuß, &#x017F;o er-<lb/>
hielten wir 2¾ + <formula notation="TeX">\frac{12}{13}</formula>¼ &#x22C5; 32 = beinahe 32. Al&#x017F;o i&#x017F;t <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AG</hi></hi> =<lb/>
2¾ Fuß &#x017F;ehr nahe die Ho&#x0364;he, die es erreicht. Nun wird der<lb/>
Kolben herabge&#x017F;toßen, und der Raum <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">GC</hi></hi> = 12 - 2¾ = 9¼ Fuß<lb/>
bleibt mit Luft gefu&#x0364;llt. Rechnet man hier eben&#x017F;o, wie vorhin, &#x017F;o<lb/>
findet man, daß das Wa&#x017F;&#x017F;er bei dem zweiten Zuge bis auf 5 Fuß<lb/>
&#x017F;teigt. Beim dritten Kolbenzuge nimmt die Luft den Raum <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ID</hi></hi><lb/>
= 7 Fuß zu Anfang ein, und das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;teigt um 2 Fuß; beim<lb/>
Anfange des vierten Kolbenzugs nimmt die Luft nur noch 5 Fuß<lb/>
= <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">LD</hi></hi> ein, beim Anfange des fu&#x0364;nften Kolbenzuges nur noch kaum<lb/>
3 Fuß, und am Ende des fu&#x0364;nften Zuges hat das Wa&#x017F;&#x017F;er beinahe<lb/>
den Kolben erreicht. Sobald es den Kolben vo&#x0364;llig erreicht hat, tritt<lb/>
es u&#x0364;ber ihn hinauf und wird dann weiter gehoben.</p><lb/>
          <p>Das Einathmen der Luft und das Saugen mit dem Munde<lb/>
wird ebenfalls durch den Druck der Luft mo&#x0364;glich. Wir erweitern<lb/>
na&#x0364;mlich die Bru&#x017F;tho&#x0364;hle, wenn wir Luft einathmen wollen, und<lb/>
die&#x017F;e dringt dann durch Mund und Na&#x017F;e in den &#x017F;o erweiterten<lb/>
Raum; bringen wir aber un&#x017F;ern Mund an eine Saugero&#x0364;hre, &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0258] eines bei AB das Waſſer hereinlaͤßt, aber den Zuruͤckgang aus der Roͤhre hindert, das zweite dagegen, im Kolben ſelbſt angebracht, ſich nach oben oͤffnet, damit die unter dem Kolben enthaltene Luft oder das den Kolben ſchon erreichende Waſſer von unten hinauf- waͤrts durchgehen, aber keine Luft von oben zudringen koͤnne. Be- fand ſich nun der Kolben CD 12 Fuß hoch uͤber dem Waſſer und wird er bis EF 4 Fuß hoͤher gehoben, ſo kann die verduͤnnte Luft nicht mehr ganz dem Drucke der aͤußern Luft das Gleichgewicht hal- ten, und eine probirend fortgefuͤhrte Rechnung zeigt, wie hoch das Waſſer bei dieſem erſten Kolbenzuge ſteigt. Stiege es 2 Fuß bis GH, ſo waͤre EG = 14 Fuß, und die in 14 Fuß ſtatt 12 Fuß ausgedehnte Luft, leiſtete nur noch [FORMEL] des ganzen Druckes der At- moſphaͤre, den ich = 32 Fuß Waſſer annehme; dann alſo druͤckten in A 2 Fuß Waſſer und dazu die Luft mit 32 ⋅ [FORMEL] = 27[FORMEL] Fuß Druck. Dies betraͤgt nur 29[FORMEL], und das Waſſer ſteigt alſo noch hoͤher. Stiege es bis 2½ Fuß, ſo waͤre EG = 16 - 2½ = 13½ Fuß, und die vorhin auf 12 Fuß ausgedehnte Luft naͤhme jetzt 13½ Fuß ein, ihr Druck waͤre = [FORMEL]½ ⋅ 32 = [FORMEL] ⋅ 32 = 28[FORMEL]; aber 2½ + 28[FORMEL] ſind noch nicht 32 Fuß. Stiege es 2¾ Fuß, ſo er- hielten wir 2¾ + [FORMEL]¼ ⋅ 32 = beinahe 32. Alſo iſt AG = 2¾ Fuß ſehr nahe die Hoͤhe, die es erreicht. Nun wird der Kolben herabgeſtoßen, und der Raum GC = 12 - 2¾ = 9¼ Fuß bleibt mit Luft gefuͤllt. Rechnet man hier ebenſo, wie vorhin, ſo findet man, daß das Waſſer bei dem zweiten Zuge bis auf 5 Fuß ſteigt. Beim dritten Kolbenzuge nimmt die Luft den Raum ID = 7 Fuß zu Anfang ein, und das Waſſer ſteigt um 2 Fuß; beim Anfange des vierten Kolbenzugs nimmt die Luft nur noch 5 Fuß = LD ein, beim Anfange des fuͤnften Kolbenzuges nur noch kaum 3 Fuß, und am Ende des fuͤnften Zuges hat das Waſſer beinahe den Kolben erreicht. Sobald es den Kolben voͤllig erreicht hat, tritt es uͤber ihn hinauf und wird dann weiter gehoben. Das Einathmen der Luft und das Saugen mit dem Munde wird ebenfalls durch den Druck der Luft moͤglich. Wir erweitern naͤmlich die Bruſthoͤhle, wenn wir Luft einathmen wollen, und dieſe dringt dann durch Mund und Naſe in den ſo erweiterten Raum; bringen wir aber unſern Mund an eine Saugeroͤhre, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/258
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/258>, abgerufen am 29.04.2024.