Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Beschreibung eines herrlichen Morgens
Kurz: Alles, was man auf der Erden, in Luft und Wasser
sehen kann,
Fällt uns voll Anmuht in die Augen, und fieht uns gleichsam
lächelnd an.
Man sah bereits den Sonnen-Strahl sich mit der grauen
Dämmrung mischen,
Und ihn vom nassen Felde schon der Wolken Thränen gleich-
sam wischen.
Die Welt, durch ihr erquickend Feuer und heitern Schimmer
angestrahlt,
Ward überall mit einem Glanz, wodurch sich, samt den grü-
nen Büschen,
Der Kräuter und der Bluhmen Heere, recht, als aufs neu
belebt, erfrischen,
Und der auf ihren Blättern schwebet, mit einer grünen
Gluht bemahlt.
Es streckte nah an diesem Walde, voll Nahrungs-reicher
fetter Weide,
Ein angenehmer grüner Hügel den bunt-beblühmten Rücken
her,
Von vielen Wollen-reichen Heerden und Horn-Vieh schien
er gleichsam schwehr,
Der Seiten sanfter Abhang glänzt' vom gelben reifenden
Getrayde.
Dort sah man weisse, fette Schafe beschäftiget, das feinste
Gras,
Mit regem Zahn und kurzem Ruck, von unten aufwerts
abzurupfen,
Dort, durch verwachsne dunkle Büsche, oft muntre junge
Lämmer schlupfen,
Hier, wie so manches glatte Kalb das Laub von schlanken
Reisern fraß,
Da,
Beſchreibung eines herrlichen Morgens
Kurz: Alles, was man auf der Erden, in Luft und Waſſer
ſehen kann,
Faͤllt uns voll Anmuht in die Augen, und fieht uns gleichſam
laͤchelnd an.
Man ſah bereits den Sonnen-Strahl ſich mit der grauen
Daͤmmrung miſchen,
Und ihn vom naſſen Felde ſchon der Wolken Thraͤnen gleich-
ſam wiſchen.
Die Welt, durch ihr erquickend Feuer und heitern Schimmer
angeſtrahlt,
Ward uͤberall mit einem Glanz, wodurch ſich, ſamt den gruͤ-
nen Buͤſchen,
Der Kraͤuter und der Bluhmen Heere, recht, als aufs neu
belebt, erfriſchen,
Und der auf ihren Blaͤttern ſchwebet, mit einer gruͤnen
Gluht bemahlt.
Es ſtreckte nah an dieſem Walde, voll Nahrungs-reicher
fetter Weide,
Ein angenehmer gruͤner Huͤgel den bunt-bebluͤhmten Ruͤcken
her,
Von vielen Wollen-reichen Heerden und Horn-Vieh ſchien
er gleichſam ſchwehr,
Der Seiten ſanfter Abhang glaͤnzt’ vom gelben reifenden
Getrayde.
Dort ſah man weiſſe, fette Schafe beſchaͤftiget, das feinſte
Gras,
Mit regem Zahn und kurzem Ruck, von unten aufwerts
abzurupfen,
Dort, durch verwachsne dunkle Buͤſche, oft muntre junge
Laͤmmer ſchlupfen,
Hier, wie ſo manches glatte Kalb das Laub von ſchlanken
Reiſern fraß,
Da,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0132" n="114"/>
              <fw place="top" type="header">Be&#x017F;chreibung eines herrlichen Morgens</fw><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Kurz: Alles, was man auf der Erden, in Luft und Wa&#x017F;&#x017F;er</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ehen kann,</hi> </l><lb/>
                <l>Fa&#x0364;llt uns voll Anmuht in die Augen, und fieht uns gleich&#x017F;am</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">la&#x0364;chelnd an.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Man &#x017F;ah bereits den Sonnen-Strahl &#x017F;ich mit der grauen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Da&#x0364;mmrung mi&#x017F;chen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und ihn vom na&#x017F;&#x017F;en Felde &#x017F;chon der Wolken Thra&#x0364;nen gleich-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;am wi&#x017F;chen.</hi> </l><lb/>
                <l>Die Welt, durch ihr erquickend Feuer und heitern Schimmer</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ange&#x017F;trahlt,</hi> </l><lb/>
                <l>Ward u&#x0364;berall mit einem Glanz, wodurch &#x017F;ich, &#x017F;amt den gru&#x0364;-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">nen Bu&#x0364;&#x017F;chen,</hi> </l><lb/>
                <l>Der Kra&#x0364;uter und der Bluhmen Heere, recht, als aufs neu</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">belebt, erfri&#x017F;chen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und der auf ihren Bla&#x0364;ttern &#x017F;chwebet, mit einer gru&#x0364;nen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Gluht bemahlt.</hi> </l><lb/>
                <l>Es &#x017F;treckte nah an die&#x017F;em Walde, voll Nahrungs-reicher</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">fetter Weide,</hi> </l><lb/>
                <l>Ein angenehmer gru&#x0364;ner Hu&#x0364;gel den bunt-beblu&#x0364;hmten Ru&#x0364;cken</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">her,</hi> </l><lb/>
                <l>Von vielen Wollen-reichen Heerden und Horn-Vieh &#x017F;chien</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">er gleich&#x017F;am &#x017F;chwehr,</hi> </l><lb/>
                <l>Der Seiten &#x017F;anfter Abhang gla&#x0364;nzt&#x2019; vom gelben reifenden</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Getrayde.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Dort &#x017F;ah man wei&#x017F;&#x017F;e, fette Schafe be&#x017F;cha&#x0364;ftiget, das fein&#x017F;te</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Gras,</hi> </l><lb/>
                <l>Mit regem Zahn und kurzem Ruck, von unten aufwerts</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">abzurupfen,</hi> </l><lb/>
                <l>Dort, durch verwachsne dunkle Bu&#x0364;&#x017F;che, oft muntre junge</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">La&#x0364;mmer &#x017F;chlupfen,</hi> </l><lb/>
                <l>Hier, wie &#x017F;o manches glatte Kalb das Laub von &#x017F;chlanken</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Rei&#x017F;ern fraß,</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Da,</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0132] Beſchreibung eines herrlichen Morgens Kurz: Alles, was man auf der Erden, in Luft und Waſſer ſehen kann, Faͤllt uns voll Anmuht in die Augen, und fieht uns gleichſam laͤchelnd an. Man ſah bereits den Sonnen-Strahl ſich mit der grauen Daͤmmrung miſchen, Und ihn vom naſſen Felde ſchon der Wolken Thraͤnen gleich- ſam wiſchen. Die Welt, durch ihr erquickend Feuer und heitern Schimmer angeſtrahlt, Ward uͤberall mit einem Glanz, wodurch ſich, ſamt den gruͤ- nen Buͤſchen, Der Kraͤuter und der Bluhmen Heere, recht, als aufs neu belebt, erfriſchen, Und der auf ihren Blaͤttern ſchwebet, mit einer gruͤnen Gluht bemahlt. Es ſtreckte nah an dieſem Walde, voll Nahrungs-reicher fetter Weide, Ein angenehmer gruͤner Huͤgel den bunt-bebluͤhmten Ruͤcken her, Von vielen Wollen-reichen Heerden und Horn-Vieh ſchien er gleichſam ſchwehr, Der Seiten ſanfter Abhang glaͤnzt’ vom gelben reifenden Getrayde. Dort ſah man weiſſe, fette Schafe beſchaͤftiget, das feinſte Gras, Mit regem Zahn und kurzem Ruck, von unten aufwerts abzurupfen, Dort, durch verwachsne dunkle Buͤſche, oft muntre junge Laͤmmer ſchlupfen, Hier, wie ſo manches glatte Kalb das Laub von ſchlanken Reiſern fraß, Da,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/132
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/132>, abgerufen am 27.04.2024.