Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

von 40 Atmosphären erreichen, wenn sie nicht bis über 250° C.
erhitzt sind, und ein Druck von 60 Atmosphären kann erst bei
280° C. eintreten; diese Hitze muß also kein Theil der Oberfläche
des Kessels erreichen, dann ist man sicher, auch keine Dämpfe von
so großer Elasticität zu haben. Und hiezu hat von Reichen-
bach
ein Mittel, das später auch Arago empfolen hat, vorge-
schlagen und angewandt, nämlich die Anbringung leicht schmelzbarer
Metalle. Wenn man in dem Deckel des Kessels sich eine nicht zu
kleine Oeffnung mit einem Metalle, das bei 250° Cent. schmilzt,
geschlossen denkt, so kann niemals der Dampf eine Elasticität von
40 Atmosphären erreichen, weil ein solcher Dampf doch nur da
entstehen kann, wo er jene Wärme findet. Diese leicht schmelzbaren
Stellen müssen da liegen, wo eine unmäßige Erhitzung am ehesten
zu vermuthen ist, und da die Erhitzung gewiß immer in allmählig
steigenden Graden zunimmt, so ist wohl nicht zu fürchten, daß
diese Schmelzung zu viel Zeit fordern könnte. Daß man die auf
diese Weise absichtlich geschwächten Stellen so anlegen müsse, daß
ihr Aufbrechen keinen Nachtheil bringe, versteht sich von selbst.
Die Sicherung scheint durch diese Anwendung leicht schmelzbarer
Metallmischungen vollkommen erreicht zu werden; aber sie haben
zu dem Einwurfe Anlaß gegeben, daß sie schon bei geringerer Wärme
etwas erweicht werden, und daher früher nachgeben, als es der
Zweck der Maschine fordert. Nach Arago's Bemerkung ver-
meidet man diesen Nachtheil, wenn man sie mit einem engmaschi-
gen Gewebe von unschmelzbarem Metalle bedeckt; dieses gestattet
dem noch ungeschmolzenen Metalle kein Nachgeben gegen den Druck
des Dampfes, hindert aber das Hervordringen der Dämpfe nicht,
sobald das Metall schmilzt; und so läßt sich hoffen, daß durch
dieses allemal zeitig genug eintretende Oeffnen eines Ventiles, ehe
noch der Druck so unmäßig wird, und lange ehe die Glühehitze ein-
tritt, alle Gefahren so sicher, als es bei menschlichen Werken über-
haupt möglich ist, abgewendet werden können.



von 40 Atmoſphaͤren erreichen, wenn ſie nicht bis uͤber 250° C.
erhitzt ſind, und ein Druck von 60 Atmoſphaͤren kann erſt bei
280° C. eintreten; dieſe Hitze muß alſo kein Theil der Oberflaͤche
des Keſſels erreichen, dann iſt man ſicher, auch keine Daͤmpfe von
ſo großer Elaſticitaͤt zu haben. Und hiezu hat von Reichen-
bach
ein Mittel, das ſpaͤter auch Arago empfolen hat, vorge-
ſchlagen und angewandt, naͤmlich die Anbringung leicht ſchmelzbarer
Metalle. Wenn man in dem Deckel des Keſſels ſich eine nicht zu
kleine Oeffnung mit einem Metalle, das bei 250° Cent. ſchmilzt,
geſchloſſen denkt, ſo kann niemals der Dampf eine Elaſticitaͤt von
40 Atmoſphaͤren erreichen, weil ein ſolcher Dampf doch nur da
entſtehen kann, wo er jene Waͤrme findet. Dieſe leicht ſchmelzbaren
Stellen muͤſſen da liegen, wo eine unmaͤßige Erhitzung am eheſten
zu vermuthen iſt, und da die Erhitzung gewiß immer in allmaͤhlig
ſteigenden Graden zunimmt, ſo iſt wohl nicht zu fuͤrchten, daß
dieſe Schmelzung zu viel Zeit fordern koͤnnte. Daß man die auf
dieſe Weiſe abſichtlich geſchwaͤchten Stellen ſo anlegen muͤſſe, daß
ihr Aufbrechen keinen Nachtheil bringe, verſteht ſich von ſelbſt.
Die Sicherung ſcheint durch dieſe Anwendung leicht ſchmelzbarer
Metallmiſchungen vollkommen erreicht zu werden; aber ſie haben
zu dem Einwurfe Anlaß gegeben, daß ſie ſchon bei geringerer Waͤrme
etwas erweicht werden, und daher fruͤher nachgeben, als es der
Zweck der Maſchine fordert. Nach Arago's Bemerkung ver-
meidet man dieſen Nachtheil, wenn man ſie mit einem engmaſchi-
gen Gewebe von unſchmelzbarem Metalle bedeckt; dieſes geſtattet
dem noch ungeſchmolzenen Metalle kein Nachgeben gegen den Druck
des Dampfes, hindert aber das Hervordringen der Daͤmpfe nicht,
ſobald das Metall ſchmilzt; und ſo laͤßt ſich hoffen, daß durch
dieſes allemal zeitig genug eintretende Oeffnen eines Ventiles, ehe
noch der Druck ſo unmaͤßig wird, und lange ehe die Gluͤhehitze ein-
tritt, alle Gefahren ſo ſicher, als es bei menſchlichen Werken uͤber-
haupt moͤglich iſt, abgewendet werden koͤnnen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0153" n="139"/>
von 40 Atmo&#x017F;pha&#x0364;ren erreichen, wenn &#x017F;ie nicht bis u&#x0364;ber 250° C.<lb/>
erhitzt &#x017F;ind, und ein Druck von 60 Atmo&#x017F;pha&#x0364;ren kann er&#x017F;t bei<lb/>
280° C. eintreten; die&#x017F;e Hitze muß al&#x017F;o kein Theil der Oberfla&#x0364;che<lb/>
des Ke&#x017F;&#x017F;els erreichen, dann i&#x017F;t man &#x017F;icher, auch keine Da&#x0364;mpfe von<lb/>
&#x017F;o großer Ela&#x017F;ticita&#x0364;t zu haben. Und hiezu hat <hi rendition="#g">von Reichen-<lb/>
bach</hi> ein Mittel, das &#x017F;pa&#x0364;ter auch <hi rendition="#g">Arago</hi> empfolen hat, vorge-<lb/>
&#x017F;chlagen und angewandt, na&#x0364;mlich die Anbringung leicht &#x017F;chmelzbarer<lb/>
Metalle. Wenn man in dem Deckel des Ke&#x017F;&#x017F;els &#x017F;ich eine nicht zu<lb/>
kleine Oeffnung mit einem Metalle, das bei 250° Cent. &#x017F;chmilzt,<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en denkt, &#x017F;o kann niemals der Dampf eine Ela&#x017F;ticita&#x0364;t von<lb/>
40 Atmo&#x017F;pha&#x0364;ren erreichen, weil ein &#x017F;olcher Dampf doch nur da<lb/>
ent&#x017F;tehen kann, wo er jene Wa&#x0364;rme findet. Die&#x017F;e leicht &#x017F;chmelzbaren<lb/>
Stellen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en da liegen, wo eine unma&#x0364;ßige Erhitzung am ehe&#x017F;ten<lb/>
zu vermuthen i&#x017F;t, und da die Erhitzung gewiß immer in allma&#x0364;hlig<lb/>
&#x017F;teigenden Graden zunimmt, &#x017F;o i&#x017F;t wohl nicht zu fu&#x0364;rchten, daß<lb/>
die&#x017F;e Schmelzung zu viel Zeit fordern ko&#x0364;nnte. Daß man die auf<lb/>
die&#x017F;e Wei&#x017F;e ab&#x017F;ichtlich ge&#x017F;chwa&#x0364;chten Stellen &#x017F;o anlegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, daß<lb/>
ihr Aufbrechen keinen Nachtheil bringe, ver&#x017F;teht &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Die Sicherung &#x017F;cheint durch die&#x017F;e Anwendung leicht &#x017F;chmelzbarer<lb/>
Metallmi&#x017F;chungen vollkommen erreicht zu werden; aber &#x017F;ie haben<lb/>
zu dem Einwurfe Anlaß gegeben, daß &#x017F;ie &#x017F;chon bei geringerer Wa&#x0364;rme<lb/>
etwas erweicht werden, und daher fru&#x0364;her nachgeben, als es der<lb/>
Zweck der Ma&#x017F;chine fordert. Nach <hi rendition="#g">Arago's</hi> Bemerkung ver-<lb/>
meidet man die&#x017F;en Nachtheil, wenn man &#x017F;ie mit einem engma&#x017F;chi-<lb/>
gen Gewebe von un&#x017F;chmelzbarem Metalle bedeckt; die&#x017F;es ge&#x017F;tattet<lb/>
dem noch unge&#x017F;chmolzenen Metalle kein Nachgeben gegen den Druck<lb/>
des Dampfes, hindert aber das Hervordringen der Da&#x0364;mpfe nicht,<lb/>
&#x017F;obald das Metall &#x017F;chmilzt; und &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich hoffen, daß durch<lb/>
die&#x017F;es allemal zeitig genug eintretende Oeffnen eines Ventiles, ehe<lb/>
noch der Druck &#x017F;o unma&#x0364;ßig wird, und lange ehe die Glu&#x0364;hehitze ein-<lb/>
tritt, alle Gefahren &#x017F;o &#x017F;icher, als es bei men&#x017F;chlichen Werken u&#x0364;ber-<lb/>
haupt mo&#x0364;glich i&#x017F;t, abgewendet werden ko&#x0364;nnen.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0153] von 40 Atmoſphaͤren erreichen, wenn ſie nicht bis uͤber 250° C. erhitzt ſind, und ein Druck von 60 Atmoſphaͤren kann erſt bei 280° C. eintreten; dieſe Hitze muß alſo kein Theil der Oberflaͤche des Keſſels erreichen, dann iſt man ſicher, auch keine Daͤmpfe von ſo großer Elaſticitaͤt zu haben. Und hiezu hat von Reichen- bach ein Mittel, das ſpaͤter auch Arago empfolen hat, vorge- ſchlagen und angewandt, naͤmlich die Anbringung leicht ſchmelzbarer Metalle. Wenn man in dem Deckel des Keſſels ſich eine nicht zu kleine Oeffnung mit einem Metalle, das bei 250° Cent. ſchmilzt, geſchloſſen denkt, ſo kann niemals der Dampf eine Elaſticitaͤt von 40 Atmoſphaͤren erreichen, weil ein ſolcher Dampf doch nur da entſtehen kann, wo er jene Waͤrme findet. Dieſe leicht ſchmelzbaren Stellen muͤſſen da liegen, wo eine unmaͤßige Erhitzung am eheſten zu vermuthen iſt, und da die Erhitzung gewiß immer in allmaͤhlig ſteigenden Graden zunimmt, ſo iſt wohl nicht zu fuͤrchten, daß dieſe Schmelzung zu viel Zeit fordern koͤnnte. Daß man die auf dieſe Weiſe abſichtlich geſchwaͤchten Stellen ſo anlegen muͤſſe, daß ihr Aufbrechen keinen Nachtheil bringe, verſteht ſich von ſelbſt. Die Sicherung ſcheint durch dieſe Anwendung leicht ſchmelzbarer Metallmiſchungen vollkommen erreicht zu werden; aber ſie haben zu dem Einwurfe Anlaß gegeben, daß ſie ſchon bei geringerer Waͤrme etwas erweicht werden, und daher fruͤher nachgeben, als es der Zweck der Maſchine fordert. Nach Arago's Bemerkung ver- meidet man dieſen Nachtheil, wenn man ſie mit einem engmaſchi- gen Gewebe von unſchmelzbarem Metalle bedeckt; dieſes geſtattet dem noch ungeſchmolzenen Metalle kein Nachgeben gegen den Druck des Dampfes, hindert aber das Hervordringen der Daͤmpfe nicht, ſobald das Metall ſchmilzt; und ſo laͤßt ſich hoffen, daß durch dieſes allemal zeitig genug eintretende Oeffnen eines Ventiles, ehe noch der Druck ſo unmaͤßig wird, und lange ehe die Gluͤhehitze ein- tritt, alle Gefahren ſo ſicher, als es bei menſchlichen Werken uͤber- haupt moͤglich iſt, abgewendet werden koͤnnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/153
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/153>, abgerufen am 29.04.2024.