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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

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Zufällige Gedancken über zwey nach Grönland etc.
Zufällige Gedancken über zwey nach
Grönland abseegelnde Schiffe.
Jndem ich jüngst auf einem kleinem Hügel,
Am Flachen Elbe-Strande, steh,
Und, wie der glatten Fluthen Spiegel
Sich sanft vorüber ziehet, seh;
Erblick ich, auf dem sich sanft senckenden Gewässer,
Ein grosses wol beseegelt Paar
Sehr starck-bemannter Wasser-Schlösser,
So zu dem Wallfisch-Fang bestimmet war;
Wie beid', in stiller Farth, die Fluthen theilten,
Und, Land- und Strand vorbey, gemählig See-werts
eilten.
Jndem ich nun, von ihrer Reise
Den weit entfernten Zweck erwege,
Die, auf so manche Art und Weise,
Sie drohende Gefahr, mit Grausen überlege;
So fällt mir die Betrachtung bey:
Jch dencke, wie es möglich sey,
Daß diese Reisende, der schönsten Frühlings-Zeit,
Die jetzo wiederkehrt,
Und da der Erde Schmuck sich stündlich fast vermehrt,
Da Wald und Feld bey uns in solcher Lieblichkeit
Bey aufgeklährten Lüften blühen,
So gantz gelassen sich entziehen,
Um sich den ungestühmen Wellen
Der unergründlich tieffen See,
Des Winters Wuth, Reif, Hagel, Frost und Schnee
Und Boreas Gewalt in Grönland blos zu stellen.
Mich
Zufaͤllige Gedancken uͤber zwey nach Groͤnland ꝛc.
Zufaͤllige Gedancken uͤber zwey nach
Groͤnland abſeegelnde Schiffe.
Jndem ich juͤngſt auf einem kleinem Huͤgel,
Am Flachen Elbe-Strande, ſteh,
Und, wie der glatten Fluthen Spiegel
Sich ſanft voruͤber ziehet, ſeh;
Erblick ich, auf dem ſich ſanft ſenckenden Gewaͤſſer,
Ein groſſes wol beſeegelt Paar
Sehr ſtarck-bemannter Waſſer-Schloͤſſer,
So zu dem Wallfiſch-Fang beſtimmet war;
Wie beid’, in ſtiller Farth, die Fluthen theilten,
Und, Land- und Strand vorbey, gemaͤhlig See-werts
eilten.
Jndem ich nun, von ihrer Reiſe
Den weit entfernten Zweck erwege,
Die, auf ſo manche Art und Weiſe,
Sie drohende Gefahr, mit Grauſen uͤberlege;
So faͤllt mir die Betrachtung bey:
Jch dencke, wie es moͤglich ſey,
Daß dieſe Reiſende, der ſchoͤnſten Fruͤhlings-Zeit,
Die jetzo wiederkehrt,
Und da der Erde Schmuck ſich ſtuͤndlich faſt vermehrt,
Da Wald und Feld bey uns in ſolcher Lieblichkeit
Bey aufgeklaͤhrten Luͤften bluͤhen,
So gantz gelaſſen ſich entziehen,
Um ſich den ungeſtuͤhmen Wellen
Der unergruͤndlich tieffen See,
Des Winters Wuth, Reif, Hagel, Froſt und Schnee
Und Boreas Gewalt in Groͤnland blos zu ſtellen.
Mich
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[78/0094] Zufaͤllige Gedancken uͤber zwey nach Groͤnland ꝛc. Zufaͤllige Gedancken uͤber zwey nach Groͤnland abſeegelnde Schiffe. Jndem ich juͤngſt auf einem kleinem Huͤgel, Am Flachen Elbe-Strande, ſteh, Und, wie der glatten Fluthen Spiegel Sich ſanft voruͤber ziehet, ſeh; Erblick ich, auf dem ſich ſanft ſenckenden Gewaͤſſer, Ein groſſes wol beſeegelt Paar Sehr ſtarck-bemannter Waſſer-Schloͤſſer, So zu dem Wallfiſch-Fang beſtimmet war; Wie beid’, in ſtiller Farth, die Fluthen theilten, Und, Land- und Strand vorbey, gemaͤhlig See-werts eilten. Jndem ich nun, von ihrer Reiſe Den weit entfernten Zweck erwege, Die, auf ſo manche Art und Weiſe, Sie drohende Gefahr, mit Grauſen uͤberlege; So faͤllt mir die Betrachtung bey: Jch dencke, wie es moͤglich ſey, Daß dieſe Reiſende, der ſchoͤnſten Fruͤhlings-Zeit, Die jetzo wiederkehrt, Und da der Erde Schmuck ſich ſtuͤndlich faſt vermehrt, Da Wald und Feld bey uns in ſolcher Lieblichkeit Bey aufgeklaͤhrten Luͤften bluͤhen, So gantz gelaſſen ſich entziehen, Um ſich den ungeſtuͤhmen Wellen Der unergruͤndlich tieffen See, Des Winters Wuth, Reif, Hagel, Froſt und Schnee Und Boreas Gewalt in Groͤnland blos zu ſtellen. Mich

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/94>, abgerufen am 21.05.2024.