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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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das Prisma sehen, so bemerken Sie eine Begrenzung der mit far-
bigen Rändern versehenen Gegenstände, und an diese schließen sich
gespiegelte, nicht farbig erscheinende Gegenstände an. Ist der bre-
chende Winkel nach unten gekehrt, etwa so, daß die dem Auge
zunächst liegende Seitenfläche ziemlich vertical ist, so bemerkt man
bald, daß die gespiegelten Gegenstände diejenigen sind, die sich über
der zu oberst liegenden Seite des Prisma's befinden, und daß die
Begrenzung der farbig erscheinenden Gegenstände da liegt, wo die
Verlängerung BD (Fig. 92.) der Seite AB hin trifft. Aber
hiebei bemerkt man etwas Auffallendes, das sich am deutlichsten
zeigt, wenn man das Prisma so hält, daß jene Grenze der farbi-
gen, der durch Brechung gesehenen, Gegenstände theils auf den
mit weißen Wolken bedeckten hellen Himmel, theils auf eine graue
oder dunkle Wand fällt, und wenn man oberhalb des Prisma's
einen weißen Bogen Papier CE hält, um diesen gespiegelt, sich an
jene Grenze der durch Brechung gesehenen Gegenstände anschließend,
zu sehen. Alsdann endigt sich oben das Helle des Himmels in einen
gelben und rothen Rand, da wo diese Helligkeit glänzender als die
Weiße des Papieres ist; aber an das gegen die dunkle Wand abste-
chend weiße Papier, wo dieses heller als die Wand ist, schließt sich
ein blau und violetter Rand, jenen gelben und rothen fortsetzend, an.
Von den letzten noch sichtbaren Puncten Ff des weißen Himmels
nämlich kommen die gebrochenen Strahlen rH, roth, vH violett
in das Auge H; die violetten mischen sich mit den rothen, gelben,
grünen eines tiefer liegenden Punctes und zeigen diesen noch weiß,
statt daß die rothen Strahlen ungemischt als Rand übrig bleiben,
an welchen rothen Rand sich aus den früher angegebenen Gründen
noch ein gelber als Uebergang zum Weiß, anschließt. Umgekehrt
ist es da, wo eine dunkle Wand in der Gegend Ff sich befindet,
die wir, da sie weniger Licht aussendet, hier als völlig lichtlos be-
trachten dürfen. Der erste Lichtstrahl, der uns durch vollkommene
Spiegelung sichtbar wird, ist eh, der nach G unter einem Winkel
hGB, der = rGA ist, gelangt; aber von diesem kann der rothe
Antheil als weniger gebrochen und als bei G eine geringere Bre-
chung leidend, bei G noch nach der Richtung Ga hervordringen,
während der blaue und violette Antheil schon gegen das Auge H zu
reflectirt wird; darum erscheint der Rand des weißen Papiers, oder

das Prisma ſehen, ſo bemerken Sie eine Begrenzung der mit far-
bigen Raͤndern verſehenen Gegenſtaͤnde, und an dieſe ſchließen ſich
geſpiegelte, nicht farbig erſcheinende Gegenſtaͤnde an. Iſt der bre-
chende Winkel nach unten gekehrt, etwa ſo, daß die dem Auge
zunaͤchſt liegende Seitenflaͤche ziemlich vertical iſt, ſo bemerkt man
bald, daß die geſpiegelten Gegenſtaͤnde diejenigen ſind, die ſich uͤber
der zu oberſt liegenden Seite des Prisma's befinden, und daß die
Begrenzung der farbig erſcheinenden Gegenſtaͤnde da liegt, wo die
Verlaͤngerung BD (Fig. 92.) der Seite AB hin trifft. Aber
hiebei bemerkt man etwas Auffallendes, das ſich am deutlichſten
zeigt, wenn man das Prisma ſo haͤlt, daß jene Grenze der farbi-
gen, der durch Brechung geſehenen, Gegenſtaͤnde theils auf den
mit weißen Wolken bedeckten hellen Himmel, theils auf eine graue
oder dunkle Wand faͤllt, und wenn man oberhalb des Prisma's
einen weißen Bogen Papier CE haͤlt, um dieſen geſpiegelt, ſich an
jene Grenze der durch Brechung geſehenen Gegenſtaͤnde anſchließend,
zu ſehen. Alsdann endigt ſich oben das Helle des Himmels in einen
gelben und rothen Rand, da wo dieſe Helligkeit glaͤnzender als die
Weiße des Papieres iſt; aber an das gegen die dunkle Wand abſte-
chend weiße Papier, wo dieſes heller als die Wand iſt, ſchließt ſich
ein blau und violetter Rand, jenen gelben und rothen fortſetzend, an.
Von den letzten noch ſichtbaren Puncten Ff des weißen Himmels
naͤmlich kommen die gebrochenen Strahlen rH, roth, vH violett
in das Auge H; die violetten miſchen ſich mit den rothen, gelben,
gruͤnen eines tiefer liegenden Punctes und zeigen dieſen noch weiß,
ſtatt daß die rothen Strahlen ungemiſcht als Rand uͤbrig bleiben,
an welchen rothen Rand ſich aus den fruͤher angegebenen Gruͤnden
noch ein gelber als Uebergang zum Weiß, anſchließt. Umgekehrt
iſt es da, wo eine dunkle Wand in der Gegend Ff ſich befindet,
die wir, da ſie weniger Licht ausſendet, hier als voͤllig lichtlos be-
trachten duͤrfen. Der erſte Lichtſtrahl, der uns durch vollkommene
Spiegelung ſichtbar wird, iſt eh, der nach G unter einem Winkel
hGB, der = rGA iſt, gelangt; aber von dieſem kann der rothe
Antheil als weniger gebrochen und als bei G eine geringere Bre-
chung leidend, bei G noch nach der Richtung Ga hervordringen,
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reflectirt wird; darum erſcheint der Rand des weißen Papiers, oder

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[184/0198] das Prisma ſehen, ſo bemerken Sie eine Begrenzung der mit far- bigen Raͤndern verſehenen Gegenſtaͤnde, und an dieſe ſchließen ſich geſpiegelte, nicht farbig erſcheinende Gegenſtaͤnde an. Iſt der bre- chende Winkel nach unten gekehrt, etwa ſo, daß die dem Auge zunaͤchſt liegende Seitenflaͤche ziemlich vertical iſt, ſo bemerkt man bald, daß die geſpiegelten Gegenſtaͤnde diejenigen ſind, die ſich uͤber der zu oberſt liegenden Seite des Prisma's befinden, und daß die Begrenzung der farbig erſcheinenden Gegenſtaͤnde da liegt, wo die Verlaͤngerung BD (Fig. 92.) der Seite AB hin trifft. Aber hiebei bemerkt man etwas Auffallendes, das ſich am deutlichſten zeigt, wenn man das Prisma ſo haͤlt, daß jene Grenze der farbi- gen, der durch Brechung geſehenen, Gegenſtaͤnde theils auf den mit weißen Wolken bedeckten hellen Himmel, theils auf eine graue oder dunkle Wand faͤllt, und wenn man oberhalb des Prisma's einen weißen Bogen Papier CE haͤlt, um dieſen geſpiegelt, ſich an jene Grenze der durch Brechung geſehenen Gegenſtaͤnde anſchließend, zu ſehen. Alsdann endigt ſich oben das Helle des Himmels in einen gelben und rothen Rand, da wo dieſe Helligkeit glaͤnzender als die Weiße des Papieres iſt; aber an das gegen die dunkle Wand abſte- chend weiße Papier, wo dieſes heller als die Wand iſt, ſchließt ſich ein blau und violetter Rand, jenen gelben und rothen fortſetzend, an. Von den letzten noch ſichtbaren Puncten Ff des weißen Himmels naͤmlich kommen die gebrochenen Strahlen rH, roth, vH violett in das Auge H; die violetten miſchen ſich mit den rothen, gelben, gruͤnen eines tiefer liegenden Punctes und zeigen dieſen noch weiß, ſtatt daß die rothen Strahlen ungemiſcht als Rand uͤbrig bleiben, an welchen rothen Rand ſich aus den fruͤher angegebenen Gruͤnden noch ein gelber als Uebergang zum Weiß, anſchließt. Umgekehrt iſt es da, wo eine dunkle Wand in der Gegend Ff ſich befindet, die wir, da ſie weniger Licht ausſendet, hier als voͤllig lichtlos be- trachten duͤrfen. Der erſte Lichtſtrahl, der uns durch vollkommene Spiegelung ſichtbar wird, iſt eh, der nach G unter einem Winkel hGB, der = rGA iſt, gelangt; aber von dieſem kann der rothe Antheil als weniger gebrochen und als bei G eine geringere Bre- chung leidend, bei G noch nach der Richtung Ga hervordringen, waͤhrend der blaue und violette Antheil ſchon gegen das Auge H zu reflectirt wird; darum erſcheint der Rand des weißen Papiers, oder

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/198>, abgerufen am 28.04.2024.