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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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tung der Neigungsnadel gestanden haben, sich dauernd magnetisch
zeigen, wo dann allemal in unsern Gegenden das untere Ende
ein Nordpol ist. Es ist lange bekannt, daß eine Stange von
Stahl, wenn sie in der Richtung der Neigungsnadel aufgestellt
und dann gefeilt, mit einem Hammer geschlagen oder sonst in
starke Erschütterung gesetzt wird, sich sehr bald magnetisirt zeigt und
diesen Magnetismus längere Zeit behält. Genauere Untersu-
chungen haben gelehrt, daß man diese Hervorbringung eines ma-
gnetischen Zustandes vermeidet, wenn man die noch völlig unma-
gnetische Stange in der Ebne des magnetischen Aequators, das
heißt, senkrecht auf die Richtung der Neigungsnadel, befestigt,
und daß man sie dann hämmern und feilen darf, ohne daß sie
magnetisch wird; ja sogar, daß die schon magnetische Stange,
zumal wenn sie von schwacher Härtung ist, ihre Polarität ver-
liert, wenn man sie in dieser Richtung gehalten, in Erschütterung
setzt. Hierin liegt daher ein Mittel, den so leicht in schwachem
Grade hervortretenden Magnetismus aufzuheben, indeß hält dies
bei stärker gehärtetem Stahle schwer, weil dieser die einmal er-
langte magnetische Kraft sehr fest hält, statt daß der völlig weiche
Stahl, so wie weiches Eisen, durchaus keinen dauernden Magne-
tismus erhält, sondern nur, theils unter dem Einflusse der Erde
den eben vorhin erwähnten Magnetismus nach der jedesmaligen
Lage annimmt, und sogleich wieder verliert, theils in der Nähe
eines Magnetes in dem Puncte, welcher seinem einen Pole nahe
genug ist, die entgegengesetzte Polarität annimmt. Die Fälle, wo
man in älteren Versuchen durch einen durch die Nadel gehenden
electrischen Schlag diese magnetisch machte, beruhte auch nur hier-
auf, indem ein ganz gleicher Schlag die Nadel unmagnetisch läßt,
wenn sie sich im magnetischen Aequator befindet. Dies alles
kömmt darauf hinaus, daß auch die Stahltheilchen diejenige Dis-
position, diejenige Aenderung der Lage oder worin es sonst be-
stehe, unter dem Einflusse der magnetischen Kraft der Erde an-
zunehmen geneigt sind, die erforderlich ist, um den Stahl zum
Magnet zu machen, daß dies bei jeder Erschütterung leichter ein-
tritt, aber offenbar auf keine merkliche Weise eintreten kann,
wenn die Stange im magnetischen Aequator ist, weil da die kleinen
Magnete, die wir uns als aus den Theilchen des Eisens gebildet

tung der Neigungsnadel geſtanden haben, ſich dauernd magnetiſch
zeigen, wo dann allemal in unſern Gegenden das untere Ende
ein Nordpol iſt. Es iſt lange bekannt, daß eine Stange von
Stahl, wenn ſie in der Richtung der Neigungsnadel aufgeſtellt
und dann gefeilt, mit einem Hammer geſchlagen oder ſonſt in
ſtarke Erſchuͤtterung geſetzt wird, ſich ſehr bald magnetiſirt zeigt und
dieſen Magnetismus laͤngere Zeit behaͤlt. Genauere Unterſu-
chungen haben gelehrt, daß man dieſe Hervorbringung eines ma-
gnetiſchen Zuſtandes vermeidet, wenn man die noch voͤllig unma-
gnetiſche Stange in der Ebne des magnetiſchen Aequators, das
heißt, ſenkrecht auf die Richtung der Neigungsnadel, befeſtigt,
und daß man ſie dann haͤmmern und feilen darf, ohne daß ſie
magnetiſch wird; ja ſogar, daß die ſchon magnetiſche Stange,
zumal wenn ſie von ſchwacher Haͤrtung iſt, ihre Polaritaͤt ver-
liert, wenn man ſie in dieſer Richtung gehalten, in Erſchuͤtterung
ſetzt. Hierin liegt daher ein Mittel, den ſo leicht in ſchwachem
Grade hervortretenden Magnetismus aufzuheben, indeß haͤlt dies
bei ſtaͤrker gehaͤrtetem Stahle ſchwer, weil dieſer die einmal er-
langte magnetiſche Kraft ſehr feſt haͤlt, ſtatt daß der voͤllig weiche
Stahl, ſo wie weiches Eiſen, durchaus keinen dauernden Magne-
tismus erhaͤlt, ſondern nur, theils unter dem Einfluſſe der Erde
den eben vorhin erwaͤhnten Magnetismus nach der jedesmaligen
Lage annimmt, und ſogleich wieder verliert, theils in der Naͤhe
eines Magnetes in dem Puncte, welcher ſeinem einen Pole nahe
genug iſt, die entgegengeſetzte Polaritaͤt annimmt. Die Faͤlle, wo
man in aͤlteren Verſuchen durch einen durch die Nadel gehenden
electriſchen Schlag dieſe magnetiſch machte, beruhte auch nur hier-
auf, indem ein ganz gleicher Schlag die Nadel unmagnetiſch laͤßt,
wenn ſie ſich im magnetiſchen Aequator befindet. Dies alles
koͤmmt darauf hinaus, daß auch die Stahltheilchen diejenige Dis-
poſition, diejenige Aenderung der Lage oder worin es ſonſt be-
ſtehe, unter dem Einfluſſe der magnetiſchen Kraft der Erde an-
zunehmen geneigt ſind, die erforderlich iſt, um den Stahl zum
Magnet zu machen, daß dies bei jeder Erſchuͤtterung leichter ein-
tritt, aber offenbar auf keine merkliche Weiſe eintreten kann,
wenn die Stange im magnetiſchen Aequator iſt, weil da die kleinen
Magnete, die wir uns als aus den Theilchen des Eiſens gebildet

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[456/0470] tung der Neigungsnadel geſtanden haben, ſich dauernd magnetiſch zeigen, wo dann allemal in unſern Gegenden das untere Ende ein Nordpol iſt. Es iſt lange bekannt, daß eine Stange von Stahl, wenn ſie in der Richtung der Neigungsnadel aufgeſtellt und dann gefeilt, mit einem Hammer geſchlagen oder ſonſt in ſtarke Erſchuͤtterung geſetzt wird, ſich ſehr bald magnetiſirt zeigt und dieſen Magnetismus laͤngere Zeit behaͤlt. Genauere Unterſu- chungen haben gelehrt, daß man dieſe Hervorbringung eines ma- gnetiſchen Zuſtandes vermeidet, wenn man die noch voͤllig unma- gnetiſche Stange in der Ebne des magnetiſchen Aequators, das heißt, ſenkrecht auf die Richtung der Neigungsnadel, befeſtigt, und daß man ſie dann haͤmmern und feilen darf, ohne daß ſie magnetiſch wird; ja ſogar, daß die ſchon magnetiſche Stange, zumal wenn ſie von ſchwacher Haͤrtung iſt, ihre Polaritaͤt ver- liert, wenn man ſie in dieſer Richtung gehalten, in Erſchuͤtterung ſetzt. Hierin liegt daher ein Mittel, den ſo leicht in ſchwachem Grade hervortretenden Magnetismus aufzuheben, indeß haͤlt dies bei ſtaͤrker gehaͤrtetem Stahle ſchwer, weil dieſer die einmal er- langte magnetiſche Kraft ſehr feſt haͤlt, ſtatt daß der voͤllig weiche Stahl, ſo wie weiches Eiſen, durchaus keinen dauernden Magne- tismus erhaͤlt, ſondern nur, theils unter dem Einfluſſe der Erde den eben vorhin erwaͤhnten Magnetismus nach der jedesmaligen Lage annimmt, und ſogleich wieder verliert, theils in der Naͤhe eines Magnetes in dem Puncte, welcher ſeinem einen Pole nahe genug iſt, die entgegengeſetzte Polaritaͤt annimmt. Die Faͤlle, wo man in aͤlteren Verſuchen durch einen durch die Nadel gehenden electriſchen Schlag dieſe magnetiſch machte, beruhte auch nur hier- auf, indem ein ganz gleicher Schlag die Nadel unmagnetiſch laͤßt, wenn ſie ſich im magnetiſchen Aequator befindet. Dies alles koͤmmt darauf hinaus, daß auch die Stahltheilchen diejenige Dis- poſition, diejenige Aenderung der Lage oder worin es ſonſt be- ſtehe, unter dem Einfluſſe der magnetiſchen Kraft der Erde an- zunehmen geneigt ſind, die erforderlich iſt, um den Stahl zum Magnet zu machen, daß dies bei jeder Erſchuͤtterung leichter ein- tritt, aber offenbar auf keine merkliche Weiſe eintreten kann, wenn die Stange im magnetiſchen Aequator iſt, weil da die kleinen Magnete, die wir uns als aus den Theilchen des Eiſens gebildet

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/470>, abgerufen am 27.04.2024.