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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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getroffen werden, und die grauen Schattirungen der an einer
Seite von der Sonne beleuchteten, bergig aufgethürmten Wolken
zeigen uns ihre beschatteten Theile abstechend gegen die von der
Sonne erleuchteten. Aber auch die durchgelassenen Strahlen sind
rein weiß, indem bekanntlich die durch einen dicken Herbstnebel durch-
blickende Sonne völlig silberweiß erscheint. Ebenso zeigen sich uns
die leichten Wolken silberweiß, wenn die Sonne sie erleuchtet, und
auch die von ihnen bedeckte Sonne zeigt sich nicht farbig. -- An-
ders ist es mit dem Rauche, der von der Sonne beschienen blau
erscheint, und uns die Sonne roth zeigt, wenn wir sie durch den
Rauch sehen; der Rauch läßt die gelben und rothen Strahlen durch
und reflectirt die blauen. -- Trockne Nebel haben einiges mit dem
Rauche gemein.

Die reine Luft scheint dagegen die Eigenschaft zu haben, daß
sie die mehr brechbaren Strahlen, die zusammen Blau darstellen,
besser zurückwirft, die weniger brechbaren, die in ihrer Mischung
Orange geben, vorzugsweise durchläßt. Diese Eigenschaft erklärt
das Blau des Himmels und das Roth der Abendröthe. Wenn die
Luft mit Dünsten, die sich schon niederschlagen, gefüllt ist, so ist
der Himmel weißlich, weil von diesen Dünsten weiße Lichtstrahlen
zurückgeworfen werden, die sich mit dem Blau der in der Luft,
gleichsam an jedem Lufttheilchen reflectirten Strahlen mischen; zu
solchen Zeiten ist auch die Abendröthe weißlich, hellgelb, weil die
durchgelassenen Strahlen zwar zum Theil ihres Blau beraubt sind,
aber die Erfüllung mit Dünsten kein sehr ungleiches Verhältniß der
Farben in den durchgelassenen Strahlen zuläßt; -- die Sonne
geht dann nicht roth, sondern weißlich gelb unter. Bei recht dunst-
freier Luft dagegen ist der Himmel dunkelblau, weil die Luft über-
haupt nicht sehr viele Strahlen zurückwirft, und fast nur blaue
und violette Strahlen; auf hohen Bergen ist dieses Blau immer
dunkler, offenbar weil die Luft dort zu dünne ist, um noch viel
Licht zu reflectiren, und man kann also mit Recht schließen, daß
nur die Luft die Ursache dieses zurückgeworfenen Lichtes ist, daß
also in noch viel größern Höhen der Himmel ganz schwarz, von
gar keinem Lichte erhellt oder keines zurückstrahlend, erscheinen
müßte. Daß am Tage, bei hohem Stande der Sonne diese uns
weiß erscheint, obgleich die Strahlen bei ihrem Durchgange durch

getroffen werden, und die grauen Schattirungen der an einer
Seite von der Sonne beleuchteten, bergig aufgethuͤrmten Wolken
zeigen uns ihre beſchatteten Theile abſtechend gegen die von der
Sonne erleuchteten. Aber auch die durchgelaſſenen Strahlen ſind
rein weiß, indem bekanntlich die durch einen dicken Herbſtnebel durch-
blickende Sonne voͤllig ſilberweiß erſcheint. Ebenſo zeigen ſich uns
die leichten Wolken ſilberweiß, wenn die Sonne ſie erleuchtet, und
auch die von ihnen bedeckte Sonne zeigt ſich nicht farbig. — An-
ders iſt es mit dem Rauche, der von der Sonne beſchienen blau
erſcheint, und uns die Sonne roth zeigt, wenn wir ſie durch den
Rauch ſehen; der Rauch laͤßt die gelben und rothen Strahlen durch
und reflectirt die blauen. — Trockne Nebel haben einiges mit dem
Rauche gemein.

Die reine Luft ſcheint dagegen die Eigenſchaft zu haben, daß
ſie die mehr brechbaren Strahlen, die zuſammen Blau darſtellen,
beſſer zuruͤckwirft, die weniger brechbaren, die in ihrer Miſchung
Orange geben, vorzugsweiſe durchlaͤßt. Dieſe Eigenſchaft erklaͤrt
das Blau des Himmels und das Roth der Abendroͤthe. Wenn die
Luft mit Duͤnſten, die ſich ſchon niederſchlagen, gefuͤllt iſt, ſo iſt
der Himmel weißlich, weil von dieſen Duͤnſten weiße Lichtſtrahlen
zuruͤckgeworfen werden, die ſich mit dem Blau der in der Luft,
gleichſam an jedem Lufttheilchen reflectirten Strahlen miſchen; zu
ſolchen Zeiten iſt auch die Abendroͤthe weißlich, hellgelb, weil die
durchgelaſſenen Strahlen zwar zum Theil ihres Blau beraubt ſind,
aber die Erfuͤllung mit Duͤnſten kein ſehr ungleiches Verhaͤltniß der
Farben in den durchgelaſſenen Strahlen zulaͤßt; — die Sonne
geht dann nicht roth, ſondern weißlich gelb unter. Bei recht dunſt-
freier Luft dagegen iſt der Himmel dunkelblau, weil die Luft uͤber-
haupt nicht ſehr viele Strahlen zuruͤckwirft, und faſt nur blaue
und violette Strahlen; auf hohen Bergen iſt dieſes Blau immer
dunkler, offenbar weil die Luft dort zu duͤnne iſt, um noch viel
Licht zu reflectiren, und man kann alſo mit Recht ſchließen, daß
nur die Luft die Urſache dieſes zuruͤckgeworfenen Lichtes iſt, daß
alſo in noch viel groͤßern Hoͤhen der Himmel ganz ſchwarz, von
gar keinem Lichte erhellt oder keines zuruͤckſtrahlend, erſcheinen
muͤßte. Daß am Tage, bei hohem Stande der Sonne dieſe uns
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[222/0236] getroffen werden, und die grauen Schattirungen der an einer Seite von der Sonne beleuchteten, bergig aufgethuͤrmten Wolken zeigen uns ihre beſchatteten Theile abſtechend gegen die von der Sonne erleuchteten. Aber auch die durchgelaſſenen Strahlen ſind rein weiß, indem bekanntlich die durch einen dicken Herbſtnebel durch- blickende Sonne voͤllig ſilberweiß erſcheint. Ebenſo zeigen ſich uns die leichten Wolken ſilberweiß, wenn die Sonne ſie erleuchtet, und auch die von ihnen bedeckte Sonne zeigt ſich nicht farbig. — An- ders iſt es mit dem Rauche, der von der Sonne beſchienen blau erſcheint, und uns die Sonne roth zeigt, wenn wir ſie durch den Rauch ſehen; der Rauch laͤßt die gelben und rothen Strahlen durch und reflectirt die blauen. — Trockne Nebel haben einiges mit dem Rauche gemein. Die reine Luft ſcheint dagegen die Eigenſchaft zu haben, daß ſie die mehr brechbaren Strahlen, die zuſammen Blau darſtellen, beſſer zuruͤckwirft, die weniger brechbaren, die in ihrer Miſchung Orange geben, vorzugsweiſe durchlaͤßt. Dieſe Eigenſchaft erklaͤrt das Blau des Himmels und das Roth der Abendroͤthe. Wenn die Luft mit Duͤnſten, die ſich ſchon niederſchlagen, gefuͤllt iſt, ſo iſt der Himmel weißlich, weil von dieſen Duͤnſten weiße Lichtſtrahlen zuruͤckgeworfen werden, die ſich mit dem Blau der in der Luft, gleichſam an jedem Lufttheilchen reflectirten Strahlen miſchen; zu ſolchen Zeiten iſt auch die Abendroͤthe weißlich, hellgelb, weil die durchgelaſſenen Strahlen zwar zum Theil ihres Blau beraubt ſind, aber die Erfuͤllung mit Duͤnſten kein ſehr ungleiches Verhaͤltniß der Farben in den durchgelaſſenen Strahlen zulaͤßt; — die Sonne geht dann nicht roth, ſondern weißlich gelb unter. Bei recht dunſt- freier Luft dagegen iſt der Himmel dunkelblau, weil die Luft uͤber- haupt nicht ſehr viele Strahlen zuruͤckwirft, und faſt nur blaue und violette Strahlen; auf hohen Bergen iſt dieſes Blau immer dunkler, offenbar weil die Luft dort zu duͤnne iſt, um noch viel Licht zu reflectiren, und man kann alſo mit Recht ſchließen, daß nur die Luft die Urſache dieſes zuruͤckgeworfenen Lichtes iſt, daß alſo in noch viel groͤßern Hoͤhen der Himmel ganz ſchwarz, von gar keinem Lichte erhellt oder keines zuruͤckſtrahlend, erſcheinen muͤßte. Daß am Tage, bei hohem Stande der Sonne dieſe uns weiß erſcheint, obgleich die Strahlen bei ihrem Durchgange durch

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/236>, abgerufen am 02.05.2024.