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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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schwach wirken und nur durch diese Einwirkung auf chemische
Veränderungen sich uns merklich machen. Und so wie hier jenseits
der am meisten gebrochenen violetten Strahlen noch Wirkungen
des Lichtes hervorgehen, so zeigt sich umgekehrt an den Grenzen
der am wenigsten brechbaren rothen Strahlen noch Wärme; es
ergiebt sich also, daß die Wärmestrahlen sich mehr mit den minder
brechbaren Lichtstrahlen, die Strahlen, welche chemische Wirkungen
hervorbringen, mehr mit den stärker gebrochenen Lichtstrahlen verei-
nigt finden. Ebenso ungleiche Wirkungen zeigen die verschiedenen
Farbenstrahlen auf eine Mischung gleicher Mengen Chlorgas und
Wasserstoffgas. Diese Mischung bleibt in mäßigen Temperaturen
im Dunkeln unverändert, am bloßen Tageslichte verbinden sich
die beiden Luft-Arten langsam zu Salzsäure, im Sonnenlichte
aber erfolgt diese Verbindung schnell und mit Verpuffung. Setzt
man die Mischung dem Sonnenlichte so aus, daß es nur durch
rothes Glas zu derselben gelangen kann, so tritt die Verbindung
gar nicht oder höchstens sehr langsam ein, unter blauem Glase
dagegen erfolgt sie bald und wohl gar auch mit Verpuffung.
Vogel hat bemerkt, daß die Blätter der Klatschrose sich unter
blauem Glase schneller entfärben, als unter farbelosem Glase.
Aehnliche Einwirkungen des Lichtes überhaupt und der einzelnen
Farbenstrahlen finden mannigfaltig statt, doch läßt sich ein allge-
meines Gesetz, ob das Licht oxydirend oder desoxydirend wirke,
oder sonst zu Entwickelung bestimmter Stoffe, zur Verbindung
andrer, vorzugsweise beitrage, nicht angeben.

Daß diese in den Veränderungen wägbarer Bestandtheile
kenntlichen Erfolge sich besser durch den Zutritt einer Lichtmaterie
als durch Vibrationen erklären lassen, scheint wohl einleuchtend;
doch hat Arago gezeigt, daß die Interferenzen auch bei den che-
mischen Einwirkungen merklich sind. Er stellte nämlich zwei sehr
wenig gegen einander geneigte Spiegel so auf, wie es früher (am
Ende der 15. Vorles.) angegeben ist, so daß man die durch In-
terferenz sich darstellenden hellen und dunkeln Streifen wahrneh-
men konnte. Diesen Strahlen wurde frisch bereitetes Chlorsilber
ausgesetzt, und es zeigte sich nun, daß die Schwärzung desselben
ebenso unterbrochen war, sich mit ungeschwärzten Zwischenräumen
so darstellte, wie sich die Licht-Erscheinung dem Auge darstellte.

ſchwach wirken und nur durch dieſe Einwirkung auf chemiſche
Veraͤnderungen ſich uns merklich machen. Und ſo wie hier jenſeits
der am meiſten gebrochenen violetten Strahlen noch Wirkungen
des Lichtes hervorgehen, ſo zeigt ſich umgekehrt an den Grenzen
der am wenigſten brechbaren rothen Strahlen noch Waͤrme; es
ergiebt ſich alſo, daß die Waͤrmeſtrahlen ſich mehr mit den minder
brechbaren Lichtſtrahlen, die Strahlen, welche chemiſche Wirkungen
hervorbringen, mehr mit den ſtaͤrker gebrochenen Lichtſtrahlen verei-
nigt finden. Ebenſo ungleiche Wirkungen zeigen die verſchiedenen
Farbenſtrahlen auf eine Miſchung gleicher Mengen Chlorgas und
Waſſerſtoffgas. Dieſe Miſchung bleibt in maͤßigen Temperaturen
im Dunkeln unveraͤndert, am bloßen Tageslichte verbinden ſich
die beiden Luft-Arten langſam zu Salzſaͤure, im Sonnenlichte
aber erfolgt dieſe Verbindung ſchnell und mit Verpuffung. Setzt
man die Miſchung dem Sonnenlichte ſo aus, daß es nur durch
rothes Glas zu derſelben gelangen kann, ſo tritt die Verbindung
gar nicht oder hoͤchſtens ſehr langſam ein, unter blauem Glaſe
dagegen erfolgt ſie bald und wohl gar auch mit Verpuffung.
Vogel hat bemerkt, daß die Blaͤtter der Klatſchroſe ſich unter
blauem Glaſe ſchneller entfaͤrben, als unter farbeloſem Glaſe.
Aehnliche Einwirkungen des Lichtes uͤberhaupt und der einzelnen
Farbenſtrahlen finden mannigfaltig ſtatt, doch laͤßt ſich ein allge-
meines Geſetz, ob das Licht oxydirend oder desoxydirend wirke,
oder ſonſt zu Entwickelung beſtimmter Stoffe, zur Verbindung
andrer, vorzugsweiſe beitrage, nicht angeben.

Daß dieſe in den Veraͤnderungen waͤgbarer Beſtandtheile
kenntlichen Erfolge ſich beſſer durch den Zutritt einer Lichtmaterie
als durch Vibrationen erklaͤren laſſen, ſcheint wohl einleuchtend;
doch hat Arago gezeigt, daß die Interferenzen auch bei den che-
miſchen Einwirkungen merklich ſind. Er ſtellte naͤmlich zwei ſehr
wenig gegen einander geneigte Spiegel ſo auf, wie es fruͤher (am
Ende der 15. Vorleſ.) angegeben iſt, ſo daß man die durch In-
terferenz ſich darſtellenden hellen und dunkeln Streifen wahrneh-
men konnte. Dieſen Strahlen wurde friſch bereitetes Chlorſilber
ausgeſetzt, und es zeigte ſich nun, daß die Schwaͤrzung deſſelben
ebenſo unterbrochen war, ſich mit ungeſchwaͤrzten Zwiſchenraͤumen
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[366/0380] ſchwach wirken und nur durch dieſe Einwirkung auf chemiſche Veraͤnderungen ſich uns merklich machen. Und ſo wie hier jenſeits der am meiſten gebrochenen violetten Strahlen noch Wirkungen des Lichtes hervorgehen, ſo zeigt ſich umgekehrt an den Grenzen der am wenigſten brechbaren rothen Strahlen noch Waͤrme; es ergiebt ſich alſo, daß die Waͤrmeſtrahlen ſich mehr mit den minder brechbaren Lichtſtrahlen, die Strahlen, welche chemiſche Wirkungen hervorbringen, mehr mit den ſtaͤrker gebrochenen Lichtſtrahlen verei- nigt finden. Ebenſo ungleiche Wirkungen zeigen die verſchiedenen Farbenſtrahlen auf eine Miſchung gleicher Mengen Chlorgas und Waſſerſtoffgas. Dieſe Miſchung bleibt in maͤßigen Temperaturen im Dunkeln unveraͤndert, am bloßen Tageslichte verbinden ſich die beiden Luft-Arten langſam zu Salzſaͤure, im Sonnenlichte aber erfolgt dieſe Verbindung ſchnell und mit Verpuffung. Setzt man die Miſchung dem Sonnenlichte ſo aus, daß es nur durch rothes Glas zu derſelben gelangen kann, ſo tritt die Verbindung gar nicht oder hoͤchſtens ſehr langſam ein, unter blauem Glaſe dagegen erfolgt ſie bald und wohl gar auch mit Verpuffung. Vogel hat bemerkt, daß die Blaͤtter der Klatſchroſe ſich unter blauem Glaſe ſchneller entfaͤrben, als unter farbeloſem Glaſe. Aehnliche Einwirkungen des Lichtes uͤberhaupt und der einzelnen Farbenſtrahlen finden mannigfaltig ſtatt, doch laͤßt ſich ein allge- meines Geſetz, ob das Licht oxydirend oder desoxydirend wirke, oder ſonſt zu Entwickelung beſtimmter Stoffe, zur Verbindung andrer, vorzugsweiſe beitrage, nicht angeben. Daß dieſe in den Veraͤnderungen waͤgbarer Beſtandtheile kenntlichen Erfolge ſich beſſer durch den Zutritt einer Lichtmaterie als durch Vibrationen erklaͤren laſſen, ſcheint wohl einleuchtend; doch hat Arago gezeigt, daß die Interferenzen auch bei den che- miſchen Einwirkungen merklich ſind. Er ſtellte naͤmlich zwei ſehr wenig gegen einander geneigte Spiegel ſo auf, wie es fruͤher (am Ende der 15. Vorleſ.) angegeben iſt, ſo daß man die durch In- terferenz ſich darſtellenden hellen und dunkeln Streifen wahrneh- men konnte. Dieſen Strahlen wurde friſch bereitetes Chlorſilber ausgeſetzt, und es zeigte ſich nun, daß die Schwaͤrzung deſſelben ebenſo unterbrochen war, ſich mit ungeſchwaͤrzten Zwiſchenraͤumen ſo darſtellte, wie ſich die Licht-Erſcheinung dem Auge darſtellte.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/380>, abgerufen am 29.04.2024.