Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Anhang zu den Wasser-Tropfen.
Bey diesem, von der Sonnen Schein,
Durchstralt-und angefüllten Tropfen, fiel ungefähr mir et-
was ein,

Daß, wenn man es mit Ernst erwegt, vielleicht noch etwas
weiter geht.
Jch habe mehr, als tausendmal, die nicht zu fassend' Eigen-
schaft,

Das unerforschliche Geheimniß, die überall verborgne Kraft,
So in dem Samen steckt, erwogen; doch fand ich lauter
Dunkelheit.

Umnebelt war und blieb mir alles; nicht die geringste Deut-
lichkeit

Verspürte mein geschwächter Geist. Jetzt, deucht mich, spüret
mein Gesicht,

Jn diesem angestralten Tropfen, vom dunkeln Samen etwas Licht.
So wie des Wassers runde Theile vom Licht erleuchtet
und durchstralt,

Erwärmet und gefärbet werden:
So scheinen auch nicht minder Theile, von der dazu formirten
Erden,

Jm Samen gleicher weise fähig, von einem nicht sichtbaren
Schein,

Durchdrungen, fruchtbar, reg, erwärmet, entzündet und belebt
zu seyn.

Wie nun der Sonnen Feur und Licht, aus Gott, der Sonnen
Sonne, quillet,

Und unserm Auge sichtbar ist: So deucht mich, kann man billig
schliessen,

Daß aus der Gottheit mehre Kräfte, sind sie den Augen gleich
verhüllet,

Nicht nur in Samen, überall, in nie erschöpfter Fülle fliessen.
Dank-
Br. VI. Th. Z
Anhang zu den Waſſer-Tropfen.
Bey dieſem, von der Sonnen Schein,
Durchſtralt-und angefuͤllten Tropfen, fiel ungefaͤhr mir et-
was ein,

Daß, wenn man es mit Ernſt erwegt, vielleicht noch etwas
weiter geht.
Jch habe mehr, als tauſendmal, die nicht zu faſſend’ Eigen-
ſchaft,

Das unerforſchliche Geheimniß, die uͤberall verborgne Kraft,
So in dem Samen ſteckt, erwogen; doch fand ich lauter
Dunkelheit.

Umnebelt war und blieb mir alles; nicht die geringſte Deut-
lichkeit

Verſpuͤrte mein geſchwaͤchter Geiſt. Jetzt, deucht mich, ſpuͤret
mein Geſicht,

Jn dieſem angeſtralten Tropfen, vom dunkeln Samen etwas Licht.
So wie des Waſſers runde Theile vom Licht erleuchtet
und durchſtralt,

Erwaͤrmet und gefaͤrbet werden:
So ſcheinen auch nicht minder Theile, von der dazu formirten
Erden,

Jm Samen gleicher weiſe faͤhig, von einem nicht ſichtbaren
Schein,

Durchdrungen, fruchtbar, reg, erwaͤrmet, entzuͤndet und belebt
zu ſeyn.

Wie nun der Sonnen Feur und Licht, aus Gott, der Sonnen
Sonne, quillet,

Und unſerm Auge ſichtbar iſt: So deucht mich, kann man billig
ſchlieſſen,

Daß aus der Gottheit mehre Kraͤfte, ſind ſie den Augen gleich
verhuͤllet,

Nicht nur in Samen, uͤberall, in nie erſchoͤpfter Fuͤlle flieſſen.
Dank-
Br. VI. Th. Z
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0377" n="353"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Anhang zu den Wa&#x017F;&#x017F;er-Tropfen.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="29">
            <l>Bey die&#x017F;em, von der Sonnen Schein,</l><lb/>
            <l>Durch&#x017F;tralt-und angefu&#x0364;llten Tropfen, fiel ungefa&#x0364;hr mir et-<lb/><hi rendition="#et">was ein,</hi></l><lb/>
            <l>Daß, wenn man es mit Ern&#x017F;t erwegt, vielleicht noch etwas<lb/><hi rendition="#et">weiter geht.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="30">
            <l>Jch habe mehr, als tau&#x017F;endmal, die nicht zu fa&#x017F;&#x017F;end&#x2019; Eigen-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chaft,</hi></l><lb/>
            <l>Das unerfor&#x017F;chliche Geheimniß, die u&#x0364;berall verborgne Kraft,</l><lb/>
            <l>So in dem Samen &#x017F;teckt, erwogen; doch fand ich lauter<lb/><hi rendition="#et">Dunkelheit.</hi></l><lb/>
            <l>Umnebelt war und blieb mir alles; nicht die gering&#x017F;te Deut-<lb/><hi rendition="#et">lichkeit</hi></l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;pu&#x0364;rte mein ge&#x017F;chwa&#x0364;chter Gei&#x017F;t. Jetzt, deucht mich, &#x017F;pu&#x0364;ret<lb/><hi rendition="#et">mein Ge&#x017F;icht,</hi></l><lb/>
            <l>Jn die&#x017F;em ange&#x017F;tralten Tropfen, vom dunkeln Samen etwas Licht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="31">
            <l>So wie des Wa&#x017F;&#x017F;ers runde Theile vom Licht erleuchtet<lb/><hi rendition="#et">und durch&#x017F;tralt,</hi></l><lb/>
            <l>Erwa&#x0364;rmet und gefa&#x0364;rbet werden:</l><lb/>
            <l>So &#x017F;cheinen auch nicht minder Theile, von der dazu formirten<lb/><hi rendition="#et">Erden,</hi></l><lb/>
            <l>Jm Samen gleicher wei&#x017F;e fa&#x0364;hig, von einem nicht &#x017F;ichtbaren<lb/><hi rendition="#et">Schein,</hi></l><lb/>
            <l>Durchdrungen, fruchtbar, reg, erwa&#x0364;rmet, entzu&#x0364;ndet und belebt<lb/><hi rendition="#et">zu &#x017F;eyn.</hi></l><lb/>
            <l>Wie nun der Sonnen Feur und Licht, aus Gott, der Sonnen<lb/><hi rendition="#et">Sonne, quillet,</hi></l><lb/>
            <l>Und un&#x017F;erm Auge &#x017F;ichtbar i&#x017F;t: So deucht mich, kann man billig<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Daß aus der Gottheit mehre Kra&#x0364;fte, &#x017F;ind &#x017F;ie den Augen gleich<lb/><hi rendition="#et">verhu&#x0364;llet,</hi></l><lb/>
            <l>Nicht nur in Samen, u&#x0364;berall, in nie er&#x017F;cho&#x0364;pfter Fu&#x0364;lle flie&#x017F;&#x017F;en.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Br.</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#fr">Th.</hi> Z</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Dank-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0377] Anhang zu den Waſſer-Tropfen. Bey dieſem, von der Sonnen Schein, Durchſtralt-und angefuͤllten Tropfen, fiel ungefaͤhr mir et- was ein, Daß, wenn man es mit Ernſt erwegt, vielleicht noch etwas weiter geht. Jch habe mehr, als tauſendmal, die nicht zu faſſend’ Eigen- ſchaft, Das unerforſchliche Geheimniß, die uͤberall verborgne Kraft, So in dem Samen ſteckt, erwogen; doch fand ich lauter Dunkelheit. Umnebelt war und blieb mir alles; nicht die geringſte Deut- lichkeit Verſpuͤrte mein geſchwaͤchter Geiſt. Jetzt, deucht mich, ſpuͤret mein Geſicht, Jn dieſem angeſtralten Tropfen, vom dunkeln Samen etwas Licht. So wie des Waſſers runde Theile vom Licht erleuchtet und durchſtralt, Erwaͤrmet und gefaͤrbet werden: So ſcheinen auch nicht minder Theile, von der dazu formirten Erden, Jm Samen gleicher weiſe faͤhig, von einem nicht ſichtbaren Schein, Durchdrungen, fruchtbar, reg, erwaͤrmet, entzuͤndet und belebt zu ſeyn. Wie nun der Sonnen Feur und Licht, aus Gott, der Sonnen Sonne, quillet, Und unſerm Auge ſichtbar iſt: So deucht mich, kann man billig ſchlieſſen, Daß aus der Gottheit mehre Kraͤfte, ſind ſie den Augen gleich verhuͤllet, Nicht nur in Samen, uͤberall, in nie erſchoͤpfter Fuͤlle flieſſen. Dank- Br. VI. Th. Z

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/377
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/377>, abgerufen am 28.04.2024.