Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

sation entzogen werde, und für andre Strahlen nach dem Ver-
hältnisse der ungleichen Länge ihrer Anwandelungen eben dieses statt
finde; dagegen aber in Blättchen von 54 oder 108 Tausendteln
jener Farbenstrahl am wenigsten der Depolarisirung unterwor-
fen sei.

Diese Wechsel erklärt Biot durch folgende Ansicht. Indem
die Lichttheilchen eines gleichartigen Farbenstrahles den doppelt
brechenden Körper erreichen, erlangen sie, wenn sie polarisirt waren,
eine oscillirende Bewegung ihrer Axen, vermöge welcher diese, vorher
in einer bestimmten Ebne liegenden, Axen nun in die Ebne des
Hauptschnittes des Blättchens geführt, aber ferner eben so weit
über diese hinaus geführt werden, dann zu der Ebne jenes Haupt-
schnitts (der Mittellinie zwischen den beiden Axen des Blättchens,)
zurück und über ihn hinaus bis zu der ersten Stellung gehen, und
so Oscillationen um die Richtung des Hauptschnittes in immer
gleicher Ausdehnung vollenden. Während ein solcher Uebergang
von der anfänglichen Lage der Axe eines Lichttheilchens bis zum
Aeußersten jenseits des Hauptschnittes erfolgt, ist das Lichttheil-
chen bis auf eine gewisse Tiefe eingedrungen, bei der Rückkehr zur
anfänglichen Polarisations-Ebne hat sich diese Tiefe verdoppelt, beim
neuen Eintreffen in die schon einmal erreichte äußerste Lage ist die
dreifache Tiefe erreicht, und so weiter; das Lichttheilchen befindet
sich also nach dem Eindringen zu der einfachen, dreifachen, fünf-
fachen Tiefe in demselben äußersten Zustande der neuen Polarisation,
und nach dem zweifachen, vierfachen, sechsfachen Eindringen wieder
in dem Zustande der ursprünglichen Polarisation. Wenn also bei
einfarbigem grünem Lichte, das so polarisirt war, daß es aus dem
zweiten Spiegel nicht zurückgeworfen wurde, die Dicke des Blätt-
chens grade einer solchen Periode entspricht, so geht das Lichttheil-
chen in einer neuen Richtung polarisirt hervor, und die Ebne dieser
Polarisation ist doppelt so weit von der ursprünglichen Polarisa-
tions-Ebne entfernt, als die Hauptlinie des Blättchens von der-
selben entfernt ist. Bei der von uns vorhin angenommenen Lage
der Hauptlinie in 45° Neigung, ist also das Aeußerste der Oscilla-
tion = 90°, und das hervorgehende grüne Lichttheilchen wird
nun grade bei der Stellung des zweiten Spiegels vollkommen gut
reflectirt, bei welcher es vorhin gar nicht reflectirt wurde, und um-

ſation entzogen werde, und fuͤr andre Strahlen nach dem Ver-
haͤltniſſe der ungleichen Laͤnge ihrer Anwandelungen eben dieſes ſtatt
finde; dagegen aber in Blaͤttchen von 54 oder 108 Tauſendteln
jener Farbenſtrahl am wenigſten der Depolariſirung unterwor-
fen ſei.

Dieſe Wechſel erklaͤrt Biot durch folgende Anſicht. Indem
die Lichttheilchen eines gleichartigen Farbenſtrahles den doppelt
brechenden Koͤrper erreichen, erlangen ſie, wenn ſie polariſirt waren,
eine oſcillirende Bewegung ihrer Axen, vermoͤge welcher dieſe, vorher
in einer beſtimmten Ebne liegenden, Axen nun in die Ebne des
Hauptſchnittes des Blaͤttchens gefuͤhrt, aber ferner eben ſo weit
uͤber dieſe hinaus gefuͤhrt werden, dann zu der Ebne jenes Haupt-
ſchnitts (der Mittellinie zwiſchen den beiden Axen des Blaͤttchens,)
zuruͤck und uͤber ihn hinaus bis zu der erſten Stellung gehen, und
ſo Oſcillationen um die Richtung des Hauptſchnittes in immer
gleicher Ausdehnung vollenden. Waͤhrend ein ſolcher Uebergang
von der anfaͤnglichen Lage der Axe eines Lichttheilchens bis zum
Aeußerſten jenſeits des Hauptſchnittes erfolgt, iſt das Lichttheil-
chen bis auf eine gewiſſe Tiefe eingedrungen, bei der Ruͤckkehr zur
anfaͤnglichen Polariſations-Ebne hat ſich dieſe Tiefe verdoppelt, beim
neuen Eintreffen in die ſchon einmal erreichte aͤußerſte Lage iſt die
dreifache Tiefe erreicht, und ſo weiter; das Lichttheilchen befindet
ſich alſo nach dem Eindringen zu der einfachen, dreifachen, fuͤnf-
fachen Tiefe in demſelben aͤußerſten Zuſtande der neuen Polariſation,
und nach dem zweifachen, vierfachen, ſechsfachen Eindringen wieder
in dem Zuſtande der urſpruͤnglichen Polariſation. Wenn alſo bei
einfarbigem gruͤnem Lichte, das ſo polariſirt war, daß es aus dem
zweiten Spiegel nicht zuruͤckgeworfen wurde, die Dicke des Blaͤtt-
chens grade einer ſolchen Periode entſpricht, ſo geht das Lichttheil-
chen in einer neuen Richtung polariſirt hervor, und die Ebne dieſer
Polariſation iſt doppelt ſo weit von der urſpruͤnglichen Polariſa-
tions-Ebne entfernt, als die Hauptlinie des Blaͤttchens von der-
ſelben entfernt iſt. Bei der von uns vorhin angenommenen Lage
der Hauptlinie in 45° Neigung, iſt alſo das Aeußerſte der Oſcilla-
tion = 90°, und das hervorgehende gruͤne Lichttheilchen wird
nun grade bei der Stellung des zweiten Spiegels vollkommen gut
reflectirt, bei welcher es vorhin gar nicht reflectirt wurde, und um-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0359" n="345"/>
&#x017F;ation entzogen                         werde, und fu&#x0364;r andre Strahlen nach dem                         Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der ungleichen                         La&#x0364;nge ihrer Anwandelungen eben die&#x017F;es                         &#x017F;tatt<lb/>
finde; dagegen aber in Bla&#x0364;ttchen von 54                         oder 108 Tau&#x017F;endteln<lb/>
jener Farben&#x017F;trahl am                         wenig&#x017F;ten der Depolari&#x017F;irung unterwor-<lb/>
fen                         &#x017F;ei.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Wech&#x017F;el erkla&#x0364;rt <hi rendition="#g">Biot</hi> durch folgende An&#x017F;icht. Indem<lb/>
die                         Lichttheilchen eines gleichartigen Farben&#x017F;trahles den                         doppelt<lb/>
brechenden Ko&#x0364;rper erreichen, erlangen                         &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie polari&#x017F;irt waren,<lb/>
eine                         o&#x017F;cillirende Bewegung ihrer Axen, vermo&#x0364;ge welcher                         die&#x017F;e, vorher<lb/>
in einer be&#x017F;timmten Ebne liegenden,                         Axen nun in die Ebne des<lb/>
Haupt&#x017F;chnittes des                         Bla&#x0364;ttchens gefu&#x0364;hrt, aber ferner eben &#x017F;o                         weit<lb/>
u&#x0364;ber die&#x017F;e hinaus gefu&#x0364;hrt                         werden, dann zu der Ebne jenes Haupt-<lb/>
&#x017F;chnitts (der                         Mittellinie zwi&#x017F;chen den beiden Axen des                         Bla&#x0364;ttchens,)<lb/>
zuru&#x0364;ck und u&#x0364;ber ihn                         hinaus bis zu der er&#x017F;ten Stellung gehen, und<lb/>
&#x017F;o                         O&#x017F;cillationen um die Richtung des Haupt&#x017F;chnittes in                         immer<lb/>
gleicher Ausdehnung vollenden. Wa&#x0364;hrend ein                         &#x017F;olcher Uebergang<lb/>
von der anfa&#x0364;nglichen Lage der                         Axe eines Lichttheilchens bis zum<lb/>
Aeußer&#x017F;ten                         jen&#x017F;eits des Haupt&#x017F;chnittes erfolgt, i&#x017F;t                         das Lichttheil-<lb/>
chen bis auf eine gewi&#x017F;&#x017F;e Tiefe                         eingedrungen, bei der Ru&#x0364;ckkehr zur<lb/>
anfa&#x0364;nglichen                         Polari&#x017F;ations-Ebne hat &#x017F;ich die&#x017F;e Tiefe                         verdoppelt, beim<lb/>
neuen Eintreffen in die &#x017F;chon einmal                         erreichte a&#x0364;ußer&#x017F;te Lage i&#x017F;t                         die<lb/>
dreifache Tiefe erreicht, und &#x017F;o weiter; das                         Lichttheilchen befindet<lb/>
&#x017F;ich al&#x017F;o nach dem                         Eindringen zu der einfachen, dreifachen, fu&#x0364;nf-<lb/>
fachen Tiefe                         in dem&#x017F;elben a&#x0364;ußer&#x017F;ten Zu&#x017F;tande                         der neuen Polari&#x017F;ation,<lb/>
und nach dem zweifachen, vierfachen,                         &#x017F;echsfachen Eindringen wieder<lb/>
in dem Zu&#x017F;tande der                         ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Polari&#x017F;ation. Wenn                         al&#x017F;o bei<lb/>
einfarbigem gru&#x0364;nem Lichte, das                         &#x017F;o polari&#x017F;irt war, daß es aus dem<lb/>
zweiten Spiegel                         nicht zuru&#x0364;ckgeworfen wurde, die Dicke des                         Bla&#x0364;tt-<lb/>
chens grade einer &#x017F;olchen Periode                         ent&#x017F;pricht, &#x017F;o geht das Lichttheil-<lb/>
chen in einer                         neuen Richtung polari&#x017F;irt hervor, und die Ebne                         die&#x017F;er<lb/>
Polari&#x017F;ation i&#x017F;t doppelt                         &#x017F;o weit von der ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen                         Polari&#x017F;a-<lb/>
tions-Ebne entfernt, als die Hauptlinie des                         Bla&#x0364;ttchens von der-<lb/>
&#x017F;elben entfernt                         i&#x017F;t. Bei der von uns vorhin angenommenen Lage<lb/>
der Hauptlinie                         in 45° Neigung, i&#x017F;t al&#x017F;o das Aeußer&#x017F;te der                         O&#x017F;cilla-<lb/>
tion = 90°, und das hervorgehende gru&#x0364;ne                         Lichttheilchen wird<lb/>
nun grade bei der Stellung des zweiten Spiegels                         vollkommen gut<lb/>
reflectirt, bei welcher es vorhin gar nicht reflectirt                         wurde, und um-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0359] ſation entzogen werde, und fuͤr andre Strahlen nach dem Ver- haͤltniſſe der ungleichen Laͤnge ihrer Anwandelungen eben dieſes ſtatt finde; dagegen aber in Blaͤttchen von 54 oder 108 Tauſendteln jener Farbenſtrahl am wenigſten der Depolariſirung unterwor- fen ſei. Dieſe Wechſel erklaͤrt Biot durch folgende Anſicht. Indem die Lichttheilchen eines gleichartigen Farbenſtrahles den doppelt brechenden Koͤrper erreichen, erlangen ſie, wenn ſie polariſirt waren, eine oſcillirende Bewegung ihrer Axen, vermoͤge welcher dieſe, vorher in einer beſtimmten Ebne liegenden, Axen nun in die Ebne des Hauptſchnittes des Blaͤttchens gefuͤhrt, aber ferner eben ſo weit uͤber dieſe hinaus gefuͤhrt werden, dann zu der Ebne jenes Haupt- ſchnitts (der Mittellinie zwiſchen den beiden Axen des Blaͤttchens,) zuruͤck und uͤber ihn hinaus bis zu der erſten Stellung gehen, und ſo Oſcillationen um die Richtung des Hauptſchnittes in immer gleicher Ausdehnung vollenden. Waͤhrend ein ſolcher Uebergang von der anfaͤnglichen Lage der Axe eines Lichttheilchens bis zum Aeußerſten jenſeits des Hauptſchnittes erfolgt, iſt das Lichttheil- chen bis auf eine gewiſſe Tiefe eingedrungen, bei der Ruͤckkehr zur anfaͤnglichen Polariſations-Ebne hat ſich dieſe Tiefe verdoppelt, beim neuen Eintreffen in die ſchon einmal erreichte aͤußerſte Lage iſt die dreifache Tiefe erreicht, und ſo weiter; das Lichttheilchen befindet ſich alſo nach dem Eindringen zu der einfachen, dreifachen, fuͤnf- fachen Tiefe in demſelben aͤußerſten Zuſtande der neuen Polariſation, und nach dem zweifachen, vierfachen, ſechsfachen Eindringen wieder in dem Zuſtande der urſpruͤnglichen Polariſation. Wenn alſo bei einfarbigem gruͤnem Lichte, das ſo polariſirt war, daß es aus dem zweiten Spiegel nicht zuruͤckgeworfen wurde, die Dicke des Blaͤtt- chens grade einer ſolchen Periode entſpricht, ſo geht das Lichttheil- chen in einer neuen Richtung polariſirt hervor, und die Ebne dieſer Polariſation iſt doppelt ſo weit von der urſpruͤnglichen Polariſa- tions-Ebne entfernt, als die Hauptlinie des Blaͤttchens von der- ſelben entfernt iſt. Bei der von uns vorhin angenommenen Lage der Hauptlinie in 45° Neigung, iſt alſo das Aeußerſte der Oſcilla- tion = 90°, und das hervorgehende gruͤne Lichttheilchen wird nun grade bei der Stellung des zweiten Spiegels vollkommen gut reflectirt, bei welcher es vorhin gar nicht reflectirt wurde, und um-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/359
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/359>, abgerufen am 28.04.2024.