Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

der Cylinder immer ebenso viel Raum als der Recipient darbietet,
die Luft bis zu 1/8 , bis zu , bis zu , bis zu der natürlichen
Dichtigkeit bei den einzelnen Kolbenzügen verdünnt. Ist das Gefäß
AB klein, so daß der Cylinder zum Beispiel einen dreimal so großen
Raum darbietet, als die Glocke, daß also die Luft sich in den vier-
fach so großen Raum ausbreiten kann, so erhält man die Dichtig-
keiten 1/4, , , bei den auf einander folgenden Kolbenzü-
gen; ist das Gefäß dagegen groß, zum Beispiel doppelt so groß, als
der Raum im Cylinder, so ist die Dichtigkeit 2/3 , , , , ,
, und erst nach sechs Kolbenzügen ist die Dichtigkeit ungefehr
der natürlichen Dichtigkeit.

Man könnte bei dieser Einrichtung die Luft bei jedem Kolben-
zuge immer noch mehr verdünnen, wenn es möglich wäre, den so-
genannten schädlichen Raum ganz zu vermeiden. Dieser schädliche
Raum entsteht, wenn der Kolben sich nicht ganz genau an den
Hahn bei C anlegt; denn wenn bei D ein kleiner luftvoller Raum
bleibt, so ist dieser, indem der Kolben hinauf geschoben ist, mit ge-
wöhnlicher Luft gefüllt, die man bei der Drehung des Hahnes in
das Gefäß hineinläßt; und durch diesen, in geringem Maaße immer
statt findenden Zutritt neuer Luft, erlangt die Verdünnung der Luft
eine Grenze, die man leicht bestimmen kann. Gesetzt dieser, mit
Luft von natürlicher Dichtigkeit gefüllte Raum sei ein Hunderttel
des ganzen Cylinders, so könnte, wenn auch keine Luft aus dem
Gefäße hinzuträte; die Verdünnung doch nie weiter, als bis auf
der natürlichen Dichtigkeit gehen, und wenn die Luft im Ge-
fäße diese Verdünnung erreicht hätte, so würde ein ferneres Kolben-
spiel nichts mehr helfen. Die Kunst des Verfertigers einer Luft-
pumpe besteht daher theils darin, daß Hahn und Kolben im voll-
kommensten Sinne luftdicht sind, daß die Glocke AB gut abgeschlif-
fen vollkommen luftdicht auf den Teller IB passe, theils aber auch
darin, daß der Kolben sich so eng als möglich an den Hahn anlege
oder kein schädlicher Raum da sei.

Soll diese Luftpumpe zum Verdichten der Luft im Gefäße AB
angewandt werden, so muß fürs erste das Gefäß AB nicht eine auf-
gesetzte Glocke sein, die, bei verstärktem Drucke von innen, gewiß
abgeworfen würde, sondern es muß ein festes Gefäß, an den Teller
angeschraubt und von hinreichend starken Wänden sein, und zwei-

der Cylinder immer ebenſo viel Raum als der Recipient darbietet,
die Luft bis zu ⅛, bis zu , bis zu , bis zu der natuͤrlichen
Dichtigkeit bei den einzelnen Kolbenzuͤgen verduͤnnt. Iſt das Gefaͤß
AB klein, ſo daß der Cylinder zum Beiſpiel einen dreimal ſo großen
Raum darbietet, als die Glocke, daß alſo die Luft ſich in den vier-
fach ſo großen Raum ausbreiten kann, ſo erhaͤlt man die Dichtig-
keiten ¼, , , bei den auf einander folgenden Kolbenzuͤ-
gen; iſt das Gefaͤß dagegen groß, zum Beiſpiel doppelt ſo groß, als
der Raum im Cylinder, ſo iſt die Dichtigkeit ⅔, , , , ,
, und erſt nach ſechs Kolbenzuͤgen iſt die Dichtigkeit ungefehr
der natuͤrlichen Dichtigkeit.

Man koͤnnte bei dieſer Einrichtung die Luft bei jedem Kolben-
zuge immer noch mehr verduͤnnen, wenn es moͤglich waͤre, den ſo-
genannten ſchaͤdlichen Raum ganz zu vermeiden. Dieſer ſchaͤdliche
Raum entſteht, wenn der Kolben ſich nicht ganz genau an den
Hahn bei C anlegt; denn wenn bei D ein kleiner luftvoller Raum
bleibt, ſo iſt dieſer, indem der Kolben hinauf geſchoben iſt, mit ge-
woͤhnlicher Luft gefuͤllt, die man bei der Drehung des Hahnes in
das Gefaͤß hineinlaͤßt; und durch dieſen, in geringem Maaße immer
ſtatt findenden Zutritt neuer Luft, erlangt die Verduͤnnung der Luft
eine Grenze, die man leicht beſtimmen kann. Geſetzt dieſer, mit
Luft von natuͤrlicher Dichtigkeit gefuͤllte Raum ſei ein Hunderttel
des ganzen Cylinders, ſo koͤnnte, wenn auch keine Luft aus dem
Gefaͤße hinzutraͤte; die Verduͤnnung doch nie weiter, als bis auf
der natuͤrlichen Dichtigkeit gehen, und wenn die Luft im Ge-
faͤße dieſe Verduͤnnung erreicht haͤtte, ſo wuͤrde ein ferneres Kolben-
ſpiel nichts mehr helfen. Die Kunſt des Verfertigers einer Luft-
pumpe beſteht daher theils darin, daß Hahn und Kolben im voll-
kommenſten Sinne luftdicht ſind, daß die Glocke AB gut abgeſchlif-
fen vollkommen luftdicht auf den Teller IB paſſe, theils aber auch
darin, daß der Kolben ſich ſo eng als moͤglich an den Hahn anlege
oder kein ſchaͤdlicher Raum da ſei.

Soll dieſe Luftpumpe zum Verdichten der Luft im Gefaͤße AB
angewandt werden, ſo muß fuͤrs erſte das Gefaͤß AB nicht eine auf-
geſetzte Glocke ſein, die, bei verſtaͤrktem Drucke von innen, gewiß
abgeworfen wuͤrde, ſondern es muß ein feſtes Gefaͤß, an den Teller
angeſchraubt und von hinreichend ſtarken Waͤnden ſein, und zwei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0271" n="249"/>
der Cylinder immer eben&#x017F;o viel Raum als der Recipient darbietet,<lb/>
die Luft bis zu &#x215B;, bis zu <formula notation="TeX">\frac{1}{16}</formula>, bis zu <formula notation="TeX">\frac{1}{32}</formula>, bis zu <formula notation="TeX">\frac{1}{64}</formula> der natu&#x0364;rlichen<lb/>
Dichtigkeit bei den einzelnen Kolbenzu&#x0364;gen verdu&#x0364;nnt. I&#x017F;t das Gefa&#x0364;ß<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> klein, &#x017F;o daß der Cylinder zum Bei&#x017F;piel einen dreimal &#x017F;o großen<lb/>
Raum darbietet, als die Glocke, daß al&#x017F;o die Luft &#x017F;ich in den vier-<lb/>
fach &#x017F;o großen Raum ausbreiten kann, &#x017F;o erha&#x0364;lt man die Dichtig-<lb/>
keiten ¼, <formula notation="TeX">\frac{1}{16}</formula>, <formula notation="TeX">\frac{1}{64}</formula>, <formula notation="TeX">\frac{1}{256}</formula> bei den auf einander folgenden Kolbenzu&#x0364;-<lb/>
gen; i&#x017F;t das Gefa&#x0364;ß dagegen groß, zum Bei&#x017F;piel doppelt &#x017F;o groß, als<lb/>
der Raum im Cylinder, &#x017F;o i&#x017F;t die Dichtigkeit &#x2154;, <formula notation="TeX">\frac{4}{9}</formula>, <formula notation="TeX">\frac{8}{27}</formula>, <formula notation="TeX">\frac{16}{81}</formula>, <formula notation="TeX">\frac{32}{243}</formula>,<lb/><formula notation="TeX">\frac{64}{729}</formula>, und er&#x017F;t nach &#x017F;echs Kolbenzu&#x0364;gen i&#x017F;t die Dichtigkeit ungefehr<lb/><formula notation="TeX">\frac{1}{11}</formula> der natu&#x0364;rlichen Dichtigkeit.</p><lb/>
          <p>Man ko&#x0364;nnte bei die&#x017F;er Einrichtung die Luft bei jedem Kolben-<lb/>
zuge immer noch mehr verdu&#x0364;nnen, wenn es mo&#x0364;glich wa&#x0364;re, den &#x017F;o-<lb/>
genannten &#x017F;cha&#x0364;dlichen Raum ganz zu vermeiden. Die&#x017F;er &#x017F;cha&#x0364;dliche<lb/>
Raum ent&#x017F;teht, wenn der Kolben &#x017F;ich nicht ganz genau an den<lb/>
Hahn bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> anlegt; denn wenn bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> ein kleiner luftvoller Raum<lb/>
bleibt, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;er, indem der Kolben hinauf ge&#x017F;choben i&#x017F;t, mit ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlicher Luft gefu&#x0364;llt, die man bei der Drehung des Hahnes in<lb/>
das Gefa&#x0364;ß hineinla&#x0364;ßt; und durch die&#x017F;en, in geringem Maaße immer<lb/>
&#x017F;tatt findenden Zutritt neuer Luft, erlangt die Verdu&#x0364;nnung der Luft<lb/>
eine Grenze, die man leicht be&#x017F;timmen kann. Ge&#x017F;etzt die&#x017F;er, mit<lb/>
Luft von natu&#x0364;rlicher Dichtigkeit gefu&#x0364;llte Raum &#x017F;ei ein Hunderttel<lb/>
des ganzen Cylinders, &#x017F;o ko&#x0364;nnte, wenn auch keine Luft aus dem<lb/>
Gefa&#x0364;ße hinzutra&#x0364;te; die Verdu&#x0364;nnung doch nie weiter, als bis auf<lb/><formula notation="TeX">\frac{1}{100}</formula> der natu&#x0364;rlichen Dichtigkeit gehen, und wenn die Luft im Ge-<lb/>
fa&#x0364;ße die&#x017F;e Verdu&#x0364;nnung erreicht ha&#x0364;tte, &#x017F;o wu&#x0364;rde ein ferneres Kolben-<lb/>
&#x017F;piel nichts mehr helfen. Die Kun&#x017F;t des Verfertigers einer Luft-<lb/>
pumpe be&#x017F;teht daher theils darin, daß Hahn und Kolben im voll-<lb/>
kommen&#x017F;ten Sinne luftdicht &#x017F;ind, daß die Glocke <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> gut abge&#x017F;chlif-<lb/>
fen vollkommen luftdicht auf den Teller <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">IB</hi></hi> pa&#x017F;&#x017F;e, theils aber auch<lb/>
darin, daß der Kolben &#x017F;ich &#x017F;o eng als mo&#x0364;glich an den Hahn anlege<lb/>
oder kein &#x017F;cha&#x0364;dlicher Raum da &#x017F;ei.</p><lb/>
          <p>Soll die&#x017F;e Luftpumpe zum Verdichten der Luft im Gefa&#x0364;ße <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi><lb/>
angewandt werden, &#x017F;o muß fu&#x0364;rs er&#x017F;te das Gefa&#x0364;ß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> nicht eine auf-<lb/>
ge&#x017F;etzte Glocke &#x017F;ein, die, bei ver&#x017F;ta&#x0364;rktem Drucke von innen, gewiß<lb/>
abgeworfen wu&#x0364;rde, &#x017F;ondern es muß ein fe&#x017F;tes Gefa&#x0364;ß, an den Teller<lb/>
ange&#x017F;chraubt und von hinreichend &#x017F;tarken Wa&#x0364;nden &#x017F;ein, und zwei-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0271] der Cylinder immer ebenſo viel Raum als der Recipient darbietet, die Luft bis zu ⅛, bis zu [FORMEL], bis zu [FORMEL], bis zu [FORMEL] der natuͤrlichen Dichtigkeit bei den einzelnen Kolbenzuͤgen verduͤnnt. Iſt das Gefaͤß AB klein, ſo daß der Cylinder zum Beiſpiel einen dreimal ſo großen Raum darbietet, als die Glocke, daß alſo die Luft ſich in den vier- fach ſo großen Raum ausbreiten kann, ſo erhaͤlt man die Dichtig- keiten ¼, [FORMEL], [FORMEL], [FORMEL] bei den auf einander folgenden Kolbenzuͤ- gen; iſt das Gefaͤß dagegen groß, zum Beiſpiel doppelt ſo groß, als der Raum im Cylinder, ſo iſt die Dichtigkeit ⅔, [FORMEL], [FORMEL], [FORMEL], [FORMEL], [FORMEL], und erſt nach ſechs Kolbenzuͤgen iſt die Dichtigkeit ungefehr [FORMEL] der natuͤrlichen Dichtigkeit. Man koͤnnte bei dieſer Einrichtung die Luft bei jedem Kolben- zuge immer noch mehr verduͤnnen, wenn es moͤglich waͤre, den ſo- genannten ſchaͤdlichen Raum ganz zu vermeiden. Dieſer ſchaͤdliche Raum entſteht, wenn der Kolben ſich nicht ganz genau an den Hahn bei C anlegt; denn wenn bei D ein kleiner luftvoller Raum bleibt, ſo iſt dieſer, indem der Kolben hinauf geſchoben iſt, mit ge- woͤhnlicher Luft gefuͤllt, die man bei der Drehung des Hahnes in das Gefaͤß hineinlaͤßt; und durch dieſen, in geringem Maaße immer ſtatt findenden Zutritt neuer Luft, erlangt die Verduͤnnung der Luft eine Grenze, die man leicht beſtimmen kann. Geſetzt dieſer, mit Luft von natuͤrlicher Dichtigkeit gefuͤllte Raum ſei ein Hunderttel des ganzen Cylinders, ſo koͤnnte, wenn auch keine Luft aus dem Gefaͤße hinzutraͤte; die Verduͤnnung doch nie weiter, als bis auf [FORMEL] der natuͤrlichen Dichtigkeit gehen, und wenn die Luft im Ge- faͤße dieſe Verduͤnnung erreicht haͤtte, ſo wuͤrde ein ferneres Kolben- ſpiel nichts mehr helfen. Die Kunſt des Verfertigers einer Luft- pumpe beſteht daher theils darin, daß Hahn und Kolben im voll- kommenſten Sinne luftdicht ſind, daß die Glocke AB gut abgeſchlif- fen vollkommen luftdicht auf den Teller IB paſſe, theils aber auch darin, daß der Kolben ſich ſo eng als moͤglich an den Hahn anlege oder kein ſchaͤdlicher Raum da ſei. Soll dieſe Luftpumpe zum Verdichten der Luft im Gefaͤße AB angewandt werden, ſo muß fuͤrs erſte das Gefaͤß AB nicht eine auf- geſetzte Glocke ſein, die, bei verſtaͤrktem Drucke von innen, gewiß abgeworfen wuͤrde, ſondern es muß ein feſtes Gefaͤß, an den Teller angeſchraubt und von hinreichend ſtarken Waͤnden ſein, und zwei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/271
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/271>, abgerufen am 28.05.2024.