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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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aus den Durchmesser des Drathes, so findet man ihn ungefähr
= Zoll *), und dies stimmt mit Wollaston's Angabe über-
ein, der den Silberdrath als bis zu Zoll Dicke ausgezogen
angiebt, wo dann der nur den zehnten Theil so dicke Gold- oder
Platinadrath nur Zoll dick sein würde. Da der so gezogene
Drath seinen Silber-Ueberzug behält, so muß man ihn davon
durch Salpetersäure, welche das Silber auflöst, befreien, und
erhält dann einen so feinen Drath, daß man ihn mit bloßem
Auge nicht mehr wahrnehmen kann, weshalb man gern an den
Enden ihm den Silber-Ueberzug läßt, um ihn bequemer halten
und behandeln zu können.

Man hat gefragt, ob die Materie ins Unendliche theilbar
sei. Diese Frage läßt sich nicht beantworten; aber die ange-
führten Beispiele zeigen, daß diese Theilbarkeit sich wenigstens
ungemein weit nachweisen läßt **).


*) Nimmt man 1 Cubiczoll Wasser = 373 französ. Grains oder
ungefähr = 330 englischen Grains, so kann man 1 Cubiczoll Gold =
6350 engl. Grains rechnen. Sollen also 500 Fuß oder 6000 Zoll
Länge 1 Gr. wiegen, so müssen sie Cubiczoll betragen, und der
Querschnitt des Drathes muß = Quadratzoll sein, oder
sein Durchmesser Zoll = Linie betragen. Gilb. Ann. LII. 284.
**) Am weitesten scheint die feine Vertheilung bei den stark rie-
chenden Körpern sich nachweisen zu lassen, von welchen ein einziger
Gran hinreicht, um sehr große Räume mit dem Geruche zu erfüllen;
aber immer bleiben diese Theilungen doch weit hinter dem zurück,
wovon man in der neuesten Zeit bei den Dosen von Arzneimitteln ge-
redet hat. Um von 1 Quintilliontel Gran einen Begriff zu erhalten,
(denn so wenig beträgt zuweilen eine solche Dosis) muß man erwä-
gen, daß die 6000jährige Dauer der Menschengeschichte 2191500 Tage,
oder 52596000 Stunden, wofür ich 53 Millionen Stunden setzen will,
beträgt. Die Weltgeschichte umfaßt also nur etwa 190000 Millionen
Secunden. Wäre nun die Erde diese ganze Zeit durch mit 1000 Millionen
Menschen in jedem Zeitpuncte bevölkert gewesen, und hätte jeder derselben
alle Secunden eine Dosis eben des Arzneimittels genommen, so wären
190 Trillionen solcher Dosen oder ungefähr 200 Trillionen solcher Dosen
verbraucht. Wenn demnach ein Arzt seit Adams Zeiten allen lebenden
Menschen jede Secunde ein Quintilliontel Gran irgend eines Arznei-
mittels gegeben hätte, so wäre dennoch der ganze Verbrauch noch nicht
ein Tausendel vom Milliontel eines Granes. --

aus den Durchmeſſer des Drathes, ſo findet man ihn ungefaͤhr
= Zoll *), und dies ſtimmt mit Wollaſton's Angabe uͤber-
ein, der den Silberdrath als bis zu Zoll Dicke ausgezogen
angiebt, wo dann der nur den zehnten Theil ſo dicke Gold- oder
Platinadrath nur Zoll dick ſein wuͤrde. Da der ſo gezogene
Drath ſeinen Silber-Ueberzug behaͤlt, ſo muß man ihn davon
durch Salpeterſaͤure, welche das Silber aufloͤſt, befreien, und
erhaͤlt dann einen ſo feinen Drath, daß man ihn mit bloßem
Auge nicht mehr wahrnehmen kann, weshalb man gern an den
Enden ihm den Silber-Ueberzug laͤßt, um ihn bequemer halten
und behandeln zu koͤnnen.

Man hat gefragt, ob die Materie ins Unendliche theilbar
ſei. Dieſe Frage laͤßt ſich nicht beantworten; aber die ange-
fuͤhrten Beiſpiele zeigen, daß dieſe Theilbarkeit ſich wenigſtens
ungemein weit nachweiſen laͤßt **).


*) Nimmt man 1 Cubiczoll Waſſer = 373 franzoͤſ. Grains oder
ungefaͤhr = 330 engliſchen Grains, ſo kann man 1 Cubiczoll Gold =
6350 engl. Grains rechnen. Sollen alſo 500 Fuß oder 6000 Zoll
Laͤnge 1 Gr. wiegen, ſo muͤſſen ſie Cubiczoll betragen, und der
Querſchnitt des Drathes muß = Quadratzoll ſein, oder
ſein Durchmeſſer Zoll = Linie betragen. Gilb. Ann. LII. 284.
**) Am weiteſten ſcheint die feine Vertheilung bei den ſtark rie-
chenden Koͤrpern ſich nachweiſen zu laſſen, von welchen ein einziger
Gran hinreicht, um ſehr große Raͤume mit dem Geruche zu erfuͤllen;
aber immer bleiben dieſe Theilungen doch weit hinter dem zuruͤck,
wovon man in der neueſten Zeit bei den Doſen von Arzneimitteln ge-
redet hat. Um von 1 Quintilliontel Gran einen Begriff zu erhalten,
(denn ſo wenig betraͤgt zuweilen eine ſolche Doſis) muß man erwaͤ-
gen, daß die 6000jaͤhrige Dauer der Menſchengeſchichte 2191500 Tage,
oder 52596000 Stunden, wofuͤr ich 53 Millionen Stunden ſetzen will,
betraͤgt. Die Weltgeſchichte umfaßt alſo nur etwa 190000 Millionen
Secunden. Waͤre nun die Erde dieſe ganze Zeit durch mit 1000 Millionen
Menſchen in jedem Zeitpuncte bevoͤlkert geweſen, und haͤtte jeder derſelben
alle Secunden eine Doſis eben des Arzneimittels genommen, ſo waͤren
190 Trillionen ſolcher Doſen oder ungefaͤhr 200 Trillionen ſolcher Doſen
verbraucht. Wenn demnach ein Arzt ſeit Adams Zeiten allen lebenden
Menſchen jede Secunde ein Quintilliontel Gran irgend eines Arznei-
mittels gegeben haͤtte, ſo waͤre dennoch der ganze Verbrauch noch nicht
ein Tauſendel vom Milliontel eines Granes. —
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[16/0038] aus den Durchmeſſer des Drathes, ſo findet man ihn ungefaͤhr = [FORMEL] Zoll *), und dies ſtimmt mit Wollaſton's Angabe uͤber- ein, der den Silberdrath als bis zu [FORMEL] Zoll Dicke ausgezogen angiebt, wo dann der nur den zehnten Theil ſo dicke Gold- oder Platinadrath nur [FORMEL] Zoll dick ſein wuͤrde. Da der ſo gezogene Drath ſeinen Silber-Ueberzug behaͤlt, ſo muß man ihn davon durch Salpeterſaͤure, welche das Silber aufloͤſt, befreien, und erhaͤlt dann einen ſo feinen Drath, daß man ihn mit bloßem Auge nicht mehr wahrnehmen kann, weshalb man gern an den Enden ihm den Silber-Ueberzug laͤßt, um ihn bequemer halten und behandeln zu koͤnnen. Man hat gefragt, ob die Materie ins Unendliche theilbar ſei. Dieſe Frage laͤßt ſich nicht beantworten; aber die ange- fuͤhrten Beiſpiele zeigen, daß dieſe Theilbarkeit ſich wenigſtens ungemein weit nachweiſen laͤßt **). *) Nimmt man 1 Cubiczoll Waſſer = 373 franzoͤſ. Grains oder ungefaͤhr = 330 engliſchen Grains, ſo kann man 1 Cubiczoll Gold = 6350 engl. Grains rechnen. Sollen alſo 500 Fuß oder 6000 Zoll Laͤnge 1 Gr. wiegen, ſo muͤſſen ſie [FORMEL] Cubiczoll betragen, und der Querſchnitt des Drathes muß = [FORMEL] Quadratzoll ſein, oder ſein Durchmeſſer [FORMEL] Zoll = [FORMEL] Linie betragen. Gilb. Ann. LII. 284. **) Am weiteſten ſcheint die feine Vertheilung bei den ſtark rie- chenden Koͤrpern ſich nachweiſen zu laſſen, von welchen ein einziger Gran hinreicht, um ſehr große Raͤume mit dem Geruche zu erfuͤllen; aber immer bleiben dieſe Theilungen doch weit hinter dem zuruͤck, wovon man in der neueſten Zeit bei den Doſen von Arzneimitteln ge- redet hat. Um von 1 Quintilliontel Gran einen Begriff zu erhalten, (denn ſo wenig betraͤgt zuweilen eine ſolche Doſis) muß man erwaͤ- gen, daß die 6000jaͤhrige Dauer der Menſchengeſchichte 2191500 Tage, oder 52596000 Stunden, wofuͤr ich 53 Millionen Stunden ſetzen will, betraͤgt. Die Weltgeſchichte umfaßt alſo nur etwa 190000 Millionen Secunden. Waͤre nun die Erde dieſe ganze Zeit durch mit 1000 Millionen Menſchen in jedem Zeitpuncte bevoͤlkert geweſen, und haͤtte jeder derſelben alle Secunden eine Doſis eben des Arzneimittels genommen, ſo waͤren 190 Trillionen ſolcher Doſen oder ungefaͤhr 200 Trillionen ſolcher Doſen verbraucht. Wenn demnach ein Arzt ſeit Adams Zeiten allen lebenden Menſchen jede Secunde ein Quintilliontel Gran irgend eines Arznei- mittels gegeben haͤtte, ſo waͤre dennoch der ganze Verbrauch noch nicht ein Tauſendel vom Milliontel eines Granes. —

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/38>, abgerufen am 29.04.2024.