Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorzüglich schön zeigt sich die Erscheinung dieser Farbenränder,
wenn man die beiden Metallplatten mit gegen einander geneigten
Schärfen einander so nähert, daß sie sich am einen Ende berühren
und am andern etwa noch 1/2 Linie von einander entfernt sind.
Bringt man hier die matte Glastafel, welche die an den Schärfen
vorbei gegangenen Strahlen auffängt, in einer nicht zu geringen
Entfernung an, oder hält auch die als Ocular dienende Linse nur
so, daß man die Erscheinung ohne Glastafel gut sieht; so zeigen
sich da, wo der Zwischenraum breit genug ist, drei Farbenränder an
jeder der Schärfen und ihnen beinahe parallel, aber diese Farben-
ränder entfernen sich, da wo der Zwischenraum enger wird, mehr
von der Schattengrenze und gehen gekrümmt in den entgegenge-
setzten Schatten hinüber. Dieses muß offenbar so sein, weil bei
geringerm Abstande der beiden Schärfen allemal die Ränder sich
weiter von dem Schatten, zu dem sie gehören, entfernen, also hier
für die dem Scheitel des von den Schärfen gebildeten kleinen Win-
kels nähern Puncte eben das statt findet.

Die Farben dieser Ränder folgen einander so, daß das Violett
und Blau dem Schatten selbst am nächsten liegt, das Roth am
entferntesten, und eben diese Farbenfolge auch in dem schwächern
zweiten und in dem noch schwächern dritten Farbenrande statt
findet. Diese aus dem weißen Lichte hervorgehende Färbung läßt
schon vermuthen, daß man auch hier die Erscheinung einfacher
sehen muß, wenn man die durch das Prisma getrennten Farben-
strahlen einzeln auf den Zwischenraum zwischen beiden Metallplatten
auffallen läßt, und schon Newton hat die Versuche so angestellt,
und gefunden, daß unter sonst gleichen Umständen die Ränder im
rothen Lichte am breitesten, im violetten am schmalsten waren.
Biot und Pouillet haben dies noch strenger untersucht, und
die Breite der Ränder oder den Abstand der mehrmals wiederholten
Farben-Erscheinungen in eben dem Verhältnisse gefunden, wie die
Anwandelungen, oder die ungleiche Länge der Lichtwellen es fordern.
So wie bei den Newton'schen Farbenringen mehr Ringe sichtbar
werden im einfarbigen Strahle, weil da die Mischung der Farben
nicht den Uebergang in Weiß hervorbringt, so werden hier auch
im einfarbigen Strahle mehr Farbenränder, aber immer nur ein-
farbig, sichtbar, und diese sind durch ganz dunkle Zwischenräume

Vorzuͤglich ſchoͤn zeigt ſich die Erſcheinung dieſer Farbenraͤnder,
wenn man die beiden Metallplatten mit gegen einander geneigten
Schaͤrfen einander ſo naͤhert, daß ſie ſich am einen Ende beruͤhren
und am andern etwa noch ½ Linie von einander entfernt ſind.
Bringt man hier die matte Glastafel, welche die an den Schaͤrfen
vorbei gegangenen Strahlen auffaͤngt, in einer nicht zu geringen
Entfernung an, oder haͤlt auch die als Ocular dienende Linſe nur
ſo, daß man die Erſcheinung ohne Glastafel gut ſieht; ſo zeigen
ſich da, wo der Zwiſchenraum breit genug iſt, drei Farbenraͤnder an
jeder der Schaͤrfen und ihnen beinahe parallel, aber dieſe Farben-
raͤnder entfernen ſich, da wo der Zwiſchenraum enger wird, mehr
von der Schattengrenze und gehen gekruͤmmt in den entgegenge-
ſetzten Schatten hinuͤber. Dieſes muß offenbar ſo ſein, weil bei
geringerm Abſtande der beiden Schaͤrfen allemal die Raͤnder ſich
weiter von dem Schatten, zu dem ſie gehoͤren, entfernen, alſo hier
fuͤr die dem Scheitel des von den Schaͤrfen gebildeten kleinen Win-
kels naͤhern Puncte eben das ſtatt findet.

Die Farben dieſer Raͤnder folgen einander ſo, daß das Violett
und Blau dem Schatten ſelbſt am naͤchſten liegt, das Roth am
entfernteſten, und eben dieſe Farbenfolge auch in dem ſchwaͤchern
zweiten und in dem noch ſchwaͤchern dritten Farbenrande ſtatt
findet. Dieſe aus dem weißen Lichte hervorgehende Faͤrbung laͤßt
ſchon vermuthen, daß man auch hier die Erſcheinung einfacher
ſehen muß, wenn man die durch das Prisma getrennten Farben-
ſtrahlen einzeln auf den Zwiſchenraum zwiſchen beiden Metallplatten
auffallen laͤßt, und ſchon Newton hat die Verſuche ſo angeſtellt,
und gefunden, daß unter ſonſt gleichen Umſtaͤnden die Raͤnder im
rothen Lichte am breiteſten, im violetten am ſchmalſten waren.
Biot und Pouillet haben dies noch ſtrenger unterſucht, und
die Breite der Raͤnder oder den Abſtand der mehrmals wiederholten
Farben-Erſcheinungen in eben dem Verhaͤltniſſe gefunden, wie die
Anwandelungen, oder die ungleiche Laͤnge der Lichtwellen es fordern.
So wie bei den Newton'ſchen Farbenringen mehr Ringe ſichtbar
werden im einfarbigen Strahle, weil da die Miſchung der Farben
nicht den Uebergang in Weiß hervorbringt, ſo werden hier auch
im einfarbigen Strahle mehr Farbenraͤnder, aber immer nur ein-
farbig, ſichtbar, und dieſe ſind durch ganz dunkle Zwiſchenraͤume

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0294" n="280"/>
          <p>Vorzu&#x0364;glich &#x017F;cho&#x0364;n zeigt &#x017F;ich die                         Er&#x017F;cheinung die&#x017F;er Farbenra&#x0364;nder,<lb/>
wenn                         man die beiden Metallplatten mit gegen einander                         geneigten<lb/>
Scha&#x0364;rfen einander &#x017F;o                         na&#x0364;hert, daß &#x017F;ie &#x017F;ich am einen Ende                         beru&#x0364;hren<lb/>
und am andern etwa noch ½ Linie von                         einander entfernt &#x017F;ind.<lb/>
Bringt man hier die matte Glastafel,                         welche die an den Scha&#x0364;rfen<lb/>
vorbei gegangenen Strahlen                         auffa&#x0364;ngt, in einer nicht zu geringen<lb/>
Entfernung an, oder                         ha&#x0364;lt auch die als Ocular dienende Lin&#x017F;e                         nur<lb/>
&#x017F;o, daß man die Er&#x017F;cheinung ohne Glastafel gut                         &#x017F;ieht; &#x017F;o zeigen<lb/>
&#x017F;ich da, wo der                         Zwi&#x017F;chenraum breit genug i&#x017F;t, drei                         Farbenra&#x0364;nder an<lb/>
jeder der Scha&#x0364;rfen und ihnen                         beinahe parallel, aber die&#x017F;e Farben-<lb/>
ra&#x0364;nder                         entfernen &#x017F;ich, da wo der Zwi&#x017F;chenraum enger wird,                         mehr<lb/>
von der Schattengrenze und gehen gekru&#x0364;mmt in den                         entgegenge-<lb/>
&#x017F;etzten Schatten hinu&#x0364;ber.                         Die&#x017F;es muß offenbar &#x017F;o &#x017F;ein, weil                         bei<lb/>
geringerm Ab&#x017F;tande der beiden Scha&#x0364;rfen                         allemal die Ra&#x0364;nder &#x017F;ich<lb/>
weiter von dem Schatten,                         zu dem &#x017F;ie geho&#x0364;ren, entfernen, al&#x017F;o                         hier<lb/>
fu&#x0364;r die dem Scheitel des von den Scha&#x0364;rfen                         gebildeten kleinen Win-<lb/>
kels na&#x0364;hern Puncte eben das                         &#x017F;tatt findet.</p><lb/>
          <p>Die Farben die&#x017F;er Ra&#x0364;nder folgen einander                         &#x017F;o, daß das Violett<lb/>
und Blau dem Schatten                         &#x017F;elb&#x017F;t am na&#x0364;ch&#x017F;ten liegt, das                         Roth am<lb/>
entfernte&#x017F;ten, und eben die&#x017F;e Farbenfolge                         auch in dem &#x017F;chwa&#x0364;chern<lb/>
zweiten und in dem noch                         &#x017F;chwa&#x0364;chern dritten Farbenrande                         &#x017F;tatt<lb/>
findet. Die&#x017F;e aus dem weißen Lichte                         hervorgehende Fa&#x0364;rbung la&#x0364;ßt<lb/>
&#x017F;chon                         vermuthen, daß man auch hier die Er&#x017F;cheinung                         einfacher<lb/>
&#x017F;ehen muß, wenn man die durch das Prisma getrennten                         Farben-<lb/>
&#x017F;trahlen einzeln auf den Zwi&#x017F;chenraum                         zwi&#x017F;chen beiden Metallplatten<lb/>
auffallen la&#x0364;ßt, und                         &#x017F;chon <hi rendition="#g">Newton</hi> hat die Ver&#x017F;uche                         &#x017F;o ange&#x017F;tellt,<lb/>
und gefunden, daß unter                         &#x017F;on&#x017F;t gleichen Um&#x017F;ta&#x0364;nden die                         Ra&#x0364;nder im<lb/>
rothen Lichte am breite&#x017F;ten, im                         violetten am &#x017F;chmal&#x017F;ten waren.<lb/><hi rendition="#g">Biot</hi> und <hi rendition="#g">Pouillet</hi> haben dies noch                         &#x017F;trenger unter&#x017F;ucht, und<lb/>
die Breite der                         Ra&#x0364;nder oder den Ab&#x017F;tand der mehrmals                         wiederholten<lb/>
Farben-Er&#x017F;cheinungen in eben dem                         Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e gefunden, wie                         die<lb/>
Anwandelungen, oder die ungleiche La&#x0364;nge der Lichtwellen                         es fordern.<lb/>
So wie bei den Newton'&#x017F;chen Farbenringen mehr                         Ringe &#x017F;ichtbar<lb/>
werden im einfarbigen Strahle, weil da die                         Mi&#x017F;chung der Farben<lb/>
nicht den Uebergang in Weiß hervorbringt,                         &#x017F;o werden hier auch<lb/>
im einfarbigen Strahle mehr                         Farbenra&#x0364;nder, aber immer nur ein-<lb/>
farbig,                         &#x017F;ichtbar, und die&#x017F;e &#x017F;ind durch ganz dunkle                             Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0294] Vorzuͤglich ſchoͤn zeigt ſich die Erſcheinung dieſer Farbenraͤnder, wenn man die beiden Metallplatten mit gegen einander geneigten Schaͤrfen einander ſo naͤhert, daß ſie ſich am einen Ende beruͤhren und am andern etwa noch ½ Linie von einander entfernt ſind. Bringt man hier die matte Glastafel, welche die an den Schaͤrfen vorbei gegangenen Strahlen auffaͤngt, in einer nicht zu geringen Entfernung an, oder haͤlt auch die als Ocular dienende Linſe nur ſo, daß man die Erſcheinung ohne Glastafel gut ſieht; ſo zeigen ſich da, wo der Zwiſchenraum breit genug iſt, drei Farbenraͤnder an jeder der Schaͤrfen und ihnen beinahe parallel, aber dieſe Farben- raͤnder entfernen ſich, da wo der Zwiſchenraum enger wird, mehr von der Schattengrenze und gehen gekruͤmmt in den entgegenge- ſetzten Schatten hinuͤber. Dieſes muß offenbar ſo ſein, weil bei geringerm Abſtande der beiden Schaͤrfen allemal die Raͤnder ſich weiter von dem Schatten, zu dem ſie gehoͤren, entfernen, alſo hier fuͤr die dem Scheitel des von den Schaͤrfen gebildeten kleinen Win- kels naͤhern Puncte eben das ſtatt findet. Die Farben dieſer Raͤnder folgen einander ſo, daß das Violett und Blau dem Schatten ſelbſt am naͤchſten liegt, das Roth am entfernteſten, und eben dieſe Farbenfolge auch in dem ſchwaͤchern zweiten und in dem noch ſchwaͤchern dritten Farbenrande ſtatt findet. Dieſe aus dem weißen Lichte hervorgehende Faͤrbung laͤßt ſchon vermuthen, daß man auch hier die Erſcheinung einfacher ſehen muß, wenn man die durch das Prisma getrennten Farben- ſtrahlen einzeln auf den Zwiſchenraum zwiſchen beiden Metallplatten auffallen laͤßt, und ſchon Newton hat die Verſuche ſo angeſtellt, und gefunden, daß unter ſonſt gleichen Umſtaͤnden die Raͤnder im rothen Lichte am breiteſten, im violetten am ſchmalſten waren. Biot und Pouillet haben dies noch ſtrenger unterſucht, und die Breite der Raͤnder oder den Abſtand der mehrmals wiederholten Farben-Erſcheinungen in eben dem Verhaͤltniſſe gefunden, wie die Anwandelungen, oder die ungleiche Laͤnge der Lichtwellen es fordern. So wie bei den Newton'ſchen Farbenringen mehr Ringe ſichtbar werden im einfarbigen Strahle, weil da die Miſchung der Farben nicht den Uebergang in Weiß hervorbringt, ſo werden hier auch im einfarbigen Strahle mehr Farbenraͤnder, aber immer nur ein- farbig, ſichtbar, und dieſe ſind durch ganz dunkle Zwiſchenraͤume

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/294
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/294>, abgerufen am 19.05.2024.