Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Vom Neuen-Werk.
Ob nun, zumahl bey gutem Wetter, das Land in steter
Trockne ruht,
So füllen sich doch alle Graben bis an den Teich bey jeder
Fluht.
Man sieht in dieser kleinen Jnsel noch ferner, und nicht
sonder Freuden,
Sowohl besonders fette Kühe, als Wollen- reiche Schafe
weiden.
Wird diesen nun auf ihren Weiden ihr Futter und das meiste
Gras,
Durch das hier salze See-Gewässer, oft überflossen, feucht
und naß;
So essen sie es dennoch gerne, und schläget ihnen trefflich zu.
Die Kühe halten oftermahl im Wasser ihre Mittags-Ruh,
Worinn sie auf den ebnen Watten, und in der feuchten
Fluht sich kühlen,
Zumahl, wenn sie sich von dem Schwarm der Fliegen ange-
fochten fühlen.
Es steht auf dieser flachen Jnsel bald nassem und bald
trocknem Raum
Kein Strauchwerk, kein Gebüsch, noch Staud', ja nicht ein-
mahl ein einz'ger Baum.
Es muß daher bey schlechtem Wetter und Sturm, zumahl
zur Winters-Zeit,
Wenn die vom Nebel, Frost und Schnee geschwärzte Lüfte
heulend sausen,
Wenn die mit Schollen, Strudeln, Wirbeln erfüllte Fluhten
schäumend brausen,
Und alles zu verschlingen drohen, kein angenehmer Wohn-
platz seyn,
Und dennoch sind die Leute dort,
Mit dem so seltsam-öden Ort,
Den
Vom Neuen-Werk.
Ob nun, zumahl bey gutem Wetter, das Land in ſteter
Trockne ruht,
So fuͤllen ſich doch alle Graben bis an den Teich bey jeder
Fluht.
Man ſieht in dieſer kleinen Jnſel noch ferner, und nicht
ſonder Freuden,
Sowohl beſonders fette Kuͤhe, als Wollen- reiche Schafe
weiden.
Wird dieſen nun auf ihren Weiden ihr Futter und das meiſte
Gras,
Durch das hier ſalze See-Gewaͤſſer, oft uͤberfloſſen, feucht
und naß;
So eſſen ſie es dennoch gerne, und ſchlaͤget ihnen trefflich zu.
Die Kuͤhe halten oftermahl im Waſſer ihre Mittags-Ruh,
Worinn ſie auf den ebnen Watten, und in der feuchten
Fluht ſich kuͤhlen,
Zumahl, wenn ſie ſich von dem Schwarm der Fliegen ange-
fochten fuͤhlen.
Es ſteht auf dieſer flachen Jnſel bald naſſem und bald
trocknem Raum
Kein Strauchwerk, kein Gebuͤſch, noch Staud’, ja nicht ein-
mahl ein einz’ger Baum.
Es muß daher bey ſchlechtem Wetter und Sturm, zumahl
zur Winters-Zeit,
Wenn die vom Nebel, Froſt und Schnee geſchwaͤrzte Luͤfte
heulend ſauſen,
Wenn die mit Schollen, Strudeln, Wirbeln erfuͤllte Fluhten
ſchaͤumend brauſen,
Und alles zu verſchlingen drohen, kein angenehmer Wohn-
platz ſeyn,
Und dennoch ſind die Leute dort,
Mit dem ſo ſeltſam-oͤden Ort,
Den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0300" n="282"/>
              <fw place="top" type="header">Vom Neuen-Werk.</fw><lb/>
              <lg n="12">
                <l>Ob nun, zumahl bey gutem Wetter, das Land in &#x017F;teter</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Trockne ruht,</hi> </l><lb/>
                <l>So fu&#x0364;llen &#x017F;ich doch alle Graben bis an den Teich bey jeder</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Fluht.</hi> </l><lb/>
                <l>Man &#x017F;ieht in die&#x017F;er kleinen Jn&#x017F;el noch ferner, und nicht</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;onder Freuden,</hi> </l><lb/>
                <l>Sowohl be&#x017F;onders fette Ku&#x0364;he, als Wollen- reiche Schafe</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">weiden.</hi> </l><lb/>
                <l>Wird die&#x017F;en nun auf ihren Weiden ihr Futter und das mei&#x017F;te</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Gras,</hi> </l><lb/>
                <l>Durch das hier &#x017F;alze See-Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, oft u&#x0364;berflo&#x017F;&#x017F;en, feucht</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und naß;</hi> </l><lb/>
                <l>So e&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie es dennoch gerne, und &#x017F;chla&#x0364;get ihnen trefflich zu.</l><lb/>
                <l>Die Ku&#x0364;he halten oftermahl im Wa&#x017F;&#x017F;er ihre Mittags-Ruh,</l><lb/>
                <l>Worinn &#x017F;ie auf den ebnen <hi rendition="#fr">Watten,</hi> und in der feuchten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Fluht &#x017F;ich ku&#x0364;hlen,</hi> </l><lb/>
                <l>Zumahl, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich von dem Schwarm der Fliegen ange-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">fochten fu&#x0364;hlen.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="13">
                <l>Es &#x017F;teht auf die&#x017F;er flachen Jn&#x017F;el bald na&#x017F;&#x017F;em und bald</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">trocknem Raum</hi> </l><lb/>
                <l>Kein Strauchwerk, kein Gebu&#x0364;&#x017F;ch, noch Staud&#x2019;, ja nicht ein-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">mahl ein einz&#x2019;ger Baum.</hi> </l><lb/>
                <l>Es muß daher bey &#x017F;chlechtem Wetter und Sturm, zumahl</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zur Winters-Zeit,</hi> </l><lb/>
                <l>Wenn die vom Nebel, Fro&#x017F;t und Schnee ge&#x017F;chwa&#x0364;rzte Lu&#x0364;fte</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">heulend &#x017F;au&#x017F;en,</hi> </l><lb/>
                <l>Wenn die mit Schollen, Strudeln, Wirbeln erfu&#x0364;llte Fluhten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;cha&#x0364;umend brau&#x017F;en,</hi> </l><lb/>
                <l>Und alles zu ver&#x017F;chlingen drohen, kein angenehmer Wohn-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">platz &#x017F;eyn,</hi> </l><lb/>
                <l>Und dennoch &#x017F;ind die Leute dort,</l><lb/>
                <l>Mit dem &#x017F;o &#x017F;elt&#x017F;am-o&#x0364;den Ort,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[282/0300] Vom Neuen-Werk. Ob nun, zumahl bey gutem Wetter, das Land in ſteter Trockne ruht, So fuͤllen ſich doch alle Graben bis an den Teich bey jeder Fluht. Man ſieht in dieſer kleinen Jnſel noch ferner, und nicht ſonder Freuden, Sowohl beſonders fette Kuͤhe, als Wollen- reiche Schafe weiden. Wird dieſen nun auf ihren Weiden ihr Futter und das meiſte Gras, Durch das hier ſalze See-Gewaͤſſer, oft uͤberfloſſen, feucht und naß; So eſſen ſie es dennoch gerne, und ſchlaͤget ihnen trefflich zu. Die Kuͤhe halten oftermahl im Waſſer ihre Mittags-Ruh, Worinn ſie auf den ebnen Watten, und in der feuchten Fluht ſich kuͤhlen, Zumahl, wenn ſie ſich von dem Schwarm der Fliegen ange- fochten fuͤhlen. Es ſteht auf dieſer flachen Jnſel bald naſſem und bald trocknem Raum Kein Strauchwerk, kein Gebuͤſch, noch Staud’, ja nicht ein- mahl ein einz’ger Baum. Es muß daher bey ſchlechtem Wetter und Sturm, zumahl zur Winters-Zeit, Wenn die vom Nebel, Froſt und Schnee geſchwaͤrzte Luͤfte heulend ſauſen, Wenn die mit Schollen, Strudeln, Wirbeln erfuͤllte Fluhten ſchaͤumend brauſen, Und alles zu verſchlingen drohen, kein angenehmer Wohn- platz ſeyn, Und dennoch ſind die Leute dort, Mit dem ſo ſeltſam-oͤden Ort, Den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/300
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/300>, abgerufen am 09.06.2024.