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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Gesammtheit.

"Auch hinsichtlich der Bildung des Kopfgerüstes zeigen sich verschiedene Stufen in der Reihe
der Lurche, die sich namentlich auf das allmähliche Verschwinden der ursprünglichen Knorpelgebilde
beziehen.... Als bezeichnendes Merkmal für die ganze Klasse im Gegensatze zu den Kriechthieren
stellt sich hier die Bildung zweier, seitlicher Gelenkknöpfe an dem Hinterhaupte dar, welche von dem
stets verknöcherten, seitlichen Hinterhauptsbeine hergestellt werden und in zwei Vertiefungen des
ersten, ringförmigen Halswirbels passen. Der Schädel selbst ist stets sehr breit, platt, die Augenhöhle
gewöhnlich ungeheuer groß und durchgehend, sodaß, von oben gesehen, die Kiefern einen Halbkreis
bilden, der in der Mitte durch eine längliche Kapsel, den eigentlichen Schädel, durchsetzt wird. Was
nun die einzelnen Knochen betrifft, so bildet das Keilbein auf der Unterfläche des Schädels eine bald
kreuzförmige, bald breite Platte, die meist auf ihrer oberen, dem Schädel zugekehrten Fläche mit
Knorpeln bedeckt wird. Die Schädeldecke wird von zwei oft sehr verkümmerten Scheitelbeinen, zwei
Stirnbeinen und bei den Blindwühlen noch von einem Siebbeine gebildet, während bei den übrigen
gewöhnlich zwei mehr oder minder entwickelte Nasenbeine auf der vorderen Seite aufliegen. Bei
den froschartigen Lurchen besteht ein ringartig verknöchertes Siebbein, welches zuweilen eine sehr
bedeutende Größe erlangt, aber auf der Oberfläche des Schädels nirgends zu Tage kommt. Die
Seitenflächen des Schädels bleiben bei den Kiemenlurchen fast ganz knorpelig oder zeigen auch eine
dem vorderen Keilbeinflügel sowie dem vorderen Stirnbein entsprechende Verknöcherung, während
bei den froschartigen Thieren sowohl das Felsenbein als auch die Keilbeinflügel verknöchern, aber
dennoch häutige Zwischenräume lassen. An dem Gaumengewölbe sind alle Knochen fest mit dem
Schädel verbunden und zwar in der Weise, daß Zwischenkiefer und Oberkiefer hinter einander den
Mundrand bilden und gewöhnlich ein zweiter, gleichlaufender Bogen auf ihrer inneren Seite von
dem einfachen Gaumenbeine gebildet wird. Ein eigentliches Pflugscharbein fehlt den Lurchen durch-
aus; dagegen sind die Gaumenbeine gewöhnlich ebenso wie die oberen Kiefer mit Zähnen besetzt.
Der Unterkiefer ist zum Wenigsten aus zwei Knochen, dem Gelenkstücke und dem Zahnstücke, zuweilen
aber auch aus noch mehr zusammengesetzt und an einem Tragbogen aufgehängt, welcher niemals
vollständig verknöchert und aus dem Quadratbein und dem Trommelbein besteht. Das siebförmige
Knochengebilde, welches auf diese Weise zusammengesetzt wird, ist fest mit dem Schädel verbunden
und gewöhnlich schief nach hinten gerichtet, sodaß die Mundspalte oft ziemlich weit hinter den Schädel
sich erstreckt und der Rachen einer großen Erweiterung fähig ist....

"Die Glieder bestehen, insofern sie vorhanden sind, stets aus dem Schulter- oder Beckengürtel
und den eigentlichen Gliedmaßen. Den Blindwühlen fehlen dieselben gänzlich, während bei manchen
Kiemenmolchen nur Vorderfüße vorhanden sind. Der aus dem stielförmigen Schulterblatte und
breitem, spatelartigem Schlüsselbein gebildete Schultergürtel ist an den Halswirbel seitlich befestigt.
Bei den Molchen ist er stets nur theilweise verknöchert und besteht aus einem Schulterblatte, einem
breiten Schlüsselbeine und dahinterliegendem Rabenbeine, zwischen welchen sich oft noch ein unpaares
Brustbein einschiebt. Bei den Fröschen wird ein breiter Brustkorb von dem Schultergürtel gebildet,
der aus vielen Stücken besteht, welche oft nur theilweise verknöchern. Der Vorderfuß selbst besteht
aus einem einfachen Oberarm-, zwei, zuweilen verschmolzenen Vorderarmknochen, einer oft knorpelich
bleibenden Handwurzel und aus Zehen, deren Zahl meist vier, selten drei beträgt. Der Beckengürtel
ist bei den Molchen nur unbedeutend, und die Kreuzbeinwirbel kaum in ihrer Bildung von den
übrigen Wirbeln verschieden; das Becken bleibt außerdem meist knorpelig und besteht nur aus zwei
Darmbeinen, welche durch einen Mittelknochen mit einander verbunden sind. Um so ausgezeichneter
ist die Bildung des Beckens bei den Fröschen, wo dasselbe den starken Sprungbeinen als Stützpunkt
und ihren Muskeln zum Ansatze dienen muß. Die Zusammensetzung der Fußknochen ist dieselbe,
wie an den vorderen Gliedmaßen, obgleich größerer Wechsel vorkommt, indem bei einigen Kiemen-
molchen nur zwei, drei oder vier, bei den eigentlichen Molchen oder Fröschen aber stets fünf Zehen
an den Hinterfüßen sich vorfinden. Nur bei sehr wenigen Sippen kommen kleine, hufartige Nägel
vor, in welchen die Zehenenden wie in einem Fingerhut stecken; bei der größten Mehrzahl der Lurche

Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.

„Auch hinſichtlich der Bildung des Kopfgerüſtes zeigen ſich verſchiedene Stufen in der Reihe
der Lurche, die ſich namentlich auf das allmähliche Verſchwinden der urſprünglichen Knorpelgebilde
beziehen.... Als bezeichnendes Merkmal für die ganze Klaſſe im Gegenſatze zu den Kriechthieren
ſtellt ſich hier die Bildung zweier, ſeitlicher Gelenkknöpfe an dem Hinterhaupte dar, welche von dem
ſtets verknöcherten, ſeitlichen Hinterhauptsbeine hergeſtellt werden und in zwei Vertiefungen des
erſten, ringförmigen Halswirbels paſſen. Der Schädel ſelbſt iſt ſtets ſehr breit, platt, die Augenhöhle
gewöhnlich ungeheuer groß und durchgehend, ſodaß, von oben geſehen, die Kiefern einen Halbkreis
bilden, der in der Mitte durch eine längliche Kapſel, den eigentlichen Schädel, durchſetzt wird. Was
nun die einzelnen Knochen betrifft, ſo bildet das Keilbein auf der Unterfläche des Schädels eine bald
kreuzförmige, bald breite Platte, die meiſt auf ihrer oberen, dem Schädel zugekehrten Fläche mit
Knorpeln bedeckt wird. Die Schädeldecke wird von zwei oft ſehr verkümmerten Scheitelbeinen, zwei
Stirnbeinen und bei den Blindwühlen noch von einem Siebbeine gebildet, während bei den übrigen
gewöhnlich zwei mehr oder minder entwickelte Naſenbeine auf der vorderen Seite aufliegen. Bei
den froſchartigen Lurchen beſteht ein ringartig verknöchertes Siebbein, welches zuweilen eine ſehr
bedeutende Größe erlangt, aber auf der Oberfläche des Schädels nirgends zu Tage kommt. Die
Seitenflächen des Schädels bleiben bei den Kiemenlurchen faſt ganz knorpelig oder zeigen auch eine
dem vorderen Keilbeinflügel ſowie dem vorderen Stirnbein entſprechende Verknöcherung, während
bei den froſchartigen Thieren ſowohl das Felſenbein als auch die Keilbeinflügel verknöchern, aber
dennoch häutige Zwiſchenräume laſſen. An dem Gaumengewölbe ſind alle Knochen feſt mit dem
Schädel verbunden und zwar in der Weiſe, daß Zwiſchenkiefer und Oberkiefer hinter einander den
Mundrand bilden und gewöhnlich ein zweiter, gleichlaufender Bogen auf ihrer inneren Seite von
dem einfachen Gaumenbeine gebildet wird. Ein eigentliches Pflugſcharbein fehlt den Lurchen durch-
aus; dagegen ſind die Gaumenbeine gewöhnlich ebenſo wie die oberen Kiefer mit Zähnen beſetzt.
Der Unterkiefer iſt zum Wenigſten aus zwei Knochen, dem Gelenkſtücke und dem Zahnſtücke, zuweilen
aber auch aus noch mehr zuſammengeſetzt und an einem Tragbogen aufgehängt, welcher niemals
vollſtändig verknöchert und aus dem Quadratbein und dem Trommelbein beſteht. Das ſiebförmige
Knochengebilde, welches auf dieſe Weiſe zuſammengeſetzt wird, iſt feſt mit dem Schädel verbunden
und gewöhnlich ſchief nach hinten gerichtet, ſodaß die Mundſpalte oft ziemlich weit hinter den Schädel
ſich erſtreckt und der Rachen einer großen Erweiterung fähig iſt....

„Die Glieder beſtehen, inſofern ſie vorhanden ſind, ſtets aus dem Schulter- oder Beckengürtel
und den eigentlichen Gliedmaßen. Den Blindwühlen fehlen dieſelben gänzlich, während bei manchen
Kiemenmolchen nur Vorderfüße vorhanden ſind. Der aus dem ſtielförmigen Schulterblatte und
breitem, ſpatelartigem Schlüſſelbein gebildete Schultergürtel iſt an den Halswirbel ſeitlich befeſtigt.
Bei den Molchen iſt er ſtets nur theilweiſe verknöchert und beſteht aus einem Schulterblatte, einem
breiten Schlüſſelbeine und dahinterliegendem Rabenbeine, zwiſchen welchen ſich oft noch ein unpaares
Bruſtbein einſchiebt. Bei den Fröſchen wird ein breiter Bruſtkorb von dem Schultergürtel gebildet,
der aus vielen Stücken beſteht, welche oft nur theilweiſe verknöchern. Der Vorderfuß ſelbſt beſteht
aus einem einfachen Oberarm-, zwei, zuweilen verſchmolzenen Vorderarmknochen, einer oft knorpelich
bleibenden Handwurzel und aus Zehen, deren Zahl meiſt vier, ſelten drei beträgt. Der Beckengürtel
iſt bei den Molchen nur unbedeutend, und die Kreuzbeinwirbel kaum in ihrer Bildung von den
übrigen Wirbeln verſchieden; das Becken bleibt außerdem meiſt knorpelig und beſteht nur aus zwei
Darmbeinen, welche durch einen Mittelknochen mit einander verbunden ſind. Um ſo ausgezeichneter
iſt die Bildung des Beckens bei den Fröſchen, wo daſſelbe den ſtarken Sprungbeinen als Stützpunkt
und ihren Muskeln zum Anſatze dienen muß. Die Zuſammenſetzung der Fußknochen iſt dieſelbe,
wie an den vorderen Gliedmaßen, obgleich größerer Wechſel vorkommt, indem bei einigen Kiemen-
molchen nur zwei, drei oder vier, bei den eigentlichen Molchen oder Fröſchen aber ſtets fünf Zehen
an den Hinterfüßen ſich vorfinden. Nur bei ſehr wenigen Sippen kommen kleine, hufartige Nägel
vor, in welchen die Zehenenden wie in einem Fingerhut ſtecken; bei der größten Mehrzahl der Lurche

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[356/0382] Die Lurche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit. „Auch hinſichtlich der Bildung des Kopfgerüſtes zeigen ſich verſchiedene Stufen in der Reihe der Lurche, die ſich namentlich auf das allmähliche Verſchwinden der urſprünglichen Knorpelgebilde beziehen.... Als bezeichnendes Merkmal für die ganze Klaſſe im Gegenſatze zu den Kriechthieren ſtellt ſich hier die Bildung zweier, ſeitlicher Gelenkknöpfe an dem Hinterhaupte dar, welche von dem ſtets verknöcherten, ſeitlichen Hinterhauptsbeine hergeſtellt werden und in zwei Vertiefungen des erſten, ringförmigen Halswirbels paſſen. Der Schädel ſelbſt iſt ſtets ſehr breit, platt, die Augenhöhle gewöhnlich ungeheuer groß und durchgehend, ſodaß, von oben geſehen, die Kiefern einen Halbkreis bilden, der in der Mitte durch eine längliche Kapſel, den eigentlichen Schädel, durchſetzt wird. Was nun die einzelnen Knochen betrifft, ſo bildet das Keilbein auf der Unterfläche des Schädels eine bald kreuzförmige, bald breite Platte, die meiſt auf ihrer oberen, dem Schädel zugekehrten Fläche mit Knorpeln bedeckt wird. Die Schädeldecke wird von zwei oft ſehr verkümmerten Scheitelbeinen, zwei Stirnbeinen und bei den Blindwühlen noch von einem Siebbeine gebildet, während bei den übrigen gewöhnlich zwei mehr oder minder entwickelte Naſenbeine auf der vorderen Seite aufliegen. Bei den froſchartigen Lurchen beſteht ein ringartig verknöchertes Siebbein, welches zuweilen eine ſehr bedeutende Größe erlangt, aber auf der Oberfläche des Schädels nirgends zu Tage kommt. Die Seitenflächen des Schädels bleiben bei den Kiemenlurchen faſt ganz knorpelig oder zeigen auch eine dem vorderen Keilbeinflügel ſowie dem vorderen Stirnbein entſprechende Verknöcherung, während bei den froſchartigen Thieren ſowohl das Felſenbein als auch die Keilbeinflügel verknöchern, aber dennoch häutige Zwiſchenräume laſſen. An dem Gaumengewölbe ſind alle Knochen feſt mit dem Schädel verbunden und zwar in der Weiſe, daß Zwiſchenkiefer und Oberkiefer hinter einander den Mundrand bilden und gewöhnlich ein zweiter, gleichlaufender Bogen auf ihrer inneren Seite von dem einfachen Gaumenbeine gebildet wird. Ein eigentliches Pflugſcharbein fehlt den Lurchen durch- aus; dagegen ſind die Gaumenbeine gewöhnlich ebenſo wie die oberen Kiefer mit Zähnen beſetzt. Der Unterkiefer iſt zum Wenigſten aus zwei Knochen, dem Gelenkſtücke und dem Zahnſtücke, zuweilen aber auch aus noch mehr zuſammengeſetzt und an einem Tragbogen aufgehängt, welcher niemals vollſtändig verknöchert und aus dem Quadratbein und dem Trommelbein beſteht. Das ſiebförmige Knochengebilde, welches auf dieſe Weiſe zuſammengeſetzt wird, iſt feſt mit dem Schädel verbunden und gewöhnlich ſchief nach hinten gerichtet, ſodaß die Mundſpalte oft ziemlich weit hinter den Schädel ſich erſtreckt und der Rachen einer großen Erweiterung fähig iſt.... „Die Glieder beſtehen, inſofern ſie vorhanden ſind, ſtets aus dem Schulter- oder Beckengürtel und den eigentlichen Gliedmaßen. Den Blindwühlen fehlen dieſelben gänzlich, während bei manchen Kiemenmolchen nur Vorderfüße vorhanden ſind. Der aus dem ſtielförmigen Schulterblatte und breitem, ſpatelartigem Schlüſſelbein gebildete Schultergürtel iſt an den Halswirbel ſeitlich befeſtigt. Bei den Molchen iſt er ſtets nur theilweiſe verknöchert und beſteht aus einem Schulterblatte, einem breiten Schlüſſelbeine und dahinterliegendem Rabenbeine, zwiſchen welchen ſich oft noch ein unpaares Bruſtbein einſchiebt. Bei den Fröſchen wird ein breiter Bruſtkorb von dem Schultergürtel gebildet, der aus vielen Stücken beſteht, welche oft nur theilweiſe verknöchern. Der Vorderfuß ſelbſt beſteht aus einem einfachen Oberarm-, zwei, zuweilen verſchmolzenen Vorderarmknochen, einer oft knorpelich bleibenden Handwurzel und aus Zehen, deren Zahl meiſt vier, ſelten drei beträgt. Der Beckengürtel iſt bei den Molchen nur unbedeutend, und die Kreuzbeinwirbel kaum in ihrer Bildung von den übrigen Wirbeln verſchieden; das Becken bleibt außerdem meiſt knorpelig und beſteht nur aus zwei Darmbeinen, welche durch einen Mittelknochen mit einander verbunden ſind. Um ſo ausgezeichneter iſt die Bildung des Beckens bei den Fröſchen, wo daſſelbe den ſtarken Sprungbeinen als Stützpunkt und ihren Muskeln zum Anſatze dienen muß. Die Zuſammenſetzung der Fußknochen iſt dieſelbe, wie an den vorderen Gliedmaßen, obgleich größerer Wechſel vorkommt, indem bei einigen Kiemen- molchen nur zwei, drei oder vier, bei den eigentlichen Molchen oder Fröſchen aber ſtets fünf Zehen an den Hinterfüßen ſich vorfinden. Nur bei ſehr wenigen Sippen kommen kleine, hufartige Nägel vor, in welchen die Zehenenden wie in einem Fingerhut ſtecken; bei der größten Mehrzahl der Lurche

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/382>, abgerufen am 22.05.2024.