Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Säger.
sehr bald von seiner außerordentlichen Sinnesschärfe, welche ihn Alles, was vorgeht, bemerken läßt,
und der Beobachter lernt seinen Verstand, seine Vorsicht und Scheu, seine List und Verschlagenheit,
oder der Jäger das seinen Verstand ehrende Sichfügen in die Verhältnisse bald genug kennen.
Abweichend von seinen Familienverwandten pflegt er nur mit anderen seiner Art der Geselligkeit;
streng genommen, bekümmert er sich nicht einmal um den in Geist und Wesen ihm höchst ähnlichen
Schopfsäger. Auf dem Zuge oder in den Thiergärten sieht man die Gänsesäger stets zusammen, merkt
aber bald, daß an ein wirkliches freundschaftliches Verhältniß unter ihnen nicht gedacht werden darf,
daß namentlich ihr neidisches Wesen bei jeder Veranlassung sich bekundet. Damit steht nicht im
Widerspruche, daß auch die Gänsesäger sich beim Fischen in gewisser Weise unterstützen, gleichzeitig
eintauchen und sich in der That die Fische gewissermaßen einander zutreiben; denn jeder arbeitet dabei
nur für sich und ist weit entfernt, durch seine Bestrebungen dem anderen einen Vortheil zuwenden zu
wollen.

Der Gänsesäger frißt, so lange er nicht zu anderer Nahrung genöthigt wird, nur Fische, und
zwar am liebsten kleine von vier bis sechs Zoll Länge, ist aber auch im Stande, größere zu bewältigen.
Ausnahmsweise liest er nebenbei Kerfe, welche in der Jugend seine hauptsächlichste Speise bilden, oder
Gewürm zusammen.

Jn Deutschland nistet hier und da ein Pärchen unseres Vogels, am häufigsten wohl in den Seen
der nördlichsten Theile unseres Vaterlandes, beispielsweise in Pommern, Mecklenburg und Holstein.
Auf den dänischen Jnseln brütet er schon regelmäßig, und vonhieraus nach Norden hin auf allen
ihm zusagenden Gewässern. Die Paare finden sich bereits in der Winterherberge zusammen und
erscheinen gemeinschaftlich auf dem Brutplatze, schreiten im Norden aber erst Anfangs Juni zur Fort-
pflanzung. Das Nest wird an sehr verschiedenen Orten angelegt, oft in einer Vertiefung des Bodens
zwischen Gestein oder unter Gesträuch, zuweilen auf den Köpfen der Weiden, auf alten Raubvögel-
oder Krähenhorsten und gar nicht selten auch in Baumhöhlungen. Am Tana-Elf sah ich an allen
hervorragenden Bäumen große Kasten mit dreieckigem Schlupfloche aufgehängt und erfuhr auf
Befragen, daß man diese Wohnstätte für unseren und den Schopfsäger herrichtet, um dessen Eier zu
erbeuten. Diese Brutkasten sind unter den Lappen und Finnen ganz allgemein im Gebrauche und
werden von den Sägern regelmäßig bezogen. Das Nest ist ein mehr oder weniger kunstloser Bau
aus Reisig, Gestängel, Gehälm, Blättern, Flechten etc., wird aber immer warm und weich mit Dunen
ausgefüttert. Acht bis vierzehn Eier bilden das Gelege; das Weibchen kann jedoch durch planmäßiges
Wegnehmen der Eier gezwungen werden, deren noch einmal soviele zu legen. Sie sind rein eiförmig
oder etwas gestreckt, fest und starkschalig, feinkörnig, wenig glänzend und schwachgrünlichbraungrau
oder schmuzigölgrün gefärbt. Nur das Weibchen brütet, hat auch die Erziehung der ausgeschlüpften
Jungen fast selbständig zu leiten. Letztere sollen, wenn sie in der Höhe groß wurden, von der
Mutter eines nach dem anderen zum Boden herabgetragen werden; es hat aber diese Art der
Beförderung noch kein Naturforscher gesehen, und gerechte Zweifel gegen die Wahrheit der Angabe
sind deshalb nicht ausgeschlossen. Mir erscheint es wahrscheinlicher, daß die jungen Säger ebenso
gut wie die Enten und Gänse einfach aus ihrer Höhe herabspringen und durch ihr reiches Dunenkleid
vor den Folgen des Sturzes bewahrt werden. Wenn ich von den an jungen Schopfsägern gemachten
Beobachtungen auf junge Gänsesäger schließen darf, kann ich angeben, daß sich die Küchlein anfangs
ganz wie junge Enten benehmen, bald aber die ihnen eigenthümliche größere Behendigkeit bekunden
und schon nach Verlauf von acht Tagen ihres Geschlechtes sich würdig zeigen. Jn den ersten Tagen
ihres Lebens nähren sie sich nur von Kerbthieren, welche sie von der Oberfläche des Wassers weg-
nehmen; vom dritten Tage an beginnen sie zu tauchen, und wenn sie acht Tage alt geworden sind,
können sie bereits Fische fangen. Sie wachsen sehr schnell und machen sich auch bald selbständig.
Anfänglich sammeln sie sich nach jedem Ausfluge unter der Mutter oder Pflegemutter; später bilden
sie, ohne sich um diese zu kümmern, einen Haufen oder Klumpen, indem sie sich möglichst dicht an
einander schmiegen und so sich gegenseitig erwärmen. Wenn sie halbwüchsig sind, achten sie kaum noch,

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Säger.
ſehr bald von ſeiner außerordentlichen Sinnesſchärfe, welche ihn Alles, was vorgeht, bemerken läßt,
und der Beobachter lernt ſeinen Verſtand, ſeine Vorſicht und Scheu, ſeine Liſt und Verſchlagenheit,
oder der Jäger das ſeinen Verſtand ehrende Sichfügen in die Verhältniſſe bald genug kennen.
Abweichend von ſeinen Familienverwandten pflegt er nur mit anderen ſeiner Art der Geſelligkeit;
ſtreng genommen, bekümmert er ſich nicht einmal um den in Geiſt und Weſen ihm höchſt ähnlichen
Schopfſäger. Auf dem Zuge oder in den Thiergärten ſieht man die Gänſeſäger ſtets zuſammen, merkt
aber bald, daß an ein wirkliches freundſchaftliches Verhältniß unter ihnen nicht gedacht werden darf,
daß namentlich ihr neidiſches Weſen bei jeder Veranlaſſung ſich bekundet. Damit ſteht nicht im
Widerſpruche, daß auch die Gänſeſäger ſich beim Fiſchen in gewiſſer Weiſe unterſtützen, gleichzeitig
eintauchen und ſich in der That die Fiſche gewiſſermaßen einander zutreiben; denn jeder arbeitet dabei
nur für ſich und iſt weit entfernt, durch ſeine Beſtrebungen dem anderen einen Vortheil zuwenden zu
wollen.

Der Gänſeſäger frißt, ſo lange er nicht zu anderer Nahrung genöthigt wird, nur Fiſche, und
zwar am liebſten kleine von vier bis ſechs Zoll Länge, iſt aber auch im Stande, größere zu bewältigen.
Ausnahmsweiſe lieſt er nebenbei Kerfe, welche in der Jugend ſeine hauptſächlichſte Speiſe bilden, oder
Gewürm zuſammen.

Jn Deutſchland niſtet hier und da ein Pärchen unſeres Vogels, am häufigſten wohl in den Seen
der nördlichſten Theile unſeres Vaterlandes, beiſpielsweiſe in Pommern, Mecklenburg und Holſtein.
Auf den däniſchen Jnſeln brütet er ſchon regelmäßig, und vonhieraus nach Norden hin auf allen
ihm zuſagenden Gewäſſern. Die Paare finden ſich bereits in der Winterherberge zuſammen und
erſcheinen gemeinſchaftlich auf dem Brutplatze, ſchreiten im Norden aber erſt Anfangs Juni zur Fort-
pflanzung. Das Neſt wird an ſehr verſchiedenen Orten angelegt, oft in einer Vertiefung des Bodens
zwiſchen Geſtein oder unter Geſträuch, zuweilen auf den Köpfen der Weiden, auf alten Raubvögel-
oder Krähenhorſten und gar nicht ſelten auch in Baumhöhlungen. Am Tana-Elf ſah ich an allen
hervorragenden Bäumen große Kaſten mit dreieckigem Schlupfloche aufgehängt und erfuhr auf
Befragen, daß man dieſe Wohnſtätte für unſeren und den Schopfſäger herrichtet, um deſſen Eier zu
erbeuten. Dieſe Brutkaſten ſind unter den Lappen und Finnen ganz allgemein im Gebrauche und
werden von den Sägern regelmäßig bezogen. Das Neſt iſt ein mehr oder weniger kunſtloſer Bau
aus Reiſig, Geſtängel, Gehälm, Blättern, Flechten ꝛc., wird aber immer warm und weich mit Dunen
ausgefüttert. Acht bis vierzehn Eier bilden das Gelege; das Weibchen kann jedoch durch planmäßiges
Wegnehmen der Eier gezwungen werden, deren noch einmal ſoviele zu legen. Sie ſind rein eiförmig
oder etwas geſtreckt, feſt und ſtarkſchalig, feinkörnig, wenig glänzend und ſchwachgrünlichbraungrau
oder ſchmuzigölgrün gefärbt. Nur das Weibchen brütet, hat auch die Erziehung der ausgeſchlüpften
Jungen faſt ſelbſtändig zu leiten. Letztere ſollen, wenn ſie in der Höhe groß wurden, von der
Mutter eines nach dem anderen zum Boden herabgetragen werden; es hat aber dieſe Art der
Beförderung noch kein Naturforſcher geſehen, und gerechte Zweifel gegen die Wahrheit der Angabe
ſind deshalb nicht ausgeſchloſſen. Mir erſcheint es wahrſcheinlicher, daß die jungen Säger ebenſo
gut wie die Enten und Gänſe einfach aus ihrer Höhe herabſpringen und durch ihr reiches Dunenkleid
vor den Folgen des Sturzes bewahrt werden. Wenn ich von den an jungen Schopfſägern gemachten
Beobachtungen auf junge Gänſeſäger ſchließen darf, kann ich angeben, daß ſich die Küchlein anfangs
ganz wie junge Enten benehmen, bald aber die ihnen eigenthümliche größere Behendigkeit bekunden
und ſchon nach Verlauf von acht Tagen ihres Geſchlechtes ſich würdig zeigen. Jn den erſten Tagen
ihres Lebens nähren ſie ſich nur von Kerbthieren, welche ſie von der Oberfläche des Waſſers weg-
nehmen; vom dritten Tage an beginnen ſie zu tauchen, und wenn ſie acht Tage alt geworden ſind,
können ſie bereits Fiſche fangen. Sie wachſen ſehr ſchnell und machen ſich auch bald ſelbſtändig.
Anfänglich ſammeln ſie ſich nach jedem Ausfluge unter der Mutter oder Pflegemutter; ſpäter bilden
ſie, ohne ſich um dieſe zu kümmern, einen Haufen oder Klumpen, indem ſie ſich möglichſt dicht an
einander ſchmiegen und ſo ſich gegenſeitig erwärmen. Wenn ſie halbwüchſig ſind, achten ſie kaum noch,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0900" n="850"/><fw place="top" type="header">Die Schwimmer. Zahn&#x017F;chnäbler. Säger.</fw><lb/>
&#x017F;ehr bald von &#x017F;einer außerordentlichen Sinnes&#x017F;chärfe, welche ihn Alles, was vorgeht, bemerken läßt,<lb/>
und der Beobachter lernt &#x017F;einen Ver&#x017F;tand, &#x017F;eine Vor&#x017F;icht und Scheu, &#x017F;eine Li&#x017F;t und Ver&#x017F;chlagenheit,<lb/>
oder der Jäger das &#x017F;einen Ver&#x017F;tand ehrende Sichfügen in die Verhältni&#x017F;&#x017F;e bald genug kennen.<lb/>
Abweichend von &#x017F;einen Familienverwandten pflegt er nur mit anderen &#x017F;einer Art der Ge&#x017F;elligkeit;<lb/>
&#x017F;treng genommen, bekümmert er &#x017F;ich nicht einmal um den in Gei&#x017F;t und We&#x017F;en ihm höch&#x017F;t ähnlichen<lb/>
Schopf&#x017F;äger. Auf dem Zuge oder in den Thiergärten &#x017F;ieht man die Gän&#x017F;e&#x017F;äger &#x017F;tets zu&#x017F;ammen, merkt<lb/>
aber bald, daß an ein wirkliches freund&#x017F;chaftliches Verhältniß unter ihnen nicht gedacht werden darf,<lb/>
daß namentlich ihr neidi&#x017F;ches We&#x017F;en bei jeder Veranla&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;ich bekundet. Damit &#x017F;teht nicht im<lb/>
Wider&#x017F;pruche, daß auch die Gän&#x017F;e&#x017F;äger &#x017F;ich beim Fi&#x017F;chen in gewi&#x017F;&#x017F;er Wei&#x017F;e unter&#x017F;tützen, gleichzeitig<lb/>
eintauchen und &#x017F;ich in der That die Fi&#x017F;che gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen einander zutreiben; denn jeder arbeitet dabei<lb/>
nur für &#x017F;ich und i&#x017F;t weit entfernt, durch &#x017F;eine Be&#x017F;trebungen dem anderen einen Vortheil zuwenden zu<lb/>
wollen.</p><lb/>
          <p>Der Gän&#x017F;e&#x017F;äger frißt, &#x017F;o lange er nicht zu anderer Nahrung genöthigt wird, nur Fi&#x017F;che, und<lb/>
zwar am lieb&#x017F;ten kleine von vier bis &#x017F;echs Zoll Länge, i&#x017F;t aber auch im Stande, größere zu bewältigen.<lb/>
Ausnahmswei&#x017F;e lie&#x017F;t er nebenbei Kerfe, welche in der Jugend &#x017F;eine haupt&#x017F;ächlich&#x017F;te Spei&#x017F;e bilden, oder<lb/>
Gewürm zu&#x017F;ammen.</p><lb/>
          <p>Jn Deut&#x017F;chland ni&#x017F;tet hier und da ein Pärchen un&#x017F;eres Vogels, am häufig&#x017F;ten wohl in den Seen<lb/>
der nördlich&#x017F;ten Theile un&#x017F;eres Vaterlandes, bei&#x017F;pielswei&#x017F;e in Pommern, Mecklenburg und Hol&#x017F;tein.<lb/>
Auf den däni&#x017F;chen Jn&#x017F;eln brütet er &#x017F;chon regelmäßig, und vonhieraus nach Norden hin auf allen<lb/>
ihm zu&#x017F;agenden Gewä&#x017F;&#x017F;ern. Die Paare finden &#x017F;ich bereits in der Winterherberge zu&#x017F;ammen und<lb/>
er&#x017F;cheinen gemein&#x017F;chaftlich auf dem Brutplatze, &#x017F;chreiten im Norden aber er&#x017F;t Anfangs Juni zur Fort-<lb/>
pflanzung. Das Ne&#x017F;t wird an &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedenen Orten angelegt, oft in einer Vertiefung des Bodens<lb/>
zwi&#x017F;chen Ge&#x017F;tein oder unter Ge&#x017F;träuch, zuweilen auf den Köpfen der Weiden, auf alten Raubvögel-<lb/>
oder Krähenhor&#x017F;ten und gar nicht &#x017F;elten auch in Baumhöhlungen. Am Tana-Elf &#x017F;ah ich an allen<lb/>
hervorragenden Bäumen große Ka&#x017F;ten mit dreieckigem Schlupfloche aufgehängt und erfuhr auf<lb/>
Befragen, daß man die&#x017F;e Wohn&#x017F;tätte für un&#x017F;eren und den Schopf&#x017F;äger herrichtet, um de&#x017F;&#x017F;en Eier zu<lb/>
erbeuten. Die&#x017F;e Brutka&#x017F;ten &#x017F;ind unter den Lappen und Finnen ganz allgemein im Gebrauche und<lb/>
werden von den Sägern regelmäßig bezogen. Das Ne&#x017F;t i&#x017F;t ein mehr oder weniger kun&#x017F;tlo&#x017F;er Bau<lb/>
aus Rei&#x017F;ig, Ge&#x017F;tängel, Gehälm, Blättern, Flechten &#xA75B;c., wird aber immer warm und weich mit Dunen<lb/>
ausgefüttert. Acht bis vierzehn Eier bilden das Gelege; das Weibchen kann jedoch durch planmäßiges<lb/>
Wegnehmen der Eier gezwungen werden, deren noch einmal &#x017F;oviele zu legen. Sie &#x017F;ind rein eiförmig<lb/>
oder etwas ge&#x017F;treckt, fe&#x017F;t und &#x017F;tark&#x017F;chalig, feinkörnig, wenig glänzend und &#x017F;chwachgrünlichbraungrau<lb/>
oder &#x017F;chmuzigölgrün gefärbt. Nur das Weibchen brütet, hat auch die Erziehung der ausge&#x017F;chlüpften<lb/>
Jungen fa&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;tändig zu leiten. Letztere &#x017F;ollen, wenn &#x017F;ie in der Höhe groß wurden, von der<lb/>
Mutter eines nach dem anderen zum Boden herabgetragen werden; es hat aber die&#x017F;e Art der<lb/>
Beförderung noch kein Naturfor&#x017F;cher ge&#x017F;ehen, und gerechte Zweifel gegen die Wahrheit der Angabe<lb/>
&#x017F;ind deshalb nicht ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Mir er&#x017F;cheint es wahr&#x017F;cheinlicher, daß die jungen Säger eben&#x017F;o<lb/>
gut wie die Enten und Gän&#x017F;e einfach aus ihrer Höhe herab&#x017F;pringen und durch ihr reiches Dunenkleid<lb/>
vor den Folgen des Sturzes bewahrt werden. Wenn ich von den an jungen Schopf&#x017F;ägern gemachten<lb/>
Beobachtungen auf junge Gän&#x017F;e&#x017F;äger &#x017F;chließen darf, kann ich angeben, daß &#x017F;ich die Küchlein anfangs<lb/>
ganz wie junge Enten benehmen, bald aber die ihnen eigenthümliche größere Behendigkeit bekunden<lb/>
und &#x017F;chon nach Verlauf von acht Tagen ihres Ge&#x017F;chlechtes &#x017F;ich würdig zeigen. Jn den er&#x017F;ten Tagen<lb/>
ihres Lebens nähren &#x017F;ie &#x017F;ich nur von Kerbthieren, welche &#x017F;ie von der Oberfläche des Wa&#x017F;&#x017F;ers weg-<lb/>
nehmen; vom dritten Tage an beginnen &#x017F;ie zu tauchen, und wenn &#x017F;ie acht Tage alt geworden &#x017F;ind,<lb/>
können &#x017F;ie bereits Fi&#x017F;che fangen. Sie wach&#x017F;en &#x017F;ehr &#x017F;chnell und machen &#x017F;ich auch bald &#x017F;elb&#x017F;tändig.<lb/>
Anfänglich &#x017F;ammeln &#x017F;ie &#x017F;ich nach jedem Ausfluge unter der Mutter oder Pflegemutter; &#x017F;päter bilden<lb/>
&#x017F;ie, ohne &#x017F;ich um die&#x017F;e zu kümmern, einen Haufen oder Klumpen, indem &#x017F;ie &#x017F;ich möglich&#x017F;t dicht an<lb/>
einander &#x017F;chmiegen und &#x017F;o &#x017F;ich gegen&#x017F;eitig erwärmen. Wenn &#x017F;ie halbwüch&#x017F;ig &#x017F;ind, achten &#x017F;ie kaum noch,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[850/0900] Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Säger. ſehr bald von ſeiner außerordentlichen Sinnesſchärfe, welche ihn Alles, was vorgeht, bemerken läßt, und der Beobachter lernt ſeinen Verſtand, ſeine Vorſicht und Scheu, ſeine Liſt und Verſchlagenheit, oder der Jäger das ſeinen Verſtand ehrende Sichfügen in die Verhältniſſe bald genug kennen. Abweichend von ſeinen Familienverwandten pflegt er nur mit anderen ſeiner Art der Geſelligkeit; ſtreng genommen, bekümmert er ſich nicht einmal um den in Geiſt und Weſen ihm höchſt ähnlichen Schopfſäger. Auf dem Zuge oder in den Thiergärten ſieht man die Gänſeſäger ſtets zuſammen, merkt aber bald, daß an ein wirkliches freundſchaftliches Verhältniß unter ihnen nicht gedacht werden darf, daß namentlich ihr neidiſches Weſen bei jeder Veranlaſſung ſich bekundet. Damit ſteht nicht im Widerſpruche, daß auch die Gänſeſäger ſich beim Fiſchen in gewiſſer Weiſe unterſtützen, gleichzeitig eintauchen und ſich in der That die Fiſche gewiſſermaßen einander zutreiben; denn jeder arbeitet dabei nur für ſich und iſt weit entfernt, durch ſeine Beſtrebungen dem anderen einen Vortheil zuwenden zu wollen. Der Gänſeſäger frißt, ſo lange er nicht zu anderer Nahrung genöthigt wird, nur Fiſche, und zwar am liebſten kleine von vier bis ſechs Zoll Länge, iſt aber auch im Stande, größere zu bewältigen. Ausnahmsweiſe lieſt er nebenbei Kerfe, welche in der Jugend ſeine hauptſächlichſte Speiſe bilden, oder Gewürm zuſammen. Jn Deutſchland niſtet hier und da ein Pärchen unſeres Vogels, am häufigſten wohl in den Seen der nördlichſten Theile unſeres Vaterlandes, beiſpielsweiſe in Pommern, Mecklenburg und Holſtein. Auf den däniſchen Jnſeln brütet er ſchon regelmäßig, und vonhieraus nach Norden hin auf allen ihm zuſagenden Gewäſſern. Die Paare finden ſich bereits in der Winterherberge zuſammen und erſcheinen gemeinſchaftlich auf dem Brutplatze, ſchreiten im Norden aber erſt Anfangs Juni zur Fort- pflanzung. Das Neſt wird an ſehr verſchiedenen Orten angelegt, oft in einer Vertiefung des Bodens zwiſchen Geſtein oder unter Geſträuch, zuweilen auf den Köpfen der Weiden, auf alten Raubvögel- oder Krähenhorſten und gar nicht ſelten auch in Baumhöhlungen. Am Tana-Elf ſah ich an allen hervorragenden Bäumen große Kaſten mit dreieckigem Schlupfloche aufgehängt und erfuhr auf Befragen, daß man dieſe Wohnſtätte für unſeren und den Schopfſäger herrichtet, um deſſen Eier zu erbeuten. Dieſe Brutkaſten ſind unter den Lappen und Finnen ganz allgemein im Gebrauche und werden von den Sägern regelmäßig bezogen. Das Neſt iſt ein mehr oder weniger kunſtloſer Bau aus Reiſig, Geſtängel, Gehälm, Blättern, Flechten ꝛc., wird aber immer warm und weich mit Dunen ausgefüttert. Acht bis vierzehn Eier bilden das Gelege; das Weibchen kann jedoch durch planmäßiges Wegnehmen der Eier gezwungen werden, deren noch einmal ſoviele zu legen. Sie ſind rein eiförmig oder etwas geſtreckt, feſt und ſtarkſchalig, feinkörnig, wenig glänzend und ſchwachgrünlichbraungrau oder ſchmuzigölgrün gefärbt. Nur das Weibchen brütet, hat auch die Erziehung der ausgeſchlüpften Jungen faſt ſelbſtändig zu leiten. Letztere ſollen, wenn ſie in der Höhe groß wurden, von der Mutter eines nach dem anderen zum Boden herabgetragen werden; es hat aber dieſe Art der Beförderung noch kein Naturforſcher geſehen, und gerechte Zweifel gegen die Wahrheit der Angabe ſind deshalb nicht ausgeſchloſſen. Mir erſcheint es wahrſcheinlicher, daß die jungen Säger ebenſo gut wie die Enten und Gänſe einfach aus ihrer Höhe herabſpringen und durch ihr reiches Dunenkleid vor den Folgen des Sturzes bewahrt werden. Wenn ich von den an jungen Schopfſägern gemachten Beobachtungen auf junge Gänſeſäger ſchließen darf, kann ich angeben, daß ſich die Küchlein anfangs ganz wie junge Enten benehmen, bald aber die ihnen eigenthümliche größere Behendigkeit bekunden und ſchon nach Verlauf von acht Tagen ihres Geſchlechtes ſich würdig zeigen. Jn den erſten Tagen ihres Lebens nähren ſie ſich nur von Kerbthieren, welche ſie von der Oberfläche des Waſſers weg- nehmen; vom dritten Tage an beginnen ſie zu tauchen, und wenn ſie acht Tage alt geworden ſind, können ſie bereits Fiſche fangen. Sie wachſen ſehr ſchnell und machen ſich auch bald ſelbſtändig. Anfänglich ſammeln ſie ſich nach jedem Ausfluge unter der Mutter oder Pflegemutter; ſpäter bilden ſie, ohne ſich um dieſe zu kümmern, einen Haufen oder Klumpen, indem ſie ſich möglichſt dicht an einander ſchmiegen und ſo ſich gegenſeitig erwärmen. Wenn ſie halbwüchſig ſind, achten ſie kaum noch,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/900
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 850. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/900>, abgerufen am 28.04.2024.