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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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720 Pfund Luft aus der Stelle, die in ihm enthaltene Luft wiegt
120 Pfund, die Umhüllung, das Schiff mit seiner Belastung
570 Pfund, und der Ballon kann also nicht viel mehr steigen.
Sollte er höher steigen, so müßte die Belastung geringer sein, und
wir wollen daher zu einer neuen Fahrt nur eine Person mit neh-
men, damit die 150 Pfund geringere Belastung selbst in 8000 Fuß
Höhe noch eine Steigekraft von 180 Pfund übrig lasse. So er-
leichtert würde er fast 18000 Fuß Höhe erreichen; denn da in dieser
Höhe das Barometer auf 14 Zoll steht, so ist die Dichtigkeit der
Luft nur halb so groß als unten; die aus der Stelle getriebne Luft
wiegt 480 Pfund, die im Ballon 80 Pfund, die ganze Belastung
420 Pfund, also ist das Gewicht schon etwas zu groß und eine so
große Höhe würde nicht völlig erreicht.

Die Luftschiffer bedienen sich, um bald mehr zu steigen, bald
sich zu senken, meistens des doppelten Hülfsmittels, bald durch Aus-
werfen einiges mitgenommenen Ballastes sich zu erleichtern, bald
durch Oeffnen des Ventiles einige Luft auszulassen; aber beide Mit-
tel dürfen nur vorsichtig angewandt werden, um nicht zuletzt Ver-
legenheit herbeizuführen. Hat man nämlich Luft ausgelassen, so
hat man nun auch die Steigekraft des Ballons selbst für die untern
Gegenden geschwächt, und wenn der Ballon einmal im Sinken ist,
so sinkt er nun unaufhaltsam, weil unter dem stärkern Drucke der
untern Luft der Ballon sich nicht mehr ganz aufgeblasen, sondern
nur zum Theil gefüllt zeigen wird, eben darum aber die Steigekraft
so geringe bleibt, oder so gänzlich aufgehoben ist, wie in den höhern
Gegenden.

Ein andres Mittel, um das Steigen und Sinken des Luft-
balles zu regieren, bietet eine Lampe dar, die zu mäßiger Erwär-
mung der Luft, wenn man steigen will, angewandt wird, und die
man entfernt, oder auslöscht, wenn man sinken will. Denn da die
erwärmte Luft mehr Elasticität besitzt, so blähet sich der unter dem
Drucke der äußern Luft etwas zusammengefallene Luftball mehr auf,
wenn die Luft erwärmt wird, er treibt also nun mehr Luft aus der
Stelle und erhält mehr Steigekraft, so daß er im Herabsinken auf-
gehalten, ja wohl gar, ohne daß ein Auswerfen von Ballast nöthig
ist, wieder zum Steigen gebracht wird. Wenn diese Lampe so an-
gebracht wird, daß sie nirgends zünden kann, so scheint dies Mittel,

720 Pfund Luft aus der Stelle, die in ihm enthaltene Luft wiegt
120 Pfund, die Umhuͤllung, das Schiff mit ſeiner Belaſtung
570 Pfund, und der Ballon kann alſo nicht viel mehr ſteigen.
Sollte er hoͤher ſteigen, ſo muͤßte die Belaſtung geringer ſein, und
wir wollen daher zu einer neuen Fahrt nur eine Perſon mit neh-
men, damit die 150 Pfund geringere Belaſtung ſelbſt in 8000 Fuß
Hoͤhe noch eine Steigekraft von 180 Pfund uͤbrig laſſe. So er-
leichtert wuͤrde er faſt 18000 Fuß Hoͤhe erreichen; denn da in dieſer
Hoͤhe das Barometer auf 14 Zoll ſteht, ſo iſt die Dichtigkeit der
Luft nur halb ſo groß als unten; die aus der Stelle getriebne Luft
wiegt 480 Pfund, die im Ballon 80 Pfund, die ganze Belaſtung
420 Pfund, alſo iſt das Gewicht ſchon etwas zu groß und eine ſo
große Hoͤhe wuͤrde nicht voͤllig erreicht.

Die Luftſchiffer bedienen ſich, um bald mehr zu ſteigen, bald
ſich zu ſenken, meiſtens des doppelten Huͤlfsmittels, bald durch Aus-
werfen einiges mitgenommenen Ballaſtes ſich zu erleichtern, bald
durch Oeffnen des Ventiles einige Luft auszulaſſen; aber beide Mit-
tel duͤrfen nur vorſichtig angewandt werden, um nicht zuletzt Ver-
legenheit herbeizufuͤhren. Hat man naͤmlich Luft ausgelaſſen, ſo
hat man nun auch die Steigekraft des Ballons ſelbſt fuͤr die untern
Gegenden geſchwaͤcht, und wenn der Ballon einmal im Sinken iſt,
ſo ſinkt er nun unaufhaltſam, weil unter dem ſtaͤrkern Drucke der
untern Luft der Ballon ſich nicht mehr ganz aufgeblaſen, ſondern
nur zum Theil gefuͤllt zeigen wird, eben darum aber die Steigekraft
ſo geringe bleibt, oder ſo gaͤnzlich aufgehoben iſt, wie in den hoͤhern
Gegenden.

Ein andres Mittel, um das Steigen und Sinken des Luft-
balles zu regieren, bietet eine Lampe dar, die zu maͤßiger Erwaͤr-
mung der Luft, wenn man ſteigen will, angewandt wird, und die
man entfernt, oder ausloͤſcht, wenn man ſinken will. Denn da die
erwaͤrmte Luft mehr Elaſticitaͤt beſitzt, ſo blaͤhet ſich der unter dem
Drucke der aͤußern Luft etwas zuſammengefallene Luftball mehr auf,
wenn die Luft erwaͤrmt wird, er treibt alſo nun mehr Luft aus der
Stelle und erhaͤlt mehr Steigekraft, ſo daß er im Herabſinken auf-
gehalten, ja wohl gar, ohne daß ein Auswerfen von Ballaſt noͤthig
iſt, wieder zum Steigen gebracht wird. Wenn dieſe Lampe ſo an-
gebracht wird, daß ſie nirgends zuͤnden kann, ſo ſcheint dies Mittel,

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[276/0298] 720 Pfund Luft aus der Stelle, die in ihm enthaltene Luft wiegt 120 Pfund, die Umhuͤllung, das Schiff mit ſeiner Belaſtung 570 Pfund, und der Ballon kann alſo nicht viel mehr ſteigen. Sollte er hoͤher ſteigen, ſo muͤßte die Belaſtung geringer ſein, und wir wollen daher zu einer neuen Fahrt nur eine Perſon mit neh- men, damit die 150 Pfund geringere Belaſtung ſelbſt in 8000 Fuß Hoͤhe noch eine Steigekraft von 180 Pfund uͤbrig laſſe. So er- leichtert wuͤrde er faſt 18000 Fuß Hoͤhe erreichen; denn da in dieſer Hoͤhe das Barometer auf 14 Zoll ſteht, ſo iſt die Dichtigkeit der Luft nur halb ſo groß als unten; die aus der Stelle getriebne Luft wiegt 480 Pfund, die im Ballon 80 Pfund, die ganze Belaſtung 420 Pfund, alſo iſt das Gewicht ſchon etwas zu groß und eine ſo große Hoͤhe wuͤrde nicht voͤllig erreicht. Die Luftſchiffer bedienen ſich, um bald mehr zu ſteigen, bald ſich zu ſenken, meiſtens des doppelten Huͤlfsmittels, bald durch Aus- werfen einiges mitgenommenen Ballaſtes ſich zu erleichtern, bald durch Oeffnen des Ventiles einige Luft auszulaſſen; aber beide Mit- tel duͤrfen nur vorſichtig angewandt werden, um nicht zuletzt Ver- legenheit herbeizufuͤhren. Hat man naͤmlich Luft ausgelaſſen, ſo hat man nun auch die Steigekraft des Ballons ſelbſt fuͤr die untern Gegenden geſchwaͤcht, und wenn der Ballon einmal im Sinken iſt, ſo ſinkt er nun unaufhaltſam, weil unter dem ſtaͤrkern Drucke der untern Luft der Ballon ſich nicht mehr ganz aufgeblaſen, ſondern nur zum Theil gefuͤllt zeigen wird, eben darum aber die Steigekraft ſo geringe bleibt, oder ſo gaͤnzlich aufgehoben iſt, wie in den hoͤhern Gegenden. Ein andres Mittel, um das Steigen und Sinken des Luft- balles zu regieren, bietet eine Lampe dar, die zu maͤßiger Erwaͤr- mung der Luft, wenn man ſteigen will, angewandt wird, und die man entfernt, oder ausloͤſcht, wenn man ſinken will. Denn da die erwaͤrmte Luft mehr Elaſticitaͤt beſitzt, ſo blaͤhet ſich der unter dem Drucke der aͤußern Luft etwas zuſammengefallene Luftball mehr auf, wenn die Luft erwaͤrmt wird, er treibt alſo nun mehr Luft aus der Stelle und erhaͤlt mehr Steigekraft, ſo daß er im Herabſinken auf- gehalten, ja wohl gar, ohne daß ein Auswerfen von Ballaſt noͤthig iſt, wieder zum Steigen gebracht wird. Wenn dieſe Lampe ſo an- gebracht wird, daß ſie nirgends zuͤnden kann, ſo ſcheint dies Mittel,

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/298>, abgerufen am 27.04.2024.