Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Einsame Betrachtung
Nicht glaublich ist, wie mancherley,
An buntem Glanz, an Schimmer, Farb' und Licht,
Für ein betrachtendes Gesicht,
Jn stiller Einsamkeit, im Feur, zu sehen sey.
Oft strahlt, in rohiem Glanz, ein Blau wie ein Sapphir
Durch einen weissen Rauch, der gleichfalls glänzt, herfür.
Wenn oberwerts, mit gelblich-weissen Blitzen,
Die schnellen Flammen sich mit hellem Lodern spitzen;
So scheinet unterwerts, gleich funkelndem Rubin,
Der rohten Kohlen Heer fast schrecklich-schön zu glühn.
Jn tausendfach geformt-bald klein- bald grossen Stücken
Erblickt man Spalten, Höhlen, Lücken,
Geborstnen Felsen gleich. Jn ihren Tiefen glimmt
Der kleinen Flammen Rest; sie wallen recht wie Wellen,
Jn denen hier und dort an unterschied'nen Stellen,
Nebst einem zarten Dunst, von Asch ein Anfang schwimmt,
Der sanfte seinen Fortgang nimmt,
Und, eh man sichs versicht, die rohte Gluht verstecket.
Jn ihrer, bloß allein im Reiche der Natur,
Das Feur besiegenden Gewalt
Wird in der Loder-Asch oft mancherley Figur,
Oft manche sonst fast nicht zu bildende Gestalt,
Die oft vergrössert wird, und oft verkleint, entdecket.
Man ist geschickt, bald kleine Bäum' und Wellen,
Bald kleine Köpfgen, Augen bald,
Bald Männerchen, bald Nas- und Lippen,
Bald Häuser, Büsche, Thürme, Klippen,
Sich selbst willkührlich vorzustellen;
Die aber, wenn wir sie kaum finden,
Durch stete Aenderung, nach kurzer Dauer, schwinden.
Die
Einſame Betrachtung
Nicht glaublich iſt, wie mancherley,
An buntem Glanz, an Schimmer, Farb’ und Licht,
Fuͤr ein betrachtendes Geſicht,
Jn ſtiller Einſamkeit, im Feur, zu ſehen ſey.
Oft ſtrahlt, in rohiem Glanz, ein Blau wie ein Sapphir
Durch einen weiſſen Rauch, der gleichfalls glaͤnzt, herfuͤr.
Wenn oberwerts, mit gelblich-weiſſen Blitzen,
Die ſchnellen Flammen ſich mit hellem Lodern ſpitzen;
So ſcheinet unterwerts, gleich funkelndem Rubin,
Der rohten Kohlen Heer faſt ſchrecklich-ſchoͤn zu gluͤhn.
Jn tauſendfach geformt-bald klein- bald groſſen Stuͤcken
Erblickt man Spalten, Hoͤhlen, Luͤcken,
Geborſtnen Felſen gleich. Jn ihren Tiefen glimmt
Der kleinen Flammen Reſt; ſie wallen recht wie Wellen,
Jn denen hier und dort an unterſchied’nen Stellen,
Nebſt einem zarten Dunſt, von Aſch ein Anfang ſchwimmt,
Der ſanfte ſeinen Fortgang nimmt,
Und, eh man ſichs verſicht, die rohte Gluht verſtecket.
Jn ihrer, bloß allein im Reiche der Natur,
Das Feur beſiegenden Gewalt
Wird in der Loder-Aſch oft mancherley Figur,
Oft manche ſonſt faſt nicht zu bildende Geſtalt,
Die oft vergroͤſſert wird, und oft verkleint, entdecket.
Man iſt geſchickt, bald kleine Baͤum’ und Wellen,
Bald kleine Koͤpfgen, Augen bald,
Bald Maͤnnerchen, bald Naſ- und Lippen,
Bald Haͤuſer, Buͤſche, Thuͤrme, Klippen,
Sich ſelbſt willkuͤhrlich vorzuſtellen;
Die aber, wenn wir ſie kaum finden,
Durch ſtete Aenderung, nach kurzer Dauer, ſchwinden.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0610" n="592"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ein&#x017F;ame Betrachtung</hi> </fw><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Nicht glaublich i&#x017F;t, wie mancherley,</l><lb/>
                <l>An buntem Glanz, an Schimmer, Farb&#x2019; und Licht,</l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;r ein betrachtendes Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
                <l>Jn &#x017F;tiller Ein&#x017F;amkeit, im Feur, zu &#x017F;ehen &#x017F;ey.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Oft &#x017F;trahlt, in rohiem Glanz, ein Blau wie ein Sapphir</l><lb/>
                <l>Durch einen wei&#x017F;&#x017F;en Rauch, der gleichfalls gla&#x0364;nzt, herfu&#x0364;r.</l><lb/>
                <l>Wenn oberwerts, mit gelblich-wei&#x017F;&#x017F;en Blitzen,</l><lb/>
                <l>Die &#x017F;chnellen Flammen &#x017F;ich mit hellem Lodern &#x017F;pitzen;</l><lb/>
                <l>So &#x017F;cheinet unterwerts, gleich funkelndem Rubin,</l><lb/>
                <l>Der rohten Kohlen Heer fa&#x017F;t &#x017F;chrecklich-&#x017F;cho&#x0364;n zu glu&#x0364;hn.</l><lb/>
                <l>Jn tau&#x017F;endfach geformt-bald klein- bald gro&#x017F;&#x017F;en Stu&#x0364;cken</l><lb/>
                <l>Erblickt man Spalten, Ho&#x0364;hlen, Lu&#x0364;cken,</l><lb/>
                <l>Gebor&#x017F;tnen Fel&#x017F;en gleich. Jn ihren Tiefen glimmt</l><lb/>
                <l>Der kleinen Flammen Re&#x017F;t; &#x017F;ie wallen recht wie Wellen,</l><lb/>
                <l>Jn denen hier und dort an unter&#x017F;chied&#x2019;nen Stellen,</l><lb/>
                <l>Neb&#x017F;t einem zarten Dun&#x017F;t, von A&#x017F;ch ein Anfang &#x017F;chwimmt,</l><lb/>
                <l>Der &#x017F;anfte &#x017F;einen Fortgang nimmt,</l><lb/>
                <l>Und, eh man &#x017F;ichs ver&#x017F;icht, die rohte Gluht ver&#x017F;tecket.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Jn ihrer, bloß allein im Reiche der Natur,</l><lb/>
                <l>Das Feur be&#x017F;iegenden Gewalt</l><lb/>
                <l>Wird in der Loder-A&#x017F;ch oft mancherley Figur,</l><lb/>
                <l>Oft manche &#x017F;on&#x017F;t fa&#x017F;t nicht zu bildende Ge&#x017F;talt,</l><lb/>
                <l>Die oft vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert wird, und oft verkleint, entdecket.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="7">
                <l>Man i&#x017F;t ge&#x017F;chickt, bald kleine Ba&#x0364;um&#x2019; und Wellen,</l><lb/>
                <l>Bald kleine Ko&#x0364;pfgen, Augen bald,</l><lb/>
                <l>Bald Ma&#x0364;nnerchen, bald Na&#x017F;- und Lippen,</l><lb/>
                <l>Bald Ha&#x0364;u&#x017F;er, Bu&#x0364;&#x017F;che, Thu&#x0364;rme, Klippen,</l><lb/>
                <l>Sich &#x017F;elb&#x017F;t willku&#x0364;hrlich vorzu&#x017F;tellen;</l><lb/>
                <l>Die aber, wenn wir &#x017F;ie kaum finden,</l><lb/>
                <l>Durch &#x017F;tete Aenderung, nach kurzer Dauer, &#x017F;chwinden.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[592/0610] Einſame Betrachtung Nicht glaublich iſt, wie mancherley, An buntem Glanz, an Schimmer, Farb’ und Licht, Fuͤr ein betrachtendes Geſicht, Jn ſtiller Einſamkeit, im Feur, zu ſehen ſey. Oft ſtrahlt, in rohiem Glanz, ein Blau wie ein Sapphir Durch einen weiſſen Rauch, der gleichfalls glaͤnzt, herfuͤr. Wenn oberwerts, mit gelblich-weiſſen Blitzen, Die ſchnellen Flammen ſich mit hellem Lodern ſpitzen; So ſcheinet unterwerts, gleich funkelndem Rubin, Der rohten Kohlen Heer faſt ſchrecklich-ſchoͤn zu gluͤhn. Jn tauſendfach geformt-bald klein- bald groſſen Stuͤcken Erblickt man Spalten, Hoͤhlen, Luͤcken, Geborſtnen Felſen gleich. Jn ihren Tiefen glimmt Der kleinen Flammen Reſt; ſie wallen recht wie Wellen, Jn denen hier und dort an unterſchied’nen Stellen, Nebſt einem zarten Dunſt, von Aſch ein Anfang ſchwimmt, Der ſanfte ſeinen Fortgang nimmt, Und, eh man ſichs verſicht, die rohte Gluht verſtecket. Jn ihrer, bloß allein im Reiche der Natur, Das Feur beſiegenden Gewalt Wird in der Loder-Aſch oft mancherley Figur, Oft manche ſonſt faſt nicht zu bildende Geſtalt, Die oft vergroͤſſert wird, und oft verkleint, entdecket. Man iſt geſchickt, bald kleine Baͤum’ und Wellen, Bald kleine Koͤpfgen, Augen bald, Bald Maͤnnerchen, bald Naſ- und Lippen, Bald Haͤuſer, Buͤſche, Thuͤrme, Klippen, Sich ſelbſt willkuͤhrlich vorzuſtellen; Die aber, wenn wir ſie kaum finden, Durch ſtete Aenderung, nach kurzer Dauer, ſchwinden. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/610
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/610>, abgerufen am 28.04.2024.