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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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der ein sehr leichtgläubiger Mann war, antwortete
mit einiger Hitze, daß man sehr deutlich sähe, daß
ich ein Ausländer sey, die selten etwas glaubten. Jch
gab ihm zur Antwort, daß er das, was ich gesagt
hätte, nicht übel nehmen sollte, weil ich den Geist,
wenn er es erlauben wolle, daß erste Mahl, da er
sich auf den Gassen würde sehen lassen, arretiren wolle,
welches er mit einem Lächeln zuließ. Als ich in
mein Quartier nach Hause kam, fragte ich einen von
meinen Sergeanten, ob er etwas von dem Geiste in
der Stadt gehöret habe; er antwortete, daß er ihn
oft gesehen habe, und glaube, daß ich ihn, wenn ich
neugierig sey, diese Nacht sehen könne. Hierauf be-
fahl ich ihm, sechs starke Leute auszusuchen, und mit
ihnen in mein Quartier zu kommen, und etliche auszu-
schicken, mir, wenn er sich sehen ließe, Nachricht zu
geben. Gegen 11 Uhr wurde mir berichtet, daß er
in der nächsten Straße gienge, worauf ich sogleich den
Sergeanten mit dreyen von den sechs Leuten abschickte,
ihm entgegen zu gehen, und ihm befahl, ihn, wo
möglich, gefangen zu nehmen; mit den drey andern
folgte ich dem Gespenste, im Fall es umkehren sollte.
Allein es gieng dem Sergeanten entgegen, ohne daß
es die geringste Miene zum Umkehren oder zum Ent-
wischen machte. Als es ergriffen ward, warf es
zwey von den Leuten unter sich, die es aber hielten, bis
ich zu ihnen kam; da denn der Geist, als ich ihm ei-
ne Pistole auf die Brust setzte, um sein Leben bat,
und bekannte, daß er ein Kosak von der Garnison sey.
Jch führte ihn sogleich zum Gouverneur, der sich sehr
schämte, daß er sich so lange hintergehen lassen, und
so erzürnet wurde, daß er dem Kerl mit dem Hängen

drohete.
Z 4

der ein ſehr leichtglaͤubiger Mann war, antwortete
mit einiger Hitze, daß man ſehr deutlich ſaͤhe, daß
ich ein Auslaͤnder ſey, die ſelten etwas glaubten. Jch
gab ihm zur Antwort, daß er das, was ich geſagt
haͤtte, nicht uͤbel nehmen ſollte, weil ich den Geiſt,
wenn er es erlauben wolle, daß erſte Mahl, da er
ſich auf den Gaſſen wuͤrde ſehen laſſen, arretiren wolle,
welches er mit einem Laͤcheln zuließ. Als ich in
mein Quartier nach Hauſe kam, fragte ich einen von
meinen Sergeanten, ob er etwas von dem Geiſte in
der Stadt gehoͤret habe; er antwortete, daß er ihn
oft geſehen habe, und glaube, daß ich ihn, wenn ich
neugierig ſey, dieſe Nacht ſehen koͤnne. Hierauf be-
fahl ich ihm, ſechs ſtarke Leute auszuſuchen, und mit
ihnen in mein Quartier zu kommen, und etliche auszu-
ſchicken, mir, wenn er ſich ſehen ließe, Nachricht zu
geben. Gegen 11 Uhr wurde mir berichtet, daß er
in der naͤchſten Straße gienge, worauf ich ſogleich den
Sergeanten mit dreyen von den ſechs Leuten abſchickte,
ihm entgegen zu gehen, und ihm befahl, ihn, wo
moͤglich, gefangen zu nehmen; mit den drey andern
folgte ich dem Geſpenſte, im Fall es umkehren ſollte.
Allein es gieng dem Sergeanten entgegen, ohne daß
es die geringſte Miene zum Umkehren oder zum Ent-
wiſchen machte. Als es ergriffen ward, warf es
zwey von den Leuten unter ſich, die es aber hielten, bis
ich zu ihnen kam; da denn der Geiſt, als ich ihm ei-
ne Piſtole auf die Bruſt ſetzte, um ſein Leben bat,
und bekannte, daß er ein Koſak von der Garniſon ſey.
Jch fuͤhrte ihn ſogleich zum Gouverneur, der ſich ſehr
ſchaͤmte, daß er ſich ſo lange hintergehen laſſen, und
ſo erzuͤrnet wurde, daß er dem Kerl mit dem Haͤngen

drohete.
Z 4
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[359/0369] der ein ſehr leichtglaͤubiger Mann war, antwortete mit einiger Hitze, daß man ſehr deutlich ſaͤhe, daß ich ein Auslaͤnder ſey, die ſelten etwas glaubten. Jch gab ihm zur Antwort, daß er das, was ich geſagt haͤtte, nicht uͤbel nehmen ſollte, weil ich den Geiſt, wenn er es erlauben wolle, daß erſte Mahl, da er ſich auf den Gaſſen wuͤrde ſehen laſſen, arretiren wolle, welches er mit einem Laͤcheln zuließ. Als ich in mein Quartier nach Hauſe kam, fragte ich einen von meinen Sergeanten, ob er etwas von dem Geiſte in der Stadt gehoͤret habe; er antwortete, daß er ihn oft geſehen habe, und glaube, daß ich ihn, wenn ich neugierig ſey, dieſe Nacht ſehen koͤnne. Hierauf be- fahl ich ihm, ſechs ſtarke Leute auszuſuchen, und mit ihnen in mein Quartier zu kommen, und etliche auszu- ſchicken, mir, wenn er ſich ſehen ließe, Nachricht zu geben. Gegen 11 Uhr wurde mir berichtet, daß er in der naͤchſten Straße gienge, worauf ich ſogleich den Sergeanten mit dreyen von den ſechs Leuten abſchickte, ihm entgegen zu gehen, und ihm befahl, ihn, wo moͤglich, gefangen zu nehmen; mit den drey andern folgte ich dem Geſpenſte, im Fall es umkehren ſollte. Allein es gieng dem Sergeanten entgegen, ohne daß es die geringſte Miene zum Umkehren oder zum Ent- wiſchen machte. Als es ergriffen ward, warf es zwey von den Leuten unter ſich, die es aber hielten, bis ich zu ihnen kam; da denn der Geiſt, als ich ihm ei- ne Piſtole auf die Bruſt ſetzte, um ſein Leben bat, und bekannte, daß er ein Koſak von der Garniſon ſey. Jch fuͤhrte ihn ſogleich zum Gouverneur, der ſich ſehr ſchaͤmte, daß er ſich ſo lange hintergehen laſſen, und ſo erzuͤrnet wurde, daß er dem Kerl mit dem Haͤngen drohete. Z 4

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/369>, abgerufen am 07.05.2024.