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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

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Einige Herbst-Betrachtungen.
So daß man jedes Blatt fast sah. Noch über dieser Wipfeln
schien,
Jn einem langen grünen Strich, der höhern Hecke schönes
Grün,
Und unterschiede, dadurch eben, die rohte Schönheit dieser
Blätter,
Von der nicht minder schönen Röhte der hintern Bäume,
die, erhaben,
Der andern schon erwehnten Schönheit ein noch viel schöner
Ansehn gaben.
Weil nun noch hinter diesen rohten noch andre Bäume
sich erhöh'n,
Die sich noch nicht entfärbet haben, und noch im grünen
Schmucke steh'n;
So machte dieser holde Wechsel und Unterscheid von Roht
und Grün,
Da stets ein Absatz nach dem andern von Licht und Dunkel-
heit erschien,
Daß ich mich nicht erinnern konnt' ein holder Farben-Spiel
gesehn,
Mich mehr daran vergnügt zu haben. Schien dieß nun
gleich von ungefehr
Jn solchem bunten Schmuck zu stehn; so gab es mir doch ein
Vergnügen,
Und dieses bracht' mich allgemach, nach meiner Pflicht, auf
das: Woher
Entstehet aller Dinge Schönheit? Wer ist von Far-
ben, Form' und Zügen,
Vom Licht und vom Gesicht der Ursprung? Von wem
stammt aller Schönheit Schein?
Von wem der Mischung Harmonie und Schimmer, als von
GOtt allein?
Wann
G g 5
Einige Herbſt-Betrachtungen.
So daß man jedes Blatt faſt ſah. Noch uͤber dieſer Wipfeln
ſchien,
Jn einem langen gruͤnen Strich, der hoͤhern Hecke ſchoͤnes
Gruͤn,
Und unterſchiede, dadurch eben, die rohte Schoͤnheit dieſer
Blaͤtter,
Von der nicht minder ſchoͤnen Roͤhte der hintern Baͤume,
die, erhaben,
Der andern ſchon erwehnten Schoͤnheit ein noch viel ſchoͤner
Anſehn gaben.
Weil nun noch hinter dieſen rohten noch andre Baͤume
ſich erhoͤh’n,
Die ſich noch nicht entfaͤrbet haben, und noch im gruͤnen
Schmucke ſteh’n;
So machte dieſer holde Wechſel und Unterſcheid von Roht
und Gruͤn,
Da ſtets ein Abſatz nach dem andern von Licht und Dunkel-
heit erſchien,
Daß ich mich nicht erinnern konnt’ ein holder Farben-Spiel
geſehn,
Mich mehr daran vergnuͤgt zu haben. Schien dieß nun
gleich von ungefehr
Jn ſolchem bunten Schmuck zu ſtehn; ſo gab es mir doch ein
Vergnuͤgen,
Und dieſes bracht’ mich allgemach, nach meiner Pflicht, auf
das: Woher
Entſtehet aller Dinge Schoͤnheit? Wer iſt von Far-
ben, Form’ und Zuͤgen,
Vom Licht und vom Geſicht der Urſprung? Von wem
ſtammt aller Schoͤnheit Schein?
Von wem der Miſchung Harmonie und Schimmer, als von
GOtt allein?
Wann
G g 5
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[473/0491] Einige Herbſt-Betrachtungen. So daß man jedes Blatt faſt ſah. Noch uͤber dieſer Wipfeln ſchien, Jn einem langen gruͤnen Strich, der hoͤhern Hecke ſchoͤnes Gruͤn, Und unterſchiede, dadurch eben, die rohte Schoͤnheit dieſer Blaͤtter, Von der nicht minder ſchoͤnen Roͤhte der hintern Baͤume, die, erhaben, Der andern ſchon erwehnten Schoͤnheit ein noch viel ſchoͤner Anſehn gaben. Weil nun noch hinter dieſen rohten noch andre Baͤume ſich erhoͤh’n, Die ſich noch nicht entfaͤrbet haben, und noch im gruͤnen Schmucke ſteh’n; So machte dieſer holde Wechſel und Unterſcheid von Roht und Gruͤn, Da ſtets ein Abſatz nach dem andern von Licht und Dunkel- heit erſchien, Daß ich mich nicht erinnern konnt’ ein holder Farben-Spiel geſehn, Mich mehr daran vergnuͤgt zu haben. Schien dieß nun gleich von ungefehr Jn ſolchem bunten Schmuck zu ſtehn; ſo gab es mir doch ein Vergnuͤgen, Und dieſes bracht’ mich allgemach, nach meiner Pflicht, auf das: Woher Entſtehet aller Dinge Schoͤnheit? Wer iſt von Far- ben, Form’ und Zuͤgen, Vom Licht und vom Geſicht der Urſprung? Von wem ſtammt aller Schoͤnheit Schein? Von wem der Miſchung Harmonie und Schimmer, als von GOtt allein? Wann G g 5

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/491>, abgerufen am 30.04.2024.