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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Das beste wäre, die Axe C an einem langen und feinen Faden
aufzuhängen, damit die Nadel durch nichts gehindert würde, in
jeder Beziehung dem Antriebe zu folgen, den die auf die Magnet-
nadel wirkende Richtungskraft darbietet; das zweite wäre, der auf
einer Unterlage ruhenden Axe C verschiedene Stellungen bald nach
der einen, bald nach der andern Weltgegend zu geben und in jeder
dieser Stellungen die Neigung der Magnetnadel zu beobachten.
Wählt man die erste Methode, so findet man, daß die Nadel in
derjenigen Vertical - Ebne ruhend bleibt, die wir schon aus der
Stellung der horizontalen Nadel als die magnetische Richtung, als
den magnetischen Meridian kennen, und daß sie in dieser
Ebne einen bestimmten Neigungswinkel, in Sachsen ungefähr von
67 Grad, mit dem Horizonte macht. Bei Anwendung der zweiten
Methode findet man, wenn die Ebne, in welcher sich die Nadel
frei bewegt, der magnetische Meridian ist, eben jene Neigung von
67°; aber je mehr die Stellung der Axe C von der gegen diesen
Meridian senkrechten Richtung abweicht, das heißt, je mehr die
Ebne, in welcher die Nadel selbst ihre Bewegung macht, nach Osten
und Westen zu geht, desto mehr stellt sich die Nadel in die verti-
cale Lage, und erreicht diese, wenn die Drehungs-Ebne der Nadel
ganz genau senkrecht auf den magnetischen Meridian ist.

Da unsere Nadel im genauen Schwerpuncte aufgehängt ist,
so kömmt bei ihrer Stellung die Schwerkraft gar nicht in Be-
trachtung und die Richtung der frei schwebenden Nadel ist überein-
stimmend mit der Richtung der magnetischen Kraft, welche allein
auf die Nadel wirkt. Da diese nach CA wirkende Kraft ungefähr
mit dem Horizonte einen Winkel von 67° macht, so ist sie, nach
Grundsätzen der Statik, anzusehen, als ob sie aus einer horizon-
talen Kraft, die ungefähr 2/5 der ganzen Kraft (CD = 2/5 CA) ist,
(Fig. 140.) und aus einer der ganzen Kraft (CE =
CA.) betragenden Verticalkraft zusammengesetzt wäre, oder sie
kann durch zwei solche Kräfte ersetzt werden. Befindet sich die
Axe der Nadel in der Lage, daß die Drehung in der vertica-
len Ebne des magnetischen Meridians geschieht, so wirkt die ge-
sammte magnetische Kraft der Erde, -- denn so dürfen
wir die hier wirksame Kraft wohl nennen, -- zur Zurückführung
der Nadel in ihre genau richtige Lage, die Oscillationen der Nadel

Das beſte waͤre, die Axe C an einem langen und feinen Faden
aufzuhaͤngen, damit die Nadel durch nichts gehindert wuͤrde, in
jeder Beziehung dem Antriebe zu folgen, den die auf die Magnet-
nadel wirkende Richtungskraft darbietet; das zweite waͤre, der auf
einer Unterlage ruhenden Axe C verſchiedene Stellungen bald nach
der einen, bald nach der andern Weltgegend zu geben und in jeder
dieſer Stellungen die Neigung der Magnetnadel zu beobachten.
Waͤhlt man die erſte Methode, ſo findet man, daß die Nadel in
derjenigen Vertical - Ebne ruhend bleibt, die wir ſchon aus der
Stellung der horizontalen Nadel als die magnetiſche Richtung, als
den magnetiſchen Meridian kennen, und daß ſie in dieſer
Ebne einen beſtimmten Neigungswinkel, in Sachſen ungefaͤhr von
67 Grad, mit dem Horizonte macht. Bei Anwendung der zweiten
Methode findet man, wenn die Ebne, in welcher ſich die Nadel
frei bewegt, der magnetiſche Meridian iſt, eben jene Neigung von
67°; aber je mehr die Stellung der Axe C von der gegen dieſen
Meridian ſenkrechten Richtung abweicht, das heißt, je mehr die
Ebne, in welcher die Nadel ſelbſt ihre Bewegung macht, nach Oſten
und Weſten zu geht, deſto mehr ſtellt ſich die Nadel in die verti-
cale Lage, und erreicht dieſe, wenn die Drehungs-Ebne der Nadel
ganz genau ſenkrecht auf den magnetiſchen Meridian iſt.

Da unſere Nadel im genauen Schwerpuncte aufgehaͤngt iſt,
ſo koͤmmt bei ihrer Stellung die Schwerkraft gar nicht in Be-
trachtung und die Richtung der frei ſchwebenden Nadel iſt uͤberein-
ſtimmend mit der Richtung der magnetiſchen Kraft, welche allein
auf die Nadel wirkt. Da dieſe nach CA wirkende Kraft ungefaͤhr
mit dem Horizonte einen Winkel von 67° macht, ſo iſt ſie, nach
Grundſaͤtzen der Statik, anzuſehen, als ob ſie aus einer horizon-
talen Kraft, die ungefaͤhr ⅖ der ganzen Kraft (CD = ⅖ CA) iſt,
(Fig. 140.) und aus einer der ganzen Kraft (CE =
CA.) betragenden Verticalkraft zuſammengeſetzt waͤre, oder ſie
kann durch zwei ſolche Kraͤfte erſetzt werden. Befindet ſich die
Axe der Nadel in der Lage, daß die Drehung in der vertica-
len Ebne des magnetiſchen Meridians geſchieht, ſo wirkt die ge-
ſammte magnetiſche Kraft der Erde, — denn ſo duͤrfen
wir die hier wirkſame Kraft wohl nennen, — zur Zuruͤckfuͤhrung
der Nadel in ihre genau richtige Lage, die Oſcillationen der Nadel

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[428/0442] Das beſte waͤre, die Axe C an einem langen und feinen Faden aufzuhaͤngen, damit die Nadel durch nichts gehindert wuͤrde, in jeder Beziehung dem Antriebe zu folgen, den die auf die Magnet- nadel wirkende Richtungskraft darbietet; das zweite waͤre, der auf einer Unterlage ruhenden Axe C verſchiedene Stellungen bald nach der einen, bald nach der andern Weltgegend zu geben und in jeder dieſer Stellungen die Neigung der Magnetnadel zu beobachten. Waͤhlt man die erſte Methode, ſo findet man, daß die Nadel in derjenigen Vertical - Ebne ruhend bleibt, die wir ſchon aus der Stellung der horizontalen Nadel als die magnetiſche Richtung, als den magnetiſchen Meridian kennen, und daß ſie in dieſer Ebne einen beſtimmten Neigungswinkel, in Sachſen ungefaͤhr von 67 Grad, mit dem Horizonte macht. Bei Anwendung der zweiten Methode findet man, wenn die Ebne, in welcher ſich die Nadel frei bewegt, der magnetiſche Meridian iſt, eben jene Neigung von 67°; aber je mehr die Stellung der Axe C von der gegen dieſen Meridian ſenkrechten Richtung abweicht, das heißt, je mehr die Ebne, in welcher die Nadel ſelbſt ihre Bewegung macht, nach Oſten und Weſten zu geht, deſto mehr ſtellt ſich die Nadel in die verti- cale Lage, und erreicht dieſe, wenn die Drehungs-Ebne der Nadel ganz genau ſenkrecht auf den magnetiſchen Meridian iſt. Da unſere Nadel im genauen Schwerpuncte aufgehaͤngt iſt, ſo koͤmmt bei ihrer Stellung die Schwerkraft gar nicht in Be- trachtung und die Richtung der frei ſchwebenden Nadel iſt uͤberein- ſtimmend mit der Richtung der magnetiſchen Kraft, welche allein auf die Nadel wirkt. Da dieſe nach CA wirkende Kraft ungefaͤhr mit dem Horizonte einen Winkel von 67° macht, ſo iſt ſie, nach Grundſaͤtzen der Statik, anzuſehen, als ob ſie aus einer horizon- talen Kraft, die ungefaͤhr ⅖ der ganzen Kraft (CD = ⅖ CA) iſt, (Fig. 140.) und aus einer [FORMEL] der ganzen Kraft (CE = [FORMEL] ⋅ CA.) betragenden Verticalkraft zuſammengeſetzt waͤre, oder ſie kann durch zwei ſolche Kraͤfte erſetzt werden. Befindet ſich die Axe der Nadel in der Lage, daß die Drehung in der vertica- len Ebne des magnetiſchen Meridians geſchieht, ſo wirkt die ge- ſammte magnetiſche Kraft der Erde, — denn ſo duͤrfen wir die hier wirkſame Kraft wohl nennen, — zur Zuruͤckfuͤhrung der Nadel in ihre genau richtige Lage, die Oſcillationen der Nadel

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/442>, abgerufen am 29.04.2024.