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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Sturmtaucher.

Bis jetzt sind wir noch nicht im Stande, zu sagen, wie weit das Verbreitungsgebiet dieses
Sturmtauchers reicht; denn es hält sehr schwer, die verschiedenen, in Färbung und Lebensweise sehr
übereinstimmenden Arten zu unterscheiden. Als Brutvogel hat man unsern Wasserscherer auf den
Hebriden, Faröerinseln und auch auf Jsland kennen gelernt; häufiger aber scheint er weiter unten im
Süden aufzutreten, an der französischen und spanischen Küste oder im Mittelmeere z. B., woselbst er
überall vorkommt. An unsern deutschen Küsten ist er nicht gerade häufig, doch wird er bei Helgoland
alljährlich und zwar ziemlich regelmäßig beobachtet.

Von allen übrigen Sturmvögeln unterscheidet man die Sturmtaucher auf den ersten Blick an der
sonderbaren Art ihres Fluges. Jch kenne keinen Seevogel, welcher so ungestüm, wie er, seines
Weges fortzieht. Gar nicht selten sieht man ihn ruhig schwimmen und vom Wasser aus in die Wellen
hinabtauchen, gewöhnlich aber zeigt er sich fliegend und zwar nicht eigentlich schwebend, sondern über
die Wellen dahinschießend und sie durchfliegend. Mit ausgebreiteten Flügeln jagt er dahin, schnellt
sich durch mehrere, ungemein rasch auf einander folgende, ich möchte sagen, schwirrende Schläge fort,
dreht und wendet sich, nicht blos seitlich, sondern auch von oben nach unten, sodaß man bald die
dunkle Ober-, bald die helle Unterseite zu sehen bekommt, und folgt nun entweder den Wellen, über
deren Berge klimmend und durch deren Thäler sich senkend, oder erhebt sich plötzlich ungefähr zehn bis
zwölf Fuß über das Wasser und stürzt in schiefer Richtung auf die Wellen herab, verschwindet in
ihnen, rudert nach Art der Flossentaucher, Flügel und Beine zugleich bewegend, ein gutes Stück weg
und fliegt aus dem Wasser heraus wieder in die Luft, oft blos um Athem zu holen, da er sofort
wieder verschwindet. Man ist wohl berechtigt, den Flug anderer Sturmvögel zierlicher zu nennen,
wird aber zugestehen müssen, daß kein anderes Mitglied der Zunft in so wechselvoller, manchfacher
Weise seinen Weg zurücklegt, wie gerade die Sturmtaucher. Das Wechselvolle des Flugs wird noch
dadurch erhöht, daß man gewöhnlich eine größere Anzahl von ihnen antrifft, welche, durch die engsten
Bande der Geselligkeit zusammengehalten, alle Geschäfte in gewissem Sinne gemeinschaftlich, aber
nicht zu gleicher Zeit verrichten; denn während die einen in den Wellen verschwinden, erheben sich die
anderen etwas weiter zurück aus denselben, fliegen nun über die eingetauchten weg und versenken
sich, während jene zum Vorschein kommen u. s. f. Dieser ewige Wechsel erhöht den Reiz der
Beobachtung; ich wenigstens muß sagen, daß mich das Spielen der Sturmtaucher mit Luft und
Wasser wahrhaft begeistert hat. Bemerken will ich noch, daß trotz der beständigen Unterbrechungen
des Fluges alle Sturmtaucher sehr rasch bedeutende Strecken durchmessen, weil sie sich eigentlich
nirgends aufhalten, sondern immer und immer weiter gehen, wenn schon zuweilen große Kreise
beschreibend, welche sie nach dem Ausgangspunkte wieder zurückführen. Eine Stimme habe ich
meinestheils nie von ihnen vernommen; nach Faber soll sie an die der Möven erinnern und zwischen
der einer dreizehigen und Schmarotzermöve ungefähr mitten inne stehen.

Der Sturmtaucher erscheint zwar nicht in solchen Massen wie der oben erwähnte Verwandte
auf St. Kilda und anderen Hebriden und auf den Faröerinseln, immer aber noch in ziemlicher Menge,
und zwar Anfangs Mai, nach Versicherung der Eingebornen nur bei Nacht, welche überhaupt als
die Zeit der Thätigkeit unserer Vögel gelten soll. Nach Art mancher Taucher gräbt er sich mit
Schnabel und Krallen tiefe Röhren in die Torfschicht, welche seine Brutplätze bedeckt, zuweilen solche
von zwei Fuß und mehr Länge, welche einem Kaninchenbaue ähnlicher sehen als einem Vogelneste.
Jm Hintergrunde dieser Höhlen wird der Bau etwas erweitert, ein eigentliches Nest jedoch nicht
gegründet, das Ei vielmehr ohne Weiteres oder doch nur auf einige Grashälmchen abgelegt. Selbst-
verständlich benutzen die Vögel die vorjährigen Bauten, welche nicht zerstört wurden, noch lieber, als
daß sie sich solche graben; doch wird auch diese Arbeit in sehr kurzer Zeit beendet. Das Ei ist groß,
rundlich und fast reinweiß von Farbe. Beide Gatten des Paares brüten abwechselnd mehrere
Wochen lang mit großem Eifer, wie lange, weiß man noch nicht, geberden sich sehr zornig, wenn man
sie beunruhigt und geben, gereizt, einen Laut von sich, ähnlich dem Knurren und Belfern eines jungen
Hundes, breiten ihren Schwanz fächerförmig aus, erheben ihn und beißen ziemlich heftig nach ihrem

Sturmtaucher.

Bis jetzt ſind wir noch nicht im Stande, zu ſagen, wie weit das Verbreitungsgebiet dieſes
Sturmtauchers reicht; denn es hält ſehr ſchwer, die verſchiedenen, in Färbung und Lebensweiſe ſehr
übereinſtimmenden Arten zu unterſcheiden. Als Brutvogel hat man unſern Waſſerſcherer auf den
Hebriden, Faröerinſeln und auch auf Jsland kennen gelernt; häufiger aber ſcheint er weiter unten im
Süden aufzutreten, an der franzöſiſchen und ſpaniſchen Küſte oder im Mittelmeere z. B., woſelbſt er
überall vorkommt. An unſern deutſchen Küſten iſt er nicht gerade häufig, doch wird er bei Helgoland
alljährlich und zwar ziemlich regelmäßig beobachtet.

Von allen übrigen Sturmvögeln unterſcheidet man die Sturmtaucher auf den erſten Blick an der
ſonderbaren Art ihres Fluges. Jch kenne keinen Seevogel, welcher ſo ungeſtüm, wie er, ſeines
Weges fortzieht. Gar nicht ſelten ſieht man ihn ruhig ſchwimmen und vom Waſſer aus in die Wellen
hinabtauchen, gewöhnlich aber zeigt er ſich fliegend und zwar nicht eigentlich ſchwebend, ſondern über
die Wellen dahinſchießend und ſie durchfliegend. Mit ausgebreiteten Flügeln jagt er dahin, ſchnellt
ſich durch mehrere, ungemein raſch auf einander folgende, ich möchte ſagen, ſchwirrende Schläge fort,
dreht und wendet ſich, nicht blos ſeitlich, ſondern auch von oben nach unten, ſodaß man bald die
dunkle Ober-, bald die helle Unterſeite zu ſehen bekommt, und folgt nun entweder den Wellen, über
deren Berge klimmend und durch deren Thäler ſich ſenkend, oder erhebt ſich plötzlich ungefähr zehn bis
zwölf Fuß über das Waſſer und ſtürzt in ſchiefer Richtung auf die Wellen herab, verſchwindet in
ihnen, rudert nach Art der Floſſentaucher, Flügel und Beine zugleich bewegend, ein gutes Stück weg
und fliegt aus dem Waſſer heraus wieder in die Luft, oft blos um Athem zu holen, da er ſofort
wieder verſchwindet. Man iſt wohl berechtigt, den Flug anderer Sturmvögel zierlicher zu nennen,
wird aber zugeſtehen müſſen, daß kein anderes Mitglied der Zunft in ſo wechſelvoller, manchfacher
Weiſe ſeinen Weg zurücklegt, wie gerade die Sturmtaucher. Das Wechſelvolle des Flugs wird noch
dadurch erhöht, daß man gewöhnlich eine größere Anzahl von ihnen antrifft, welche, durch die engſten
Bande der Geſelligkeit zuſammengehalten, alle Geſchäfte in gewiſſem Sinne gemeinſchaftlich, aber
nicht zu gleicher Zeit verrichten; denn während die einen in den Wellen verſchwinden, erheben ſich die
anderen etwas weiter zurück aus denſelben, fliegen nun über die eingetauchten weg und verſenken
ſich, während jene zum Vorſchein kommen u. ſ. f. Dieſer ewige Wechſel erhöht den Reiz der
Beobachtung; ich wenigſtens muß ſagen, daß mich das Spielen der Sturmtaucher mit Luft und
Waſſer wahrhaft begeiſtert hat. Bemerken will ich noch, daß trotz der beſtändigen Unterbrechungen
des Fluges alle Sturmtaucher ſehr raſch bedeutende Strecken durchmeſſen, weil ſie ſich eigentlich
nirgends aufhalten, ſondern immer und immer weiter gehen, wenn ſchon zuweilen große Kreiſe
beſchreibend, welche ſie nach dem Ausgangspunkte wieder zurückführen. Eine Stimme habe ich
meinestheils nie von ihnen vernommen; nach Faber ſoll ſie an die der Möven erinnern und zwiſchen
der einer dreizehigen und Schmarotzermöve ungefähr mitten inne ſtehen.

Der Sturmtaucher erſcheint zwar nicht in ſolchen Maſſen wie der oben erwähnte Verwandte
auf St. Kilda und anderen Hebriden und auf den Faröerinſeln, immer aber noch in ziemlicher Menge,
und zwar Anfangs Mai, nach Verſicherung der Eingebornen nur bei Nacht, welche überhaupt als
die Zeit der Thätigkeit unſerer Vögel gelten ſoll. Nach Art mancher Taucher gräbt er ſich mit
Schnabel und Krallen tiefe Röhren in die Torfſchicht, welche ſeine Brutplätze bedeckt, zuweilen ſolche
von zwei Fuß und mehr Länge, welche einem Kaninchenbaue ähnlicher ſehen als einem Vogelneſte.
Jm Hintergrunde dieſer Höhlen wird der Bau etwas erweitert, ein eigentliches Neſt jedoch nicht
gegründet, das Ei vielmehr ohne Weiteres oder doch nur auf einige Grashälmchen abgelegt. Selbſt-
verſtändlich benutzen die Vögel die vorjährigen Bauten, welche nicht zerſtört wurden, noch lieber, als
daß ſie ſich ſolche graben; doch wird auch dieſe Arbeit in ſehr kurzer Zeit beendet. Das Ei iſt groß,
rundlich und faſt reinweiß von Farbe. Beide Gatten des Paares brüten abwechſelnd mehrere
Wochen lang mit großem Eifer, wie lange, weiß man noch nicht, geberden ſich ſehr zornig, wenn man
ſie beunruhigt und geben, gereizt, einen Laut von ſich, ähnlich dem Knurren und Belfern eines jungen
Hundes, breiten ihren Schwanz fächerförmig aus, erheben ihn und beißen ziemlich heftig nach ihrem

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[905/0957] Sturmtaucher. Bis jetzt ſind wir noch nicht im Stande, zu ſagen, wie weit das Verbreitungsgebiet dieſes Sturmtauchers reicht; denn es hält ſehr ſchwer, die verſchiedenen, in Färbung und Lebensweiſe ſehr übereinſtimmenden Arten zu unterſcheiden. Als Brutvogel hat man unſern Waſſerſcherer auf den Hebriden, Faröerinſeln und auch auf Jsland kennen gelernt; häufiger aber ſcheint er weiter unten im Süden aufzutreten, an der franzöſiſchen und ſpaniſchen Küſte oder im Mittelmeere z. B., woſelbſt er überall vorkommt. An unſern deutſchen Küſten iſt er nicht gerade häufig, doch wird er bei Helgoland alljährlich und zwar ziemlich regelmäßig beobachtet. Von allen übrigen Sturmvögeln unterſcheidet man die Sturmtaucher auf den erſten Blick an der ſonderbaren Art ihres Fluges. Jch kenne keinen Seevogel, welcher ſo ungeſtüm, wie er, ſeines Weges fortzieht. Gar nicht ſelten ſieht man ihn ruhig ſchwimmen und vom Waſſer aus in die Wellen hinabtauchen, gewöhnlich aber zeigt er ſich fliegend und zwar nicht eigentlich ſchwebend, ſondern über die Wellen dahinſchießend und ſie durchfliegend. Mit ausgebreiteten Flügeln jagt er dahin, ſchnellt ſich durch mehrere, ungemein raſch auf einander folgende, ich möchte ſagen, ſchwirrende Schläge fort, dreht und wendet ſich, nicht blos ſeitlich, ſondern auch von oben nach unten, ſodaß man bald die dunkle Ober-, bald die helle Unterſeite zu ſehen bekommt, und folgt nun entweder den Wellen, über deren Berge klimmend und durch deren Thäler ſich ſenkend, oder erhebt ſich plötzlich ungefähr zehn bis zwölf Fuß über das Waſſer und ſtürzt in ſchiefer Richtung auf die Wellen herab, verſchwindet in ihnen, rudert nach Art der Floſſentaucher, Flügel und Beine zugleich bewegend, ein gutes Stück weg und fliegt aus dem Waſſer heraus wieder in die Luft, oft blos um Athem zu holen, da er ſofort wieder verſchwindet. Man iſt wohl berechtigt, den Flug anderer Sturmvögel zierlicher zu nennen, wird aber zugeſtehen müſſen, daß kein anderes Mitglied der Zunft in ſo wechſelvoller, manchfacher Weiſe ſeinen Weg zurücklegt, wie gerade die Sturmtaucher. Das Wechſelvolle des Flugs wird noch dadurch erhöht, daß man gewöhnlich eine größere Anzahl von ihnen antrifft, welche, durch die engſten Bande der Geſelligkeit zuſammengehalten, alle Geſchäfte in gewiſſem Sinne gemeinſchaftlich, aber nicht zu gleicher Zeit verrichten; denn während die einen in den Wellen verſchwinden, erheben ſich die anderen etwas weiter zurück aus denſelben, fliegen nun über die eingetauchten weg und verſenken ſich, während jene zum Vorſchein kommen u. ſ. f. Dieſer ewige Wechſel erhöht den Reiz der Beobachtung; ich wenigſtens muß ſagen, daß mich das Spielen der Sturmtaucher mit Luft und Waſſer wahrhaft begeiſtert hat. Bemerken will ich noch, daß trotz der beſtändigen Unterbrechungen des Fluges alle Sturmtaucher ſehr raſch bedeutende Strecken durchmeſſen, weil ſie ſich eigentlich nirgends aufhalten, ſondern immer und immer weiter gehen, wenn ſchon zuweilen große Kreiſe beſchreibend, welche ſie nach dem Ausgangspunkte wieder zurückführen. Eine Stimme habe ich meinestheils nie von ihnen vernommen; nach Faber ſoll ſie an die der Möven erinnern und zwiſchen der einer dreizehigen und Schmarotzermöve ungefähr mitten inne ſtehen. Der Sturmtaucher erſcheint zwar nicht in ſolchen Maſſen wie der oben erwähnte Verwandte auf St. Kilda und anderen Hebriden und auf den Faröerinſeln, immer aber noch in ziemlicher Menge, und zwar Anfangs Mai, nach Verſicherung der Eingebornen nur bei Nacht, welche überhaupt als die Zeit der Thätigkeit unſerer Vögel gelten ſoll. Nach Art mancher Taucher gräbt er ſich mit Schnabel und Krallen tiefe Röhren in die Torfſchicht, welche ſeine Brutplätze bedeckt, zuweilen ſolche von zwei Fuß und mehr Länge, welche einem Kaninchenbaue ähnlicher ſehen als einem Vogelneſte. Jm Hintergrunde dieſer Höhlen wird der Bau etwas erweitert, ein eigentliches Neſt jedoch nicht gegründet, das Ei vielmehr ohne Weiteres oder doch nur auf einige Grashälmchen abgelegt. Selbſt- verſtändlich benutzen die Vögel die vorjährigen Bauten, welche nicht zerſtört wurden, noch lieber, als daß ſie ſich ſolche graben; doch wird auch dieſe Arbeit in ſehr kurzer Zeit beendet. Das Ei iſt groß, rundlich und faſt reinweiß von Farbe. Beide Gatten des Paares brüten abwechſelnd mehrere Wochen lang mit großem Eifer, wie lange, weiß man noch nicht, geberden ſich ſehr zornig, wenn man ſie beunruhigt und geben, gereizt, einen Laut von ſich, ähnlich dem Knurren und Belfern eines jungen Hundes, breiten ihren Schwanz fächerförmig aus, erheben ihn und beißen ziemlich heftig nach ihrem

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 905. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/957>, abgerufen am 30.04.2024.