Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

CdI auf den Spiegel fallen; sie alle werden unter einem, ihrem
Einfallswinkel gleichen, Winkel nach DE, de, dI eI reflectirt,
und die zurückgeworfenen Strahlen haben, wegen dieser Gleichheit
der Winkel CdA = edB = AdH, die Richtung, als ob sie
alle von H herkämen. Man nennt daher H das Bild des Gegen-
standes, weil, obgleich in H hinter dem Spiegel nichts Reelles
vorhanden ist, doch alle Augen sich nach diesem Puncte richten, um
den gespiegelten Gegenstand zu sehen.

Auf dieser Bestimmung des Bildes beruhen einzelne, leicht zu
erklärende Erscheinungen. Zum Beispiel, wenn ein grader Stab
senkrecht auf dem Spiegel steht, so erscheinen Bild und Gegenstand
als ein einziger grader Stab. Wenn ein grader Stab einen halb-
rechten Winkel mit dem Spiegel macht, so scheint das Bild einen
rechten Winkel mit dem Stabe zu machen. Wenn mein Auge auf
das im Spiegel erscheinende Auge eines Andern gerichtet ist, so
scheint das Bild meines Auges aus dem Spiegel heraus jenen An-
dern anzusehen.

Bei unsern gewöhnlichen Glasspiegeln zeigen sich uns immer
doppelte, auch wohl mehrfache Bilder. Hier sind nämlich zwei das
Licht zurückwerfende Flächen, indem auch die Vorderseite des Gla-
ses einige Lichtstrahlen reflectirt, wenn gleich die mehr Licht zurück-
werfende, mit dem Amalgam belegte Hinterfläche uns das lebhaf-
teste Bild darstellt. Es sei HI (Fig. 29.) die Dicke des Spiegel-
glases HIGE, A sei der leuchtende Punct, so liegt das der Vor-
derfläche entsprechende Bild in K, das der Hinterfläche entsprechen-
de Bild in L, wenn K so weit hinter H, L so weit hinter I liegt,
als A vor der einen und vor der andern Fläche, AH = HK,
AI
= IL. Das Auge in O erhält also einen von B und einen
von C aus zurückgeworfenen Lichtstrahl und der letztere macht den
lebhafteren Eindruck. Ist der Spiegel an der hinteren Seite so
geschliffen, daß seine Hinterseite mit der Vorderseite parallel ist,
so müssen, wenn man das Auge von O gegen o zu bewegt, beide
Bilder einander regelmäßig begleiten, das heißt, der Winkel zwi-
schen den beiden reflectirten Strahlen BO, CO ist bei o nicht er-
heblich von dem bei O verschieden. Dagegen wenn die Hinterseite,
so wie bei EF, unregelmäßig ist, der Spiegel zwar bis E parallele
Flächen hat, aber gegen F zu dünner wird, so liegt das der Fläche

CdI auf den Spiegel fallen; ſie alle werden unter einem, ihrem
Einfallswinkel gleichen, Winkel nach DE, de, dI eI reflectirt,
und die zuruͤckgeworfenen Strahlen haben, wegen dieſer Gleichheit
der Winkel CdA = edB = AdH, die Richtung, als ob ſie
alle von H herkaͤmen. Man nennt daher H das Bild des Gegen-
ſtandes, weil, obgleich in H hinter dem Spiegel nichts Reelles
vorhanden iſt, doch alle Augen ſich nach dieſem Puncte richten, um
den geſpiegelten Gegenſtand zu ſehen.

Auf dieſer Beſtimmung des Bildes beruhen einzelne, leicht zu
erklaͤrende Erſcheinungen. Zum Beiſpiel, wenn ein grader Stab
ſenkrecht auf dem Spiegel ſteht, ſo erſcheinen Bild und Gegenſtand
als ein einziger grader Stab. Wenn ein grader Stab einen halb-
rechten Winkel mit dem Spiegel macht, ſo ſcheint das Bild einen
rechten Winkel mit dem Stabe zu machen. Wenn mein Auge auf
das im Spiegel erſcheinende Auge eines Andern gerichtet iſt, ſo
ſcheint das Bild meines Auges aus dem Spiegel heraus jenen An-
dern anzuſehen.

Bei unſern gewoͤhnlichen Glasſpiegeln zeigen ſich uns immer
doppelte, auch wohl mehrfache Bilder. Hier ſind naͤmlich zwei das
Licht zuruͤckwerfende Flaͤchen, indem auch die Vorderſeite des Gla-
ſes einige Lichtſtrahlen reflectirt, wenn gleich die mehr Licht zuruͤck-
werfende, mit dem Amalgam belegte Hinterflaͤche uns das lebhaf-
teſte Bild darſtellt. Es ſei HI (Fig. 29.) die Dicke des Spiegel-
glaſes HIGE, A ſei der leuchtende Punct, ſo liegt das der Vor-
derflaͤche entſprechende Bild in K, das der Hinterflaͤche entſprechen-
de Bild in L, wenn K ſo weit hinter H, L ſo weit hinter I liegt,
als A vor der einen und vor der andern Flaͤche, AH = HK,
AI
= IL. Das Auge in O erhaͤlt alſo einen von B und einen
von C aus zuruͤckgeworfenen Lichtſtrahl und der letztere macht den
lebhafteren Eindruck. Iſt der Spiegel an der hinteren Seite ſo
geſchliffen, daß ſeine Hinterſeite mit der Vorderſeite parallel iſt,
ſo muͤſſen, wenn man das Auge von O gegen o zu bewegt, beide
Bilder einander regelmaͤßig begleiten, das heißt, der Winkel zwi-
ſchen den beiden reflectirten Strahlen BO, CO iſt bei o nicht er-
heblich von dem bei O verſchieden. Dagegen wenn die Hinterſeite,
ſo wie bei EF, unregelmaͤßig iſt, der Spiegel zwar bis E parallele
Flaͤchen hat, aber gegen F zu duͤnner wird, ſo liegt das der Flaͤche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b"><pb facs="#f0091" n="77"/>
Cd<hi rendition="#sup">I</hi></hi></hi> auf den Spiegel fallen; &#x017F;ie alle werden unter einem,                         ihrem<lb/>
Einfallswinkel gleichen, Winkel nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">DE, de, d<hi rendition="#sup">I</hi> e<hi rendition="#sup">I</hi></hi></hi> reflectirt,<lb/>
und die zuru&#x0364;ckgeworfenen Strahlen haben,                         wegen die&#x017F;er Gleichheit<lb/>
der Winkel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CdA</hi></hi> = <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">edB</hi></hi> = <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AdH,</hi></hi> die Richtung, als ob &#x017F;ie<lb/>
alle von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">H</hi></hi> herka&#x0364;men. Man nennt daher <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">H</hi></hi> das <hi rendition="#g">Bild</hi> des Gegen-<lb/>
&#x017F;tandes,                         weil, obgleich in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">H</hi></hi> hinter dem Spiegel nichts Reelles<lb/>
vorhanden i&#x017F;t, doch                         alle Augen &#x017F;ich nach die&#x017F;em Puncte richten, um<lb/>
den                         ge&#x017F;piegelten Gegen&#x017F;tand zu &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Auf die&#x017F;er Be&#x017F;timmung des Bildes beruhen einzelne,                         leicht zu<lb/>
erkla&#x0364;rende Er&#x017F;cheinungen. Zum                         Bei&#x017F;piel, wenn ein grader Stab<lb/>
&#x017F;enkrecht auf dem                         Spiegel &#x017F;teht, &#x017F;o er&#x017F;cheinen Bild und                         Gegen&#x017F;tand<lb/>
als ein einziger grader Stab. Wenn ein grader Stab                         einen halb-<lb/>
rechten Winkel mit dem Spiegel macht, &#x017F;o                         &#x017F;cheint das Bild einen<lb/>
rechten Winkel mit dem Stabe zu                         machen. Wenn mein Auge auf<lb/>
das im Spiegel er&#x017F;cheinende Auge                         eines Andern gerichtet i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;cheint                         das Bild meines Auges aus dem Spiegel heraus jenen An-<lb/>
dern                         anzu&#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Bei un&#x017F;ern gewo&#x0364;hnlichen Glas&#x017F;piegeln zeigen                         &#x017F;ich uns immer<lb/>
doppelte, auch wohl mehrfache Bilder. Hier                         &#x017F;ind na&#x0364;mlich zwei das<lb/>
Licht                         zuru&#x0364;ckwerfende Fla&#x0364;chen, indem auch die                         Vorder&#x017F;eite des Gla-<lb/>
&#x017F;es einige                         Licht&#x017F;trahlen reflectirt, wenn gleich die mehr Licht                         zuru&#x0364;ck-<lb/>
werfende, mit dem Amalgam belegte                         Hinterfla&#x0364;che uns das lebhaf-<lb/>
te&#x017F;te Bild                         dar&#x017F;tellt. Es &#x017F;ei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">HI</hi></hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 29.</hi></hi>) die Dicke des Spiegel-<lb/>
gla&#x017F;es <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">HIGE, A</hi></hi> &#x017F;ei der leuchtende Punct, &#x017F;o liegt das der                         Vor-<lb/>
derfla&#x0364;che ent&#x017F;prechende Bild in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">K,</hi></hi> das der Hinterfla&#x0364;che ent&#x017F;prechen-<lb/>
de Bild                         in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">L,</hi></hi> wenn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">K</hi></hi> &#x017F;o weit hinter <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">H, L</hi></hi> &#x017F;o weit hinter <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">I</hi></hi> liegt,<lb/>
als <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> vor der einen und vor der andern Fla&#x0364;che, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AH</hi></hi> = <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">HK,<lb/>
AI</hi></hi> = <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">IL</hi></hi>. Das Auge in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">O</hi></hi> erha&#x0364;lt al&#x017F;o einen von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> und einen<lb/>
von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> aus zuru&#x0364;ckgeworfenen Licht&#x017F;trahl und der                         letztere macht den<lb/>
lebhafteren Eindruck. I&#x017F;t der Spiegel an                         der hinteren Seite &#x017F;o<lb/>
ge&#x017F;chliffen, daß                         &#x017F;eine Hinter&#x017F;eite mit der Vorder&#x017F;eite                         parallel i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn man das Auge von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">O</hi></hi> gegen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">o</hi></hi> zu bewegt, beide<lb/>
Bilder einander regelma&#x0364;ßig begleiten,                         das heißt, der Winkel zwi-<lb/>
&#x017F;chen den beiden reflectirten                         Strahlen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">BO, CO</hi></hi> i&#x017F;t bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">o</hi></hi> nicht er-<lb/>
heblich von dem bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">O</hi></hi> ver&#x017F;chieden. Dagegen wenn die                         Hinter&#x017F;eite,<lb/>
&#x017F;o wie bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">EF,</hi></hi> unregelma&#x0364;ßig i&#x017F;t, der Spiegel zwar bis <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E</hi></hi> parallele<lb/>
Fla&#x0364;chen hat, aber gegen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">F</hi></hi> zu du&#x0364;nner wird, &#x017F;o liegt das der                             Fla&#x0364;che<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0091] CdI auf den Spiegel fallen; ſie alle werden unter einem, ihrem Einfallswinkel gleichen, Winkel nach DE, de, dI eI reflectirt, und die zuruͤckgeworfenen Strahlen haben, wegen dieſer Gleichheit der Winkel CdA = edB = AdH, die Richtung, als ob ſie alle von H herkaͤmen. Man nennt daher H das Bild des Gegen- ſtandes, weil, obgleich in H hinter dem Spiegel nichts Reelles vorhanden iſt, doch alle Augen ſich nach dieſem Puncte richten, um den geſpiegelten Gegenſtand zu ſehen. Auf dieſer Beſtimmung des Bildes beruhen einzelne, leicht zu erklaͤrende Erſcheinungen. Zum Beiſpiel, wenn ein grader Stab ſenkrecht auf dem Spiegel ſteht, ſo erſcheinen Bild und Gegenſtand als ein einziger grader Stab. Wenn ein grader Stab einen halb- rechten Winkel mit dem Spiegel macht, ſo ſcheint das Bild einen rechten Winkel mit dem Stabe zu machen. Wenn mein Auge auf das im Spiegel erſcheinende Auge eines Andern gerichtet iſt, ſo ſcheint das Bild meines Auges aus dem Spiegel heraus jenen An- dern anzuſehen. Bei unſern gewoͤhnlichen Glasſpiegeln zeigen ſich uns immer doppelte, auch wohl mehrfache Bilder. Hier ſind naͤmlich zwei das Licht zuruͤckwerfende Flaͤchen, indem auch die Vorderſeite des Gla- ſes einige Lichtſtrahlen reflectirt, wenn gleich die mehr Licht zuruͤck- werfende, mit dem Amalgam belegte Hinterflaͤche uns das lebhaf- teſte Bild darſtellt. Es ſei HI (Fig. 29.) die Dicke des Spiegel- glaſes HIGE, A ſei der leuchtende Punct, ſo liegt das der Vor- derflaͤche entſprechende Bild in K, das der Hinterflaͤche entſprechen- de Bild in L, wenn K ſo weit hinter H, L ſo weit hinter I liegt, als A vor der einen und vor der andern Flaͤche, AH = HK, AI = IL. Das Auge in O erhaͤlt alſo einen von B und einen von C aus zuruͤckgeworfenen Lichtſtrahl und der letztere macht den lebhafteren Eindruck. Iſt der Spiegel an der hinteren Seite ſo geſchliffen, daß ſeine Hinterſeite mit der Vorderſeite parallel iſt, ſo muͤſſen, wenn man das Auge von O gegen o zu bewegt, beide Bilder einander regelmaͤßig begleiten, das heißt, der Winkel zwi- ſchen den beiden reflectirten Strahlen BO, CO iſt bei o nicht er- heblich von dem bei O verſchieden. Dagegen wenn die Hinterſeite, ſo wie bei EF, unregelmaͤßig iſt, der Spiegel zwar bis E parallele Flaͤchen hat, aber gegen F zu duͤnner wird, ſo liegt das der Flaͤche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/91
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/91>, abgerufen am 29.04.2024.